"Wir haben gezeigt, wie Corona-Hilfe ausschauen muss: schnell und effizient"

Wirtschafts- und Finanzstadtrat Peter Hanke im Interview über seine Aufgaben als Stadtrat, die Impulse der Stadt Wien zur Bekämpfung der Coronakrise, wie die Digitalisierung "befeuert" wird und welche Zukunftsvisionen er für die Stadt hat.

Peter Hanke ist seit zweieinhalb Jahren Wiens Stadtrat für Wirtschaft und Finanzen. LEADERSNET hat den 56-Jährigen zum Interview getroffen und sich mit ihm über seine Aufgaben als Stadtrat, die Impulse der Stadt Wien zur Bekämpfung der Coronakrise, wie die Digitalisierung "befeuert" wird und welche Zukunftsvisionen er für die Stadt hat, unterhalten.

LEADERSNET: Sie sind seit Mai 2018 amtsführender Stadtrat für Finanzen, Wirtschaft, Digitalisierung und Internationales. Welche Kompetenzen haben Sie konkret und  vor welche Herausforderungen hat Sie die Corona-Pandemie in dieser Funktion gestellt?

Hanke: Mir war von Anfang an wichtig, als ich diese Funktion angenommen habe, dass wir in guten Jahren gut wirtschaften und ausgeglichen bilanzieren. Das ist uns 2019 gelungen und wir konnten unter anderem über 750 Millionen Euro an Rücklagen erwirtschaften. Damit haben wir mittlerweile über 1,8 Milliarden Euro in der Hinterhand, um eben Themen wie jetzt COVID bestmöglich zu meistern. Neben den Themen Finanzen und Wirtschaft spielen auch Digitalisierung und Internationales eine wichtige Rolle in meiner Funktion als Wirtschafts- und Finanzstadtrat. Das ist eine tolle Querschnittsmaterie. Das Thema Digitalisierung ist für mich auch deshalb so wichtig, weil ich die wirtschaftlichen Entwicklungen von morgen im Auge haben muss und da gehört die Digitalisierung natürlich dazu. Insgesamt ist es ein schönes Paket, das ich hier als Wirtschafts- und Finanzstadtrat überantwortet bekommen habe.

LEADERSNET: Die Politik muss in der Regel Rahmenbedinungen schaffen, um die Wirtschaft und die Gesellschaft in die Zukunft zu führen. Sie tragen in Ihrer Position natürlich sehr viel Verantwortung für die wirtschaftliche und die finanzielle Gebarung der Stadt. Welche Rolle spielt aber jeder einzelne Wiener für das Vorankommen der Stadt und auch für das Meistern der Coronakrise?

Hanke: Wir haben eine Wirtschaftsleistung von 100 Milliarden Euro, so viel wie Slowenien und Kroatien zusammen. Das erwirtschaftet natürlich nicht die Politik, sondern jede einzelne Wienerin und jeder einzelne Wiener. Deshalb ist es jetzt in der Krise nur selbstverständlich, dass wir hier etwas zurückgeben – sowohl der Wiener Wirtschaft als auch den Wienerinnen und Wienern selbst. Ich bin der Meinung, dass Arbeit und Wirtschaft gemeinsam gedacht gehören, weil man an beiden Enden richtige Instrumente finden muss, um den Weg aus der Krise sicherzustellen.

LEADERSNET: Wien wurde bereits in einigen Studien zur lebenswertesten Stadt der Welt erkoren. Das man diesen Status erreicht, passiert nicht von alleine. Was sind die Grundlagen dafür?

Hanke: Einerseits ist es so, dass wir hier in Wien ein Wirtschaften kennen, wie es in Österreich einmalig ist. Wir sind der Hotspot in Österreich. Andererseits sind es auch die Themen, die uns alle beschäftigen und über das bloße Wirtschaften hinausgehen: von der Kinderbetreuung, die gratis ist, über ein tolles Schulsystem und die Ganztagsschule, die wir jetzt auch beitragsfrei gestalten, bis hin zu Mobilität und Infrastruktur. Mir ist im Hinblick auf den "analogen" Bereich der Infrastruktur es sehr wichtig, dass wir bauen und Wien damit größer und schöner machen. Wien ist eine wachsende Stadt. Aber natürlich geht es auch um die digitale Infrastruktur. Ich denke, in diesem Bereich ist uns in den vergangenen Monaten sehr viel gelungen. Mit dem 5G-Ausbau wollen wir einen Wettbewerbsvorsprung zu anderen Modellregionen bekommen und wir werden damit auch Erste sein.

LEADERSNET: Magenta-CEO Andreas Bierwirth hat kürzlich gemeint, dass die Coronakrise die "Sturzgeburt für die Digitalisierung" war. Sprich, es hat einen Digitalisierungsschub gegeben, zu dem man gar nicht mehr "Nein" sagen kann. Teilen Sie diese Einschätzung und was ist Ihrer Meinung nach. Teilen Sie diese Einschätzung und was ist Ihrer Meinung nach der Vorteil dieser quasi erzwungenen Digitalisierung?

