"Unsere Unternehmens-DNA, jetzt spüre ich sie richtig"

ISS Österreich-CEO Erich Steinreiber erläutert im Gespräch mit Leitbetriebe Austria-Chefin Monica Rintersbacher, wie sein Unternehmen durch Kommunikation und Commitment gemeinsam mit den Mitarbeitern durch die Krise kommt.

Wir befinden uns in der vierten Woche des pandemiebedingten Ausnahmezustands und der Reglementierungen, die unsere Wirtschaftstätigkeit massiv einschränken. Es scheint, die Betriebe haben sich an die Situation gewöhnt, Home Office ist für alle eingerichtet und auch dementsprechend technisch nachjustiert, zum Erhalt des Systems bleiben die tapferen Einsatzkräfte auf ihren Posten und erfahren zurecht Wertschätzung wie nie zuvor.

Kurzarbeit ist vielfach eingereicht und jene Branchen, die tätig sein können, werken fleißig. Währenddessen beginnt jeder einzelne langsam schon damit, darüber nachzudenken, wie wird es ab Tag 1 der Lockerung oder Aufhebung der Regulierungen weitergehen. Leitbetriebe Austria-Chefin Monica Rintersbacher hat sich mit ISS Österreich-CEO Erich Steinreiber darüber unterhalten, wie sein Unternehmen die Krise erlebt und was seine Erwartungen und Hoffnungen für die Zukunft sind.

Rintersbacher: Lieber Erich, wie geht es dir und ISS?

Steinreiber: Es ist ein bisschen wie in einem Auto durch einen unbeleuchteten, aber nicht allzu langen, Tunnel zu fahren. Man kommt möglicherweise mit ein paar Dellen raus, hat jedoch das Licht am Ende des Tunnels immer im Fokus!

Rintersbacher: Gefragt ist gerade Krisenmanagement, wie sieht dieses bei euch aus?

Steinreiber: Wir haben ein Krisenteam eingerichtet über das sämtliche Aktivitäten und Kommunikation erfolgen. Wir haben seit Beginn der COVID-19 Krise viele Toolbox-Meetings abgehalten, Fact-Sheets erstellt und stehen in sehr engem Kontakt mit unseren operativen Mitarbeitern bzw. unseren Kunden, um die Themen Gesundheit, Sicherheit und Prävention gut abzudecken. Ich persönlich kommuniziere via YouTube mindestens alle zehn Tage mit unserer Organisation zu aktuellen Themen, um auch sehr transparent die jeweils aktuelle Situation darzustellen.

Rintersbacher: Eure Mitarbeiter haben viel Kundenkontakt – sind darunter Personen direkt von Corona betroffen?

Steinreiber: Ja, wir haben derzeit 30 Mitarbeiter in Quarantäne und eine Person ist infiziert.

Rintersbacher: Wie haben sich die Regelungen auf euer Geschäftsfeld ausgewirkt?

Steinreiber: Hier beobachten wir zwei Phänomene: Ein Teil unseres Geschäfts ist eingebrochen, in anderen wie zum Beispiel im Gesundheitswesen steigt die Nachfrage an zusätzlichen Serviceleistungen und qualifizierten Arbeitskräften.

Rintersbacher: Ihr seid als ISS international aufgestellt. Wie ist hier die Situation?

Steinreiber: Die globale Supply Chain funktioniert für uns sehr gut – und davon profitieren auch unsere Kunden. Wir unterstützen unsere Kunden auch durch die Bereitstellung von Desinfektionsmittel bzw. Schutzmasken. Wir fühlen uns als Unternehmen für unsere Mitarbeiter und Kunden verantwortlich und wir versuchen daher, einen größtmöglichen Beitrag zu beider Schutz zu leisten. Es ist eine besondere Herausforderung in allen Dienstleistungen, aber wir wollen gerade jetzt in der Krisenzeit für unsere Partner da sein. Ich habe die Hoffnung, dass es auch auf Kundenseite eine Sensibilität gibt und wir auf langfristige Kundenbeziehungen und Treue setzen können.

