LEADERSNET: 2012 haben Sie und Ihre Schwester Veganista gegründet – lange bevor der vegane Lebensstil in der breiten Gesellschaft angekommen war. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, eine komplett vegane Eismanufaktur zu eröffnen? Gab es einen bestimmten "Aha-Moment"?
Cecilia Havmöller: Eis war für mich immer der schlimmste Verzicht. Mit allem anderen konnte ich leben, aber dass ich kein Eis essen konnte, war fürchterlich. Ich wurde mit zwölf Jahren vegan, und ab dann konnte ich nur noch Sorbet essen, was ich nicht mochte. Es war immer klar, dass ich etwas im veganen Food Bereich machen werde, wenn ich Lush nicht mehr habe. Ich habe immer gewusst, dass mein Veganismus auch eines Tages mein Job sein wird. Meine Schwester lebt auch vegan und es ging ihr gleich wie mir. Ziemlich schnell haben wir beschlossen, dass wir einen veganen Eissalon eröffnen werden. Wir haben ein Geschäft in der Neustiftgasse angemietet, obwohl wir keine Gastroerfahrung hatten und keine Ahnung hatten, wie man veganes Eis macht. Zu der Zeit, das war 2011, gab es keinen einzigen veganen Eis-Workshop auf der Welt. Nur einen Dairy Free Ice Cream Course im Keller eines Eismachers in New Jersey. Da flog meine Schwester hin und wusste danach, wie wir es sicher nicht machen werden. Alles nur Fertigpaste und Geschmacksverstärker. Es wurde keine einzige Frucht verwendet. Meine Schwester hat dann lange in ihrer kleinen Küche selbst versucht, das perfekte vegane Eis herzustellen. Und es ist ihr gelungen!
LEADERSNET: Mit Veganista haben Sie den österreichischen Eismarkt nachhaltig geprägt. Gab es Momente, in denen Sie und Ihre Schwester gezweifelt haben? Und was hat Sie durch schwierige Zeiten getragen?
Havmöller: Es gab eigentlich nur einen Moment, in dem ich gezweifelt habe. Wir haben am Anfang sehr viele Drohbriefe bekommen. Frauen und Erfolg, das passt nicht zusammen, und es wurde auch mein Kind bedroht. Damals hatte ich dieses schreckliche Gefühl der Hilflosigkeit und habe kurz ans Aufhören gedacht. Während Corona hatten wir beide durchgearbeitet und waren mental und auch körperlich schon ziemlich am Ende. Aber wir haben uns schnell wieder aufgerafft und haben weitergemacht. So richtig gezweifelt hatten wir in dieser Zeit nicht. Das Gefühl, alles verloren zu haben, ohne dass man selbst was dafürkann, war sehr schlimm. Aber wir wussten immer, dass wir es schaffen werden. Kein Zweifel.
LEADERSNET: Sie haben nicht nur Veganista aufgebaut, sondern auch Lush nach Österreich gebracht. Was macht für Sie ein erfolgreiches Unternehmen aus? Gibt es eine Philosophie, die Sie antreibt?
Havmöller: Ich bin besessen davon, immer was Neues bzw. das nächste große Ding zu finden. Ich kann keinen Urlaub machen, ohne die nächste Idee zu finden. Es ist ein Fluch und ein Segen gleichzeitig, weil man irgendwie nicht ruhen kann. Es muss immer etwas Neues passieren. Stillstand ist schrecklich für mich. Für mich ist es wichtig, wenn ich etwas mache, dass ich es spüre. Ich muss fest davon überzeugt sein.
LEADERSNET: Seit über 38 Jahren leben Sie vegan – eine Zeit, in der das noch absolut ungewöhnlich war. Wie hat sich die Wahrnehmung des veganen Lifestyles in Österreich verändert? Und wohin geht die Reise Ihrer Meinung nach?
Havmöller: Man kann sich das gar nicht vorstellen, was ich als Veganerin in den 80ern mitgemacht habe. Es war ein Kampf, eigentlich bis zur Eröffnung von Veganista. Danach wurde vegan plötzlich cool und hip. Das war sehr befremdend für mich, aber natürlich auch eine große Erleichterung. Ich weiß noch, wie ich von veganen Krapfen geträumt habe und alle möglichen Bäcker:innen fragte, ob sie das nicht machen können. Unmöglich war immer die Antwort. Heute gibt es alles vegan. Wir haben sogar vegane Supermärkte. Manchmal glaube ich immer noch, dass ich träume. Ich war immer eine Außenseiterin und eine Verrückte, und plötzlich war ich cool und ein Role Model. Es hat schon etwas gedauert, bis ich damit zurechtgekommen bin, obwohl es ja meine Mission im Leben war, zu zeigen, dass der vegane Lebensstil ein cooler Lebensstil sein kann. Das haben wir mit Veganista geschafft, wir haben gezeigt, dass vegan auch stylisch und extrem gut sein kann. Darauf bin ich besonders stolz. Wir wollten nie mit dieser Zeigefinger-Mentalität ins Business gehen. Wir wollten nur zeigen, wie es auch anders richtig gut sein kann.
Die vegane Reise wird sich fortsetzen, wenngleich es nach Corona einen Rückschlag gab. Man sieht es deutlich in den Supermärkten. Die Angebote werden immer mehr statt weniger. Probleme haben die Restaurants – nicht nur die veganen. Aber das hat meiner Meinung nach andere Gründe. Die Politik reagiert nicht und schaut zu, wie Lokale aufgeben müssen, weil die Kosten nicht mehr tragbar sind.
LEADERSNET: Viele große Eismarken bieten mittlerweile vegane Alternativen an. Was unterscheidet Veganista von herkömmlichen Eisanbietern? Gibt es eine geheime Zutat – außer Liebe?
Havmöller: Ja, die geheime Zutat heißt Authentizität. Wir stehen felsenfest hinter dem, was wir machen, und das spüren die Kund:innen. Wir produzieren zu 100 Prozent vegan und wir gehen dabei keine Kompromisse ein. Wir haben mehr als 600 Eissorten entwickelt, und das ist etwas, was uns ausmacht. Meine Schwester und ich stehen nach wie vor hinter der Marke und sind auch sehr präsent. Wir haben etwas aufgebaut, worauf wir sehr stolz sind, und wollen das auch zeigen. Veganista ist unser Baby und für dieses Baby tun wir alles. Wir haben Corona überlebt, obwohl es oft so aussah, als würden wir es nicht schaffen. Wir haben gekämpft und gekämpft, und wir sind zusammen so stark, dass wir jetzt erst recht durchstarten werden.
LEADERSNET: Werden wieder The LaLa Restaurants außerhalb des Flughafens eröffnen? Es gab nämlich schon zwei im 7. Bezirk und beide haben wieder geschlossen.
Havmöller