Der von der Industriellenvereinigung (IV) organisierte Salzburg Summit fand heuer vom 24. bis 26. Juli 2024 bereits zum fünften Mal statt. Unter dem Motto "Unlocking Europe's Potential" diskutierten Expert:innen aus der internationalen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik darüber, wie Europa in Zeiten des Umbruchs seine Potenziale ausschöpfen kann.
Dabei erwies sich der internationale Wirtschaftsgipfel einmal mehr als adäquate Plattform für den Austausch über die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Europa. Im Mittelpunkt der Diskussionen standen technologische, wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Aspekte sowie die geopolitische Dimension. Eröffnet wurde der Summit von IV-Präsident Georg Knill, Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer und der Präsidentin der Salzburger Festspiele Kristina Hammer.
"Europa hat das Potenzial, durch offene und ehrliche Diskussionen die besten Lösungen für die komplexen Herausforderungen unserer Zeit zu finden. Dazu müssen wir jedoch bereit sein, unterschiedliche Meinungen anzuhören, konstruktive Kritik zu üben und Toleranz zu leben", sagte Georg Knill.
Hochkarätige Redner:innen
Zu den Top-Redner:innen zählten heuer u.a. EU-Kommissar Johannes Hahn, Nadia Calviño, Präsidentin der Europäischen Investitionsbank, Enrico Letta, Präsident des Jacques Delors Instituts, Bundesministerin für EU und Verfassung Karoline Edtstadler, Martin Kocher, Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, sowie Finanzminister Magnus Brunner. Als weitere hochkarätige Speaker:innen fungierten u.a. Aija Kalnaja, Deputy Executive Director for Capabilities bei Frontex, BusinessEurope-Generaldirektor Markus Beyrer, der kroatische Außenminister Gordan Grlić Radman, Robert Brieger, ständiger Vorsitzender des Militärausschusses der Europäischen Union (EUMC) und der Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation ESA Josef Aschbacher.
Johannes Hahn stellte in seiner Keynote die Frage nach den vorhandenen Potenzialen für Europa: "Europa performt nicht so schlecht, aber die anderen holen schnell auf. Es geht um die Frage: Wie können wir ein globaler Player bleiben und nicht nur ein globaler Payer sein?" Eine Möglichkeit zur Nutzung der europäischen Potenziale führte Enrico Letta aus und warnte in seiner Keynote davor, dass sich Europa auf seiner glorreichen Vergangenheit ausruhe. Österreich hingegen erkenne jedoch als kleines Land die Wichtigkeit des europäischen Binnenmarkts, während größere Länder dies oft übersehen.
Spannungen zu China
Ein wichtiges Thema war u.a. die wirtschaftliche Beziehung zwischen Europa und China. Zuletzt wurden ja u.a. von der EU-Kommission Strafzölle gegen im Reich der Mitte produzierte Elektroautos verhängt. Laut Martin Kocher will Österreich - genau wie Deutschland - weiter über die Verlängerung der Ausgleichszölle auf die betroffenen Fahrzeuge verhandeln. Die Verhandlungen würden sich jedoch als schwierig erweisen, weil China einer der wichtigsten Handelspartner sei. Es gehe um einen fairen Welthandel, gleichzeitig müsse aber ein Handelskonflikt bzw. Handelskrieg vermieden werden, so Martin Kocher.
Josef Aschbacher zufolge gibt es auch wirtschaftliche Spannungen innerhalb der ESA. Hier würde man zwischen China und den USA stehen. Beim Austausch von wissenschaftlichen Daten funktioniere die Zusammenarbeit mit China zwar gut, aber bei Satellitenbauteilen verwende man keine Hardware mehr aus dem Reich der Mitte, so der ESA-Generaldirektor. Zuletzt gab es - angeführt von den USA - immer wieder Sanktionen gegen chinesische Mobilfunkausstatter wie Huawei, wenn es um den Ausbau des 5G-Standards ging. Auch in Deutschland will man hier künftig chinesische Unternehmen ausschließen. Als Grund werden mögliche Spionagetätigkeiten angeführt, die von Chinas Regierung und den betroffenen Firmen stets zurückgewiesen werden.
Keynote von Boris Johnson
Ein Gastredner sorgte für besonders viel Aufmerksamkeit. Der ehemalige britische Premierminister "The Right Honourable" Boris Johnson hielt eine Keynote. Johnson war bis zu seinem Rücktritt im Juli 2022 Premierminister des Vereinigten Königreichs und Vorsitzender der Konservativen Partei, davor Außenminister und Bürgermeister von London. Während seiner Amtszeit hat er ziemlich polarisiert und mit einigen Skandalen (Stichwort: Corona-Partys) aufgewartet. Derzeit ist Johnson Mitglied der internationalen Taskforce für Sicherheit und euro-atlantische Integration der Ukraine. Sein Auftritt hat im Vorfeld der Konferenz für Diskussionen gesorgt. Die Industriellenvereinigung als pro-europäische Organisation ist der Meinung, dass es notwendig sei, allen Seiten und Perspektiven Raum zu geben und offen zu diskutieren. Das wurde auch von IV-Generalsekretär Christoph Neumayer untermauert.
Boris Johnson sprach unter anderem über die Entscheidung Großbritanniens, die EU zu verlassen: "Großbritannien ist und bleibt ein aktiver Teil Europas durch die NATO und andere gemeinsame außenpolitische Aktivitäten, aber nicht als Teil der EU." Er betonte auch die Notwendigkeit einer offenen Gesellschaft, als Symbol für die Stärke der liberalen Demokratien. Diese Werte gelte es zu verteidigen, gerade vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine: "Die Freiheit der Ukraine und der Kampf für eine offene Gesellschaft sind Symbole für die Stärke liberaler Demokratien. Wir müssen davon überzeugt sein, dass offene Gesellschaften siegen werden. Demokratie und Freiheit sind nicht nur Ideale, sondern unverzichtbare Pfeiler, die verteidigt werden müssen", so der Ex-Premierminister.
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