LEADERSNET: US-Präsident Donald Trump wünscht sich einen schwachen US-Dollar. Warum?
Holzer: Ein schwacher Dollar hat vielfältige Auswirkungen auf sämtliche Assetklassen: Denn unabhängig vom Anti-Globalisierungskurs unter Donald Trump ist der "Greenback" (US-Dollar – Anm. d. Red.) immer noch das Schwungrad der Weltwirtschaft. Da alle Rohstoffe in US-Dollar gehandelt werden, wirkt ein schwächerer Greenback grundsätzlich preisunterstützend für Rohstoffe. Insbesondere dann, wenn die Nachfrage industriell getrieben ist. Bei Öl ist dies beispielsweise der Fall. Anleger aus anderen Währungsräumen können sich somit vergleichsweise günstiger am Markt positionieren, daher stärkt ein schwacher Dollar den Preis für Rohöl. Für den Ölpreis ist die Schwäche des Greenback also eine gute Nachricht. Doch rund drei Jahre nach seinem Wahlsieg im November 2016 notiert die US-Währung fast auf dem gleichen Niveau wie damals. Und das, obwohl Donald Trump die US-Notenbank Federal Reserve und ihren Präsidenten Jerome Powell ebenso wie dessen Vorgängerin Janet Yellen mit harscher Kritik überzog und immer wieder nach Leitzinssenkungen rief.
LEADERSNET: Aber die US-Notenbank hat sich davon nicht beeindrucken lassen …
Holzer: Nein, denn sie betont ihre Unabhängigkeit. So ist es dem US-Präsidenten, der die US-Leitzinsen am liebsten bei null Prozent oder im negativen Bereich sehen würde, nicht gelungen, die Fed auf einen ultralockeren Kurs zu bringen. Doch es gibt einige Punkte, die für einen Kursrückgang des Dollars gegenüber dem Euro sprechen: Dazu zählt die größere Inflationstoleranz der US-Notenbank, die offenbar über ein kurzzeitiges Überschießen der Teuerungsrate hinwegzusehen bereit ist. Auch die Positionierung an den Kapitalmärkten und das steigende Haushaltsdefizit sprechen für eine anhaltende Dollarschwäche. Die Spezialisten von Union Investment gehen deshalb davon aus, dass der US-Dollar bis Ende kommenden Jahres von aktuell 1,10 auf 1,18 US-Dollar pro Euro nachgibt.
Reinke: Bei Aktien ist die Situation indes zwiegespalten. Für den US-amerikanischen Unternehmenssektor ist der schwächelnde Dollar zunächst mal interessant. Eine schwache Heimatwährung hilft vor allem den Adressen, die ihr Geld in weiten Teilen außerhalb der USA erwirtschaften. Sie bekommen durch die Abwertung einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Anbietern mit einer vergleichsweise stärkeren Währung. Dadurch bauen die US-Konzerne ihre Marktstellung aus und drängen unliebsame Konkurrenz zurück. Das ist auch der zentrale Grund für Präsident Trumps großes Interesse an einem schwachen Dollar.
LEADERSNET: Was bedeutet diese Entwicklung an den Kapitalmärkten für die Anleger?
Reinke: Die niedrigen Zinsen sind auf unabsehbare Zeit zementiert. Das achte Weltwunder, der Zinseszins, existiert nicht mehr. Anleger können deshalb fast nur noch mit Sachwerten wie Immobilien und Aktien gewinnen.
LEADERSNET: Welche Anlageformen sind aktuell beliebt?
Reinke: Anleger fragen derzeit nach offenen Immobilienfonds, Aktien- und Mischfonds. Der Schlüssel einer sinnvollen Veranlagung ist eine ausgewogene Vermögensstruktur. Der Zeitpunkt des Markteinstiegs ist dabei eher nebensächlich und wird oft überschätzt. Die risikolose Rendite gibt es nicht mehr, wohl aber die Rendite mit planbarem Risiko. Wir stehen erst am Anfang des Trends zur nachhaltigen Geldanlage – Privatanleger folgen instituionellen Anlegern.
LEADERSNET: Welche Auswirkungen hat die Dollarschwäche auf andere Assetklassen?
Holzer: Gold wird stark von der Investmentnachfrage und den Realzinsen beeinflusst. Die deutlichen Preissteigerungen in den vergangenen Monaten reflektieren das. Gut möglich, dass dieser Trend bereits sein Ende gefunden hat, weil die Investmentnachfrage zunächst gedeckt zu sein scheint. Für Anleihen aus den Emerging Markets rechnen wir in den nächsten zwölf Monaten per saldo ebenfalls mit günstigen Aussichten. Der Währungseffekt für internationale Anleger lässt nach, damit gewinnen die nach wie vor hohen laufenden Renditen im Lokalwährungsbereich an Bedeutung. Hier hilft auch, dass es im Handelskonflikt zwischen den USA und China zuletzt zumindest punktuelle Annäherungen gegeben hatte. Unter dem Strich sehen wir ein Ertragspotenzial von gut acht Prozent bis zum Jahresende 2020 bei Lokalwährungsanleihen der Schwellenländer. Vorsicht ist aber bei der Titelauswahl geboten. Die Nachrichten aus Chile und Argentinien haben zuletzt vor Augen geführt, dass eine sorgfältige Analyse der politischen Risiken ebenso wichtig ist wie die Untersuchung der Schuldentragfähigkeit.
LEADERSNET: Für die Österreicherinnen und Österreicher ist beim Thema Sparen das klassische Sparbuch immer noch die Nummer eins. Wird das auch weiterhin so bleiben oder findet ein Umdenken statt?
Reinke: Ja, wir bemerken ein langsames Umdenken bei den Kunden, das spiegelt sich auch in den Zahlen wider. Beispielsweise wurde das Sparplangeschäft in Österreich enorm ausgebaut. Konkret sehen wir ein Wachstum von 20 Prozent. Fonds sind die zeitgemäße Form Geld anzulegen, denn mit zinsorientierten Anlagen verlieren die Kunden derzeit Geld. Es gibt zwar nicht den Fonds für jeden, aber es gibt für alle einen passenden Fonds.
www.union-investment.de
Über Hans Joachim Reinke
Hans Joachim Reinke steht seit 1. Juli 2010 als Vorstandsvorsitzender an der Spitze der gesamten Union Investment Gruppe.
Bereits im Januar 2004 wurde er Mitglied des Vorstands der Union Asset Management Holding AG und verantwortet seitdem insbesondere das Privatkundengeschäft von Union Investment. Im August 2001 erfolgte die Ernennung zum Geschäftsführer der Union Investment Privatfonds GmbH. Im Jahr 2000 übernahm er die Leitung des Gesamtvertriebs, nachdem er vier Jahre zuvor zum Vertriebsdirektor berufen wurde.
Reinke kam 1991 zur Union Investment Gruppe, wo er zunächst als Vertriebsberater und dann als Bezirksdirektor Vertrieb tätig war. Seine berufliche Laufbahn startete er 1987 bei der Volksbank Wachtberg. Dort leitete er ab 1990 die Vermögensberatung und später den gesamten Bereich Passivgeschäft. Reinke absolvierte eine Ausbildung zum Bankkaufmann. Er ist diplomierter Bankbetriebswirt ADG.
Über Max Holzer
Max Holzer leitet im Portfoliomanagement von Union Investment die Abteilung Relative Return des Bereiches Multi Asset. Zudem ist er Mitglied des „Union Investment Committee" (UIC).
Das UIC formuliert auf monatlicher Basis die Kapitalmarktstrategie von Union Investment und setzt damit die Leitplanken für die taktische Steuerung der Fonds durch die einzelnen Portfoliomanager.
Zusätzlich verantwortet er in seiner Funktion als Geschäftsführer von VisualVest die Investmentstrategie des Robo Advisors.