Übergewinnsteuer: Robin-Hood-Narrativ als Hemmschuh für Investitionen oder ein Tabubruch bleibt ein Tabubruch

Gastkommentar von Ralf-Wolfgang Lothert, Mitglied der Geschäftsleitung und Director Corporate Affairs & Communication von JTI Austria.

Der Beifall und die Jubelschreie blieben aus und von allen Seiten hagelt es Kritik – auch von den Befürwortern, denen die Maßnahme der Bundesregierung viel zu kurz gegriffen ist. Während die einen von Nachbesserungsbedarf sprechen, bringen es die anderen mit einer kurzen, aber prägnanten Bilanz auf den Punkt: populistisch und völlig verzichtbar.

Die Übergewinnsteuer – alleine als Begriff ein aussichtsreicher Kandidat für die Wahl zum Unwort des Jahres – lässt Österreich auf den ersten Blick als sozial, als fair und als jenes Land erscheinen, das sich gegen böse milliardenschwere Unternehmen erfolgreich zur Wehr setzt. Ein Land, das sich für eine gerechte Verteilung stark macht und jene unterstützt, die es aufgrund der Krise hart gebeutelt hat. Die Robin-Hood-Story ist zugegebenermaßen ein wunderbares Narrativ.

Aber wir wissen, was es mit Narrativen grundsätzlich so auf sich hat: Sie sind Geschichten, in den meisten Fällen sehr schön und sehr plausibel erzählt, aber das ist dann meist schon alles. Die Übergewinnsteuer wird nicht den erwünschten Erfolg bringen, das Gegenteil wird der Fall sein. Denn wer an der Oberfläche des Robin-Hood-Narrativs kratzt, wird zu dem Ergebnis kommen: Es ist durchaus ein gutes PR-Instrument zumindest für einen Teil der Bundesregierung, aber mehr Vorteile bringt es nicht.

Könnte Box der Pandora öffnen

Wirtschaftlich gesehen ist die Übergewinnsteuer ein Fiasko, das die Box der Pandora öffnen könnte. Denn wo zieht man in einer sozialen oder ökosozialen Marktwirtschaft die Grenzen? Welche Branchen, welche Unternehmen werden das nächste Mal beschnitten werden? Wer bestimmt zukünftig, welche Unternehmen Gewinne machen dürfen und welche nicht? Und was sind "gute" Gewinne und wer bestimmt die Höhe der "guten" Gewinne?

Die Corona-Pandemie hat das Selbstbestimmungsrecht und die Eigenverantwortung aus dem Gleichgewicht gebracht. Keine Frage, der Staat hat in der Krise, deren Ausmaß niemand vorhersehen konnte, vieles geleistet. Aber dieser Weg endet in einer Sackgasse – wie es die Übergewinnsteuer jetzt klar verdeutlicht. Der Staat hat so leider selbst mit dazu beigetragen, dass eine Hängematten- bzw. eine "der Staat wird mir auf jeden Fall helfen"-Mentalität entstanden ist. Der Staat gibt den Rahmen vor, das ist auch gut so – einen Korridor, in dem man sich theoretisch frei bewegen können sollte. Aber dieser Korridor scheint nun sehr eng geworden zu sein. Wollen wir das denn wirklich so? Und wo bitte ist die Eigenverantwortung geblieben, für die noch viele (Hundert-)Tausende in ganz Österreich in den Hochzeiten der Pandemie auf die Straße gegangen sind, weil sie meinten, der Staat dürfe ihnen keine Vorschriften machen. Aber jetzt rufen sie nach Vater Staat? Ist das denn nicht heuchlerisch? Sollte denn der Mensch bzw. die Unternehmen nicht selbst Verantwortung tragen, für alle Möglichkeiten, aber auch für alle Risiken?

Mit der – "sogenannten", wie ich sie nenne – Übergewinnsteuer schnürt der Staat die heimische Wirtschaft in ein Korsett, das vielen Unternehmen die Luft für Investitionen nehmen wird. Beispielsweise für Investitionen in grüne Energien, wichtige Maßnahmen, die für die nahe Zukunft bedeutend sind – und zwar für uns alle. Darüber hinaus ist damit ein weiterer Tabubruch gegeben, der möglichen Investoren das Vertrauen nimmt, in diesem Staat überhaupt noch zu investieren. Leider hilft auch die Argumentation "Wir sind in einer noch nie dagewesenen Situation" nicht. Diese Argumentation muss nun schon seit drei Jahren für fast alles herhalten und ein Tabubruch bleibt eben ein Tabubruch, oder wie meine Oma schon meinte "wer einmal eine Regel bricht wird dies noch öfters tun".

Rückkehr auf die richtige Spur

Die Übergewinnsteuer ist das bisher letzte, aber auch gravierendste Beispiel dafür, dass wir den falschen Ansätzen nacheifern. Wir müssen wieder auf die richtige Spur kommen, auf die Spur, die zu weniger staatlichem Eingriff, zu weniger politischer Willkür sowie zu mehr Eigenverantwortung, zu mehr Wettbewerb und damit zu klugen und sinnvollen Investitionsentscheidungen führt.

Ich weiß, Politik ist mit Unternehmenspolitik nicht immer vergleichbar. Trotzdem versuche ich es hier einmal. Moderne Unternehmen "empowern" ihre Mitarbeiter, geben ihnen Spielraum, Verantwortung für Erfolg und Misserfolg. Das sind die Kriterien für erfolgreiche Unternehmen. Der Staat sollte diesem Modell auch folgen, nur heißt es hier Eigenverantwortung. Als Unternehmen mit 238-jähriger Geschichte ist uns darüber hinaus auch klar, dass man mit rein populistischen Maßnahmen vielleicht kurzfristige Erfolge feiern kann. Nachhaltigkeit und Langlebigkeit sind mit dieser Strategie allerdings nicht möglich.

Deshalb lassen sie uns alle wieder auf die richtige Spur zurückkehren, ansonsten ist eine Kollision vorprogrammiert, die auch vor gesellschaftspolitischen Auswirkungen keinen Halt macht.

www.jti.com 


Kommentare auf LEADERSNET geben stets ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors bzw. der jeweiligen Autorin wieder, nicht die der gesamten Redaktion. Im Sinne der Pluralität versuchen wir unterschiedlichen Standpunkten Raum zu geben – nur so kann eine konstruktive Diskussion entstehen. Kommentare können einseitig, polemisch und bissig sein, sie erheben jedoch nicht den Anspruch auf Objektivität.

Entgeltliche Einschaltung

leadersnet.TV