Fotos der Pressekonferenz
Österreichs Personaldienstleister blickten in die Zukunft der Zeitarbeitsbranche

Die unabhängige Interessenvertretung der österreichischen Zeitarbeitsunternehmen lud ins Café Landtmann zur Pressekonferenz, in deren Rahmen über das Jahr 2024, künftige Herausforderungen und den heurigen Zeitarbeit Benchmarking Report gesprochen wurde.

Das Jahr 2024 brachte einige Hürden und Probleme für Österreichs Personaldienstleister. Und auch für 2025 ist der Ausblick eher trübe, wie kürzlich im Rahmen der Pressekonferenz der unabhängigen Interessenvertretung bekannt gegeben wurde. So habe die Zeitarbeitsbranche zwar immer das "Ohr an der Wirtschaft" und sehe laut Martin Zieger, dem Präsident von Österreichs Personaldienstleister, immer drei Monate früher als andere Branchen, wie sich die Wirtschaft entwickelt, dennoch sei sie nicht vor negativen Entwicklungen gefreit. 

Probleme der Branche

Die Branche spüre eine sinkende Wirtschaftsleistung in Österreich. "Im ersten Halbjahr 2024 wurden durchschnittlich 76.921 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an die Wirtschaft überlassen. Im Jahr 2023 waren es noch 88.608 Menschen. Das bedeutet einen Rückgang von über 15 Prozent zum Vorjahr. Wir erwarten für das Jahr 2024 einen Branchenumsatz von circa 3,1 Milliarden Euro", so Zieger. Hierzulande rekrutieren Zeitarbeitsunternehmen 51 Prozent ihrer Mitarbeiter:innen aus der Erwerbslosigkeit. Laut Zieger zeige sich, dass die Zeitarbeit ein Sprungbrett in die Stammbelegschaft sei. "2024 sind knapp 18 Prozent der überlassenen Arbeitskräfte nach der Zeitarbeit zu einer Fixanstellung in einem Unternehmen gekommen. Man sieht, dass die Zeitarbeitsbranche ein massiver Dienstleister für die österreichische Wirtschaft ist", betont der Präsident von Österreichs Personaldienstleister. 

Wichtig für die Branche sei allerdings, dass sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen rasch ändern. "Meine Hoffnung ist, dass eine neue Bundesregierung endlich den Sozial- und Weiterbildungsfonds (SWF) reformiert. Dieser wird ausschließlich von den Zeitarbeitsunternehmen mit bis zu elf Millionen Euro finanziert und macht in der Abwicklung massive Probleme. Wir merken auch, dass viele Schulungsunternehmen nicht mehr mit dem SWF zusammenarbeiten wollen. Das kann nicht im Sinne des Erfinders sein", meint Zieger. Der Interessenvertretung wäre es also wichtig, dass die direkt bezahlten Schulungen von den Beiträgen des SWF abgezeogen werden könnten. "Durch den Abzug unserer direkt bezahlten Schulungen entsteht eine Win-win-Situation, da der SWF dadurch entlastet wird. Das bedeutet, es gibt weiterhin Förderungen, diese werden schneller ausbezahlt und die Schulungsunternehmen bekommen das Geld sofort. Darüber hinaus fänden wir es nur fair, wenn die Arbeitgeber den Vorsitz im SWF bekommen, zumal dieser zur Gänze von den diesen finanziert wird", heißt es weiter.

Auch die Aufwandsentschädigungen bei der Übernahme der Zeitarbeiter:innen seien ein weiterer Punkt. So brauche es nach Zieger eine Rechtssicherheit im Kontext der Übernahme von Zeitarbeitnehmer:innen durch die Kund:innen. Obendrein fordert die Branche eine Gleichstellung der Arbeitskräfteüberlasser bei der Erteilung von Arbeitsbewilligungen für Ausländer:innen. "Es macht für uns überhaupt keinen Sinn, dass wir gerade bei der Arbeitsbewilligung für Ausländer:innen benachteiligt sind. Wir sind Dienstleister und wollen nur der Wirtschaft die dringend benötigten Arbeitskräfte zur Verfügung stellen", so Zieger. Und auch der Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen wird gefordert: "Aktuell sind wir die einzige Branche in Österreich, der diese Möglichkeit verwehrt bleibt. Das ist eine erhebliche Benachteiligung gegenüber anderen Teilen der Wirtschaft."

Ausblick auf das Jahr 2025

Auch 2025 wird wieder ein herausforderndes Jahr für die Branche. So wird sie, wie alle anderen in Österreich auch, von der wirtschaftlichen Lage betroffen sein. Für nächstes Jahr wird ein Wachstum des BIP um einen Prozent prognostiziert. "Wir sehen derzeit noch keine Erholung bei den Unternehmen in Österreich. Wir gehen davon aus, dass wir im nächsten Jahr durchschnittlich knapp über 75.000 Personen beschäftigen und etwas über drei Milliarden Umsatz erzielen werden. Eine wirtschaftliche Erholung erwarten wir, nach heutigem Wissensstand, erst wieder für das Jahr 2026", meint Zieger abschließend. 

