"New Work bedeutet vor allem Chancen, Chancen, Chancen"

Elias Resinger, Unternehmensberater und Wirtschaftsjurist, im Interview über die crucial points aus der Praxis, was rechtlich überhaupt möglich ist, warum Bürokratie Kreativität und Produktivität hemmt, und ob alle Unternehmen einen Tischfußballtisch und eine 4-Tage-Woche brauchen.

Elias Resinger ist Unternehmensberater und Wirtschaftsjurist und berät im digitalen Change. Er begleitet Kunden, die aufgrund von Remote Work (Home Office, Hybrid Work, ...) ihre Aufbau- und Ablauforganisation nachschärfen müssen und eine Veränderung in der Unternehmenskultur erleben.

LEADERSNET: Man hört den Begriff fast täglich: Was ist New Work?

Resinger: New Work ist definitiv ein gehypter Megatrend. Dennoch muss sich jeder Manager damit proaktiv auseinandersetzen, bevor der Druck aus der Organisation zu groß wird. New Work ist aber viel mehr als Home Office oder hybrides Arbeiten. New Work bedeutet vor allem Chancen, Chancen, Chancen! Mitarbeiter:innen müssen mehr Verantwortung übernehmen, weil durch die gewonnene Flexibilität gelernte tradierte Prozesse wegfallen und Mitarbeiter:innen wie wir es aus der Tech-Startup Branche kennen, direkter mit Kunden interagieren und kommunizieren können. Kurz gesagt: Mehr Verantwortung für Mitarbeiter und der Kunde rückt mehr und mehr in das Zentrum der Aufmerksamkeit.

LEADERSNET: Warum finden nun so viele Unternehmen nicht die geeigneten Mitarbeiter:innen? Brauchen alle Unternehmen einen Tischfußballtisch und eine 4-Tage Woche?

Resinger: Mitarbeiter:inenn sind vor allem durch gelernte Prozesse und zu viel Bürokratie in ihrer Kreativität und Produktivität gehemmt. Es müssen Freiräume geschaffen und die individuelle Flexibilität gefördert werden. Und zum angesprochenen Mangel geeigneter Arbeitskräfte. Hier liegt der Hund schon oft in der Jobausschreibung begraben…

LEADERSNET: Worauf können Recruiter hier achten?

Resinger: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Motivationsschreiben relativ selten gelesen werden. Dieses Format sollte überdacht und bspw. durch 30-60 sekündige Bewerbungsvideos, in denen eine konkrete Frage beantwortet werden soll, ersetzt werden. Auch der klassische CV hat in vielen Fällen ausgedient. Es gibt mittlerweile viele Jobs, wo sich ein Match durch einen tabellarischen CV gar nicht ausgehen kann. Oder sind Ihnen viele Personen bekannt, die etwas mit Blockchain studiert haben und jahrelange einschlägige Berufserfahrung vorweisen können?

Auch Lücken in CVs werden noch immer zu kritisch gesehen, könnten aber geradezu das entscheidende PRO-Argument für eine Einstellung bedeuten. Vielleicht hat der Kandidat ja ein Jahr "blau gemacht" und sich intensiv per Autodiktat mit der Blockchain beschäftigt?

LEADERSNET: Heißt New Work eigentlich, ich kann arbeiten von wo und wann ich möchte?

Resinger: Auch hier gilt es natürlich zu differenzieren. Flexibilität und der Kunde, der immer mehr ins Zentrum der Kommunikation und Aufmerksamkeit rückt, sind natürlich das A&O, aber nicht für jeden Berufszweig (man denke beispielsweise an Produktion) immer möglich. Hier gilt es gemeinsam mit den Unternehmen Modelle zu erarbeiten, die so individuell wie möglich und dennoch standardisiert und rechtlich abbildbar wie nötig sind. Auch das Arbeits- und Steuerrecht ist hier zu berücksichtigen, wenn Mitarbeiter:innen beispielsweise einige Wochen im Jahr remote aus dem nicht EU-Ausland arbeiten möchten.

LEADERSNET: Stimmt es, dass Manager:innen sich beim Führen von Teams, die remote arbeiten, schwerer tun?

Resinger: Zu diesem Thema gibt es bereits einige interessante Studien. Zusammengefasst arbeiten Teams, die remote arbeiten, in der Regel mindestens ebenso produktiv wie Teams, die zusammen im Office sitzen. Allerdings sind gerade Top-Manager noch immer Mitten im Change, wenn es darum geht, Vertrauen in die remote arbeitenden Teams aufzubauen. Das ist auch eine unserer größten Herausforderungen in unseren Change Projekten.

LEADERSNET: Welchen Tipp haben Sie für Leader, die tagtäglich von Mitarbeiter:innen, die sich mehr Flexibilität wünschen,  mit dieser Forderung konfrontiert werden?

Resinger: Das Steuerhorn selbst in die Hand nehmen und in diesem unaufhaltbaren Change, Pilot bleiben und nicht selbst zum Passagier werden.

LEADERSNET: Wie begegnen Sie bei Rethinker diesen Herausforderungen?

Resinger: Wir kommen zwar aus der Management- und Strategieberatung, haben aber einen sehr human-centered und agilen Ansatz wie wir Kund:inenn  im digitalen Change begleiten. Der Mensch, der zufriedene Mitarbeiter, steht bei uns im Fokus. Denn zufriedenere Mitarbeiter bedeuten letztendlich zufriedenere Kunden. (jw)

www.rethinker.at

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