Rintersbacher: Wie sieht es aktuell mit Verbindlichkeit der Kunden aus?

Steinreiber: Das ist ganz unterschiedlich, es hängt vom einzelnen Unternehmen ab. Mit öffentlichen Kunden haben wir Rahmenverträge – und wir erfüllen unsere Dienstleistungen weiter und nutzen diese Zeit auch für Spezialreinigungen. Andere Geschäftsfelder sind von heute auf morgen einfach weggebrochen: Bei Austrian Airlines und bei Do&Co sind sämtliche Aufträge und somit auch sämtliche Leistungen total weggefallen – Magna hat die Produktion kurzfristig stillgelegt und auch OMV und Voest haben größere Betriebs- und Produktionssperren, was sich letztendlich wiederrum auf unsere Dienstleistungen erheblich auswirkt.

Rintersbacher: Wie sorgt ihr für Liquidität?

Steinreiber: Im März ist es noch gut gelaufen, das war quasi ein normaler Monat. Wir werden sehen, wie es nun mit den Unternehmen weitergeht, die geschlossen haben. Unsere Kunden sind zahlungstreu, das Verständnis ihrerseits ist da, und gleichzeitig behandeln auch wir unsere Lieferanten entsprechend. Im Zweifelsfall heißt es: Wer zuerst kommt, der wird zuerst behandelt und gleichzeitig wird nach Relevanz selektiert. Die Liquidität aufrechtzuerhalten ist jedenfalls ein heißes Thema.

Rintersbacher: Was bedeutet das für eure Mitarbeiter?

Steinreiber: Für unsere Shared Service Mitarbeiter haben wir seit Anfang März die Home Office-Möglichkeit geschaffen und für unsere gewerblichen Mitarbeiter nutzen wir ab April das attraktive Kurzarbeits-Modell der Bundesregierung, um uns auch auf die Monate Mai und Juni bestmöglich vorzubereiten. Auch viele unserer Kunden können heute nicht sagen ab wann und wie sich ihr Geschäft weiterentwickeln wird.

Rintersbacher: Was wird ISS aus dieser Krise für seine Zukunft lernen?

Steinreiber: Was wir auf jeden Fall jetzt schon gelernt haben, ist die Scheu davor abzulegen, neue Medien in der beruflichen Kommunikation einzusetzen. Unsere Videokonferenzen via Skype funktionieren super. Da wird sich also sicher einiges im Unternehmen ändern, auch für die Zeit nach dieser Krise. Die Umsetzung unserer Strategie, sich selektiv auf ausgewählte Kundensegmente zu fokussieren, war absolut richtig: Gerade in dieser herausfordernden Situation können wir uns stärker auf unsere Kunden, Mitarbeiter und unsere Servicekompetenz konzentrieren und somit auch für alle einen Mehrwert schaffen.

Rintersbacher: Wie werden unsere derzeitigen Erfahrungen das Wirtschaftsleben langfristig beeinflussen?

Steinreiber: Ich gehe davon aus, dass Standardverträge zwischen Unternehmen anders gestaltet werden und mögliche Risiken durch Krisen einen höheren Stellenwert bekommen. Es wird wichtig sein solche unvorhersehbaren Krisen partnerschaftlich zu bewerten und Lösungen auszuarbeiten.

Rintersbacher: Was sollte die Gesellschaft aus der derzeitigen Krise lernen?

Steinreiber: Ich glaube, dass zukünftige Geschäftsmodelle in speziellen Segmenten, wie etwa der Industrie, neu überdacht werden, da einige Unternehmen in eine Krise geschlittert sind, weil auch ihre Zulieferkette unterbrochen wurde: Globalisierung ja, aber nicht um jeden Preis! Weiters hoffe ich, dass die Wertschätzung unserer Dienstleistungen und unserer Mitarbeiter speziell nach dieser Krise auch hochgehalten wird, da wir gerade in dieser schwierigen Zeit gezeigt haben, dass unsere Services unverzichtbar und systemrelevant für das "Unternehmen Österreich" sind.

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