Hanke: Es ist in den letzten sechs Monaten tatsächlich unglaublich viel in diesem Bereich passiert. Die Wiener Wirtschaftsagentur hat zwei Calls aufgelegt: einmal für das Home Office und einmal für Webshops. In Summe wurden dafür über 25 Millionen Euro bereit gestellt. Das hat es uns ermöglicht, tausende Kleinunternehmen und Einzelunternehmen zu fördern. Dadurch, dass es über die Wirtschaftsagentur abgearbeitet wurde, ist das Geld auch schnellstmöglich bei den Wiener Unternehmern angekommen. Wir waren sehr, sehr großzügig. Wir haben Pakete geschnürt von jeweils bis zu 10.000 Euro, mit einer hohen Förderquote von über 75 Prozent und das Geld auch innerhalb von wenigen Wochen überwiesen. So muss Corona-Hilfe meiner Meinung nach ausschauen: schnell und effizient. Aber die Digitalisierung ist durch Corona auch weiter in den den privaten Bereich eingedrungen: angefangen beim Home Schooling, was vorher nie ein breites Thema war und wo die voranschreitende Digitalisierung sicherlich eine große Hilfe ist, bis hin zu der Generation 60+, die sich plötzlich auch mit dieser Thematik auseinandersetzen musste, um die notwendigen digitalen Tools zu beherrschen. Das war eine Beschleunigung, die wir sonst nicht in diesem Ausmaß und in dieser Geschwindigkeit gesehen hätten. Als Stadt Wien nutzen wir diesen Schwung und bauen nach und nach alle unsere Dienstleistungen in den WienBot (digitaler Assistent der Stadt Wien – Anm. d. Red.) und in die "Sag's Wien"-App ein, um auch hier ein Zeichen zu setzen. Die Verwaltung wird modern und geht neue Wege.

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Stadtrat Pete Hanke im Gespräch mit LEADERSNET-CEO Paul Leitenmüller. © LEADERSNET

LEADERSNET: Was hat es mit der Aktion "Stolz auf Wien" auf sich?

Hanke: Das ist ein Projekt, das mir ganz besonders am Herzen liegt. Es ist ein Eigenkapital-Fond, der Unternehmen unterstützt, die jetzt in der Coronakrise in Schwierigkeiten gekommen sind. Unternehmen, deren Produkte wir schätzen und die auf einmal in eine unverschuldete Schräglage gekommen sind und jetzt Eigenkapital brauchen. Es gibt jetzt viele Möglichkeiten, um Haftungen zu generieren und Zuschüsse zu bekommen – aber Eigenkapital ist nochmal was anderes. Wir sind die ersten in Österreich, die als Kommune so etwas anbieten. Die ersten Unternehmen, die mit dabei sind, wurden bereits präsentiert.

LEADERSNET: Denken Sie, dass wir durch diese Krise ein bisschen näher zusammenrücken?

Hanke: Mit Sicherheit! Ich glaube, die Solidarität in der Gesellschaft ist größer geworden. Wir haben mehr auf unsere Nachbarn gehört. Wir haben versucht in der Familie und bei Freunden zu helfen. Wir haben dort hingeschaut, wo vielleicht eine helfende Hand mehr denn je notwendig ist. Ich denke, das ist wichtig, das wir das beherzigen, um nach der Krise stärker zu sein als vor der Krise. Wir als Stadt Wien können ein Beitrag dazu leisten, indem wir den technologischen Fortschritt fördern, die Haushaltseinkommen stärken und tolle Jobs generieren. Da können wir gemeinsam mit den Wienerinnen und Wiener viel tun in den nächsten Jahren. Ich glaube auch, dass das Vertrauen gestiegen ist – und Vertrauen ist die wichtigste Währung. Deshalb bin ich überzeugt, dass wir sehr, sehr freudig in die Zukunft schauen können. Und ich kann zusichern, dass wir als Stadt Wien noch vieles unternehmen werden, um diese Entwicklung bestmöglich zu befeuern.

LEADERSNET: Welche Visionen haben sie mittel- und langfristig für die Stadt Wien?

Hanke: Wir haben die große Überschrift "Smart City Rahmenstrategie". Es ist immer wichtig, dass man eine Strategie hat und dann operativ in die Umsetzung kommt. Mir war es in den letzten Jahren wichtig, dass wir diese Überschriften genau definieren, damit man sich darunter auch etwas vorstellen kann. Wir haben eine digitale Agenda, wo wir die Fragen der Digitalisierung mit allen Zusatzthemen richtig beleuchten. Das wird unsere Arbeitsanleitung sein, um in den nächsten Jahren die Dinge auf den Punkt zu bringen, damit Wien weiterhin so lebenswert bleibt. Wien macht vieles, vieles richtig und das ist der Weg, den wir bedingungslos weitergehen.

www.wien.gv.at

 

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