LEADERSNET: Die FFP2-Maskenpflicht und das Konsumationsverbot ab 51 Teilnehmern fallen mit dem Stichtag. Indoor-Messen können abgehalten werden. Schlechte Neuigkeiten gibt es aber trotzdem für Fans der "Wohnen & Interieur". Erst kürzlich haben Sie die Wohnmesse abgesagt. Die Immobilienmesse (WIM) soll aber wie geplant stattfinden. Warum?
Binder-Krieglstein: Grundsätzlich sind bei der Wiener Immobilienmesse (WIM) die Stände kleiner, der Betreuungsaufwand weniger intensiv und die Vorlaufzeiten kürzer. Bei der "Wohnen & Interieur" inszenieren wir gemeinsam mit den Ausstellern Lebenswelten und das führt einerseits zu langen Vorlaufzeiten und hohen Investitionskosten. Wir mussten im Jänner entscheiden, ob wir die Messen durchführen oder nicht. Aufgrund der Unsicherheiten zum damaligen Zeitpunkt haben wir die beiden Formate abgesagt.
LEADERSNET: Könnte man nicht beide auf einen späteren Zeitpunkt im Jahr 2022 verschieben? Und wie geplant parallel dazu die Ferienmesse stattfinden lassen?
Binder-Krieglstein: Die Entscheidung beide Messen für heuer abzusagen ist uns nicht leichtgefallen. Wir haben dazu intensive Gespräche mit der Branche geführt, was letztlich aber zu der Absage führte. Lassen Sie mich ein Beispiel geben, warum wir nicht verschoben haben: Für den gesamten Outdoor-Bereich wie Garten- und Terrassengestaltung wäre ein späterer Termin ungünstig, da die Kunden dann bereits mit der Umsetzung begonnen haben. Die ursprünglichen Messe-Termine sind bewusst gewählt. Eine Verschiebung damit selten machbar. Wir werden aber an der Messe-Kombi „Ferien-Messe“ & „Wohnen & Interieur“ festhalten und das Double gemeinsam mit der WIM 2023 an den Start bringen.
LEADERSNET: Was könnten Sie in Kürze auf die Beine stellen? Haben Sie schon Konzepte in der Schublade?
Binder-Krieglstein: Wir haben immer wieder bewiesen, dass wir hochinnovative neue Konzepte präsentieren können. Durch die Pandemie sind wir noch flexibler geworden und können nun neue Konzepte mit noch weniger Vorlaufzeit umsetzen. Ein schönes Beispiel dafür ist das geplante Outdoor-Format der traditionellen "Hohe Jagd & Fischerei"-Messe, die wir für dieses Jahr absagen mussten. Da der schönste Reviergang aber im Sommer ist und der persönliche Kontakt durch nichts zu ersetzen ist, planen wir derzeit gemeinsam mit dem Magazin Hektar ein völlig neues Outdoor-Format für Ende Juni. Das wird und soll sich von einer klassischen Messe unterscheiden
LEADERSNET: Aus der "Bauen und Energie" wurde ja die "Bauen + Wohnen Wien". Wird die wie geplant im Herbst 2022 abgehalten?
Binder-Krieglstein: Aus heutiger Sicht, ja.
LEADERSNET: Das Messegeschäft brachte der Stadt Wien immer hohe Einnahmen. Mit Corona kam der Einbruch. Was wird 2022 bringen?
Binder-Krieglstein: Das Jahr 2022 birgt zwar Hoffnungsträger, bleibt aber summa summarum ein schmerzvolles für uns als Messeveranstalter. Aber was uns äußerst positiv stimmt, für 2023 sind wir bereits gut gebucht. Das zeigt einmal mehr wie groß das Interesse an Wien als Destination für Kongresse und Messen ist.
LEADERSNET: In Salzburg werden die großen Frühjahrsmessen abgesagt. Wo lagen angesichts der Öffnungsschritte die Gründe dafür?
Binder-Krieglstein: Ganz klar am zeitlichen Vorlauf für Messen. Es ist unmöglich, nicht nur für uns als Veranstalter sondern auch für unsere Kunden, eine Messe innerhalb von ein paar Wochen auf die Beine zu stellen. In Salzburg hat die Unsicherheit über die weiteren Maßnahmen dazu geführt, dass wir Anfang des Jahres alle Shows des ersten Quartals absagen mussten, um Schaden für unsere Aussteller zu vermeiden.
LEADERSNET: Liegt es an den schwammig formulierten Regelungen?
Binder-Krieglstein: Zum einen Ja, zum anderen an unserer Hauruck-Politik. In Österreich sind Verordnungen immer nur für 10 Tage gültig. Wie soll man da planen? Unsere Kunden weichen bereits in Destinationen aus, die mehr Planbarkeit bieten.
LEADERSNET: Welche Rolle spielte dabei die Verköstigungsfrage? Man denke beispielsweise an die Gast Messe…
Binder-Krieglstein: Das ist ein essentielles Element jeder Messe. In jedem Flugzeug, Kino, Einkaufszentrum wird verköstigt. Da fragt man sich schon, warum ausgerechnet Messen davon ausgenommen sein sollen?
LEADERSNET: Ist es möglich, dass bei der Vielzahl der staatlichen Regelungen gerade der Messe- und Kongressbereich übersehen wurde?
Binder-Krieglstein: Wenn dem so ist, dann mutwillig. Denn man kann uns nicht vorwerfen, dass wir nicht laut genug gerufen hätten. Ich hoffe inständig, dass hier kein langfristiger Schaden für den Standort Österreich entstanden ist.
LEADERSNET: Wie sieht es in Wien aktuell mit den Messe-Veranstaltungen aus?
Binder-Krieglstein: Das Jahr 2022 ist ein Hoffnungsjahr und unter der Voraussetzung, dass ab März alle Beschränkungen für Veranstaltungen und internationale Reisetätigkeiten fallen, sind derzeit für 2022 rund 50 Gastveranstaltungen (Messen, Kongresse, Firmenveranstaltungen und Events) gebucht.
LEADERSNET: Wie steht es eigentlich um die Staatshilfen?
Binder-Krieglstein: Wir sind ein börsennotiertes Unternehmen und haben uns daher entschlossen, keinerlei Staatshilfen in Anspruch zu nehmen, die dann eventuell im Rahmen von Dividenden an Aktionäre ausgeschüttet werden. Das empfinden wir als nicht ethisch. (jw)
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