"Schaffe, schaffe, Häusle baue" – oder: Wie die schwäbische Hausfrau uns vor der wirtschaftlichen Schieflage retten kann

Gastkommentar von Ralf-Wolfgang Lothert, Mitglied der Geschäftsleitung und Director Corporate Affairs & Communication von JTI Austria.

Kennen Sie den Begriff noch oder ist er auch aus Ihrem Wortschatz als antiquiertes Relikt ersatzlos gestrichen worden? Die Rede ist vom Sparen. Eine Wertvorstellung, die, wie es scheint, weitgehend verloren gegangen ist. Die euphorische Begeisterung inklusive Role Models für die Kleinsten wie Sumsi oder Sparefroh ist aus dem Alltag der Österreicher:innen beinahe verschwunden. Eine Entwicklung, die ich kritisch hinterfragen möchte.

Als gebürtiger Schwabe, konkret Tübinger, habe ich gelernt, nur so viel Geld auszugeben, wie man auch besitzt beziehungsweise nach Möglichkeit auch etwas zurückzulegen. Schulden haben für uns Schwaben einen sehr bitteren Beigeschmack, ein „Gschmäckle", wie man bei uns sagt. Deutsche, allen voran die Schwaben, haben den Ruf, Weltmeister im Sparen zu sein. Wir feiern die Prinzipien der "schwäbischen Hausfrau", die für uns der Inbegriff des Sparens, der Inbegriff der Sparsamkeit ist. Die Formulierung ist heikel, möglicherweise nicht mehr zeitgemäß und reformbedürftig, aber die Philosophie dahinter könnte aktueller nicht sein.

Wert des Geldes

Der Wert des Geldes und des Sparens als Tugend sollte wieder erkannt werden. Dabei stehen Sparen und Investieren in keinem Widerspruch zueinander, wenn es die finanziellen Grenzen nicht überschreitet und die Kreditzinsen nicht zum Verhängnis werden. Und genau das ist der Punkt. Die Luft wird insbesondere für jene, die auf variable Kreditzinsen gesetzt und auf jegliche Art von Sicherheit verzichtet haben, dünner.

Immer mehr Menschen stehen vor dem Problem, mit ihrem monatlichen Einkommen nicht mehr auszukommen, während die Kreditzinsen immer weiter nach oben schnellen. Und da reden wir noch gar nicht über die steigenden Energiekosten oder die Inflation, die viele Menschen vor große finanzielle Belastungen stellt und ihnen natürlich Sorgen bereitet.

Die Kredite sind meines Erachtens zu niedrig angesetzt. Rund 70 Prozent der Verbraucherkredite in Österreich betreffen Wohnungskredite. 2018 wurden nur fünf Prozent mit einem fixen Zinssatz abgeschlossen. Die Eigenkapitalquote lag unter 20 Prozent und trotzdem ging es fröhlich weiter mit dem Geldausgeben – für Urlaube oder für was auch immer. Einschränken? Sparen auf sinnvolle Art und Weise? Nein, denn dann müsste man ja auf etwas verzichten! Eine solche Herangehensweise ist mir unverständlich. Fehlt es jenen Menschen, die es mit der Fremdfinanzierung auf die Spitze treiben, an fundierter Beratung? Hat der Konsumwahn die grauen Zellen vernebelt? Ist es vielleicht Gier? Verstehen Sie mich nicht falsch, damit meine ich keine lebensnotwendigen Anschaffungen, sondern Güter, auf die man ohne jeglichen Komfortverlust hätte verzichten können. Oft könnte ein wenig Hausverstand Wunder wirken...

Schulden sind Gift

Schulden sind für Privatpersonen wie auch für den Staat Gift. In den 1980er-Jahren lagen die Kreditzinsen durchschnittlich bei 9,5 Prozent. Und trotzdem gab es einen Wirtschaftsaufschwung. Sinnvolles Sparen stand an der Tagesordnung, es wurde mit Bedacht zwischen Eigen- versus Fremdfinanzierung abgewogen und vor allem wurde nicht das monatliche Gehalt bis auf den letzten Pfennig bzw. Groschen und darüber hinaus verplant.

Das neue Gesetz, dass den Nachweis von mindestens 20 Prozent Eigenkapital beim Immobilienkauf fordert, ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Schluss für lockere Kreditvergaben, die viele in den Ruin treiben.

Wir müssen anfangen, die Prinzipien der „schwäbischen Hausfrau" oder wie auch immer wir es nennen wollen, wieder in unseren Alltag zu integrieren. Die Regierungen sollten mit gutem Beispiel vorangehen. Wie die Schweiz, wo der Staat nur soviel ausgeben darf, wie er einnimmt. Sozialleistungen müssen so gestaltet sein, dass sich arbeiten und Geld verdienen lohnt. Wir müssen lernen, dass das Geld nicht auf den Bäumen wächst oder uneingeschränkt aus dem Geldautomaten gezogen werden kann.

Auch Wirtschaftsunternehmen können nicht auf Teufel komm raus Kredite aufnehmen, sondern müssen mit Weitblick, langfristig, mit großem Bedacht und Weitblick wirtschaften, wie es bei JTI Austria über mittlerweile 238 Jahren passiert.

Lasst uns jetzt die Kurve kriegen! Wir müssen uns wieder auf den Wert des Sparens zurückbesinnen und vor allem müssen wir das Geld wieder wertschätzen. Nur, wenn die Tugend des Sparens wieder Teil unseres Lebens wird, können wir uns den wirtschaftlichen und auch ökologischen Herausforderungen endlich stellen.

www.jti.com 


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