Zeitarbeit Benchmarking Report 2024: Eine Zusammenfassung

Der Report soll eine umfassende Analyse der aktuellen Entwicklungen, Herausforderungen und Prognosen für die Zeitarbeitsbranche und den Arbeitsmarkt in Österreich liefern. Unter dem Punkt "Trends in der Zeitarbeit" wurde die allgemeine Entwicklung analysiert, demnach ein Rückgang der Zeitarbeit abzulesen ist. Die Anzahl der überlassenen Arbeitskräfte ist im ersten Halbjahr 2024 auf durchschnittlich 76.921 gesunken, was einen Rückgang von über 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und gleichzeitig den zweitniedrigste Stand seit zehn Jahren darstellt. Auch gibt es regionale Unterschiede, auch wenn alle Bundesländer Rückgänge verzeichnen. Besonders betroffen sind allerdings Oberösterreich (-17,5 Prozent), Niederösterreich (-20,2 Prozent) und Kärnten (-2 Prozent). Wien bleibt mit einem Bestand von 15.314 überlassenen Arbeitskräften das wichtigste Bundesland für Zeitarbeit. Ein weiterer Punkt ist der Umsatzeinbruch, denn der Branchenumsatz ist ebenfalls stark rückläufig, was wiederum die wirtschaftliche Belastung der Zeitarbeitsunternehmen verstärkt. Ein weiterer Aspekt sind die Branchenperspektiven. So bleibe trotz Krise Zeitarbeit in vielen Branchen essenziell – insbesondere in der Produktion, Logistik und im Baugewerbe. Und auch der Fachkräftemangel bleibe ein zentrales Problem, da geeignete Arbeitskräfte selbst bei hoher Erwerbslosigkeit nur schwer zu finden sind. 

Laut der Arbeitsmarktanalyse, die die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen beinhaltet, spielt die Rezession eine Rolle. Seit 2023 befindet sich die österreichische Wirtschaft in einer zweijährigen Konjunkturflaute mit einem Rückgang des BIP um jeweils 0,7 Prozent. Ein leichter Aufschwung wird erst für 2025 prognostiziert. Mit Blick auf die Arbeitslosigkeit zeigt der Report, dass im Jahr 2024 die Zahlen der Erwerbslosen auf nahezu 300.000 ansteigen, während die Zahl der offenen Stellen um 28 Prozent im Vergleich zu 2022 schrumpft. Und auch hier ist der Fachkräftemangel wieder Thema. Denn viele Unternehmen kämpfen trotz der hohen Arbeitslosigkeit mit Besetzungsproblemen. Die Diskrepanz zwischen Anforderungen und vorhandenen Qualifikationen verschärft zudem die Lage. Bei der Analyse der Abmeldegründe von Dienstverhältnissen zeigte sich zudem, dass sich die Zahl der Kündigungen durch Dienstgeber:innen seit 2019 fast halbiert hat. Einvernehmliche Lösungen sind der Hauptgrund für die Beendigung der Arbeitsverhältnisse (40,91 Prozent). Außerdem werde im Vergleich zu anderen Branchen in der Zeitarbeit weniger Dienstverträge durch Arbeitnehmer:innen aufgehoben.

Beiträge zur Volkswirtschaft wurden unter dem Punkt Karriereanalyse in der Zeitarbeit untersucht. So ergab sich, dass die Zeitarbeit als wichtiger Integrationsmotor dient. 51,05 Prozent der überlassenen Arbeitskräfte kommen aus der Erwerbslosigkeit. Nach der Zeitarbeit verbleiben nur noch 37 Prozent ohne Job, was auf eine hohe Vermittlungsleistung hinweisen würde. Bei der demografischen Verteilung wiederum zeigte sich, dass 55,15 Prozent der Zeitarbeitskräfte zwischen 25 und 45 Jahre alt sind und 74,34 Prozent Männer. Überdies sind 55,39 Prozent der Zeitarbeitskräfte Ausländer:innen. Unter dem Punkt "Wege in und aus der Zeitarbeit" wurde zudem der Zugang und die Karrierewege beleuchtet. Neben Arbeitslosen (51,05 Prozent) kommen auch viele überlassene Arbeitskräfte aus der Gruppe "Out of Labour Force" (37,83 Prozent).Darüber hinaus wechseln 17,97 Prozent der Zeitarbeiter:innen nach ihrer Tätigkeit in eine Fixanstellung. Nur 4,41 Prozent bleiben in der Zeitarbeit bei anderen Anbieter:innen und 1,09 Prozent werden sogar selbstständig. 

Schließlich zeigt der Report auch Herausforderungen und stellt Prognosen auf. Hier spricht Österreichs Personaldienstleister von einem "verhaltenen Optimismus", denn trotz der erwarteten BIP-Steigerung von einem Prozent bleibe die Lage für Zeitarbeit angespannt. Eine Stabilisierung oder geringes Wachstum werden erwartet. Ebenso wird auf ein Branchenparadoxon hingewiesen: trotz hoher Beschäftigungslosigkeit bleiben in vielen Bereichen die Stellen unbesetzt, was die Problematik des Fachkräftemangels weiter verstärkt. Als Herausforderungen werden schließlich drei Punkte ins Feld geführt: zum einen die Anpassung an wirtschaftliche Rahmenbedingungen und Bedürfnisse der Kund:innen, dann die Weiterentwicklung der Rekrutierungsstrategien, um geeignete Arbeitskräfte trotz widriger Umstände zu finden und zum anderen die Verbesserung der Kommunikation zwischen Arbeitgeber:innen und potenziellen Arbeitnehmer:innen, um Qualifikationsmismatches zu reduzieren. 

Zusammenfassend zeigt der Bericht, dass die Zeitarbeitsbranche ein essenzieller Bestandteil des Arbeitsmarktes bleibt, obwohl sie aktuell stark von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen beeinflusst wird. Die Herausforderungen im nächsten Jahr seien groß, doch die Bedeutung der Zeitarbeit für die Integration und Flexibilität des Arbeitsmarktes bleibe umstritten.

LEADERSNET war bei der Pressekonferenz dabei und hat für Sie Eindrücke in der Galerie zusammengestellt.

www.pr-ag.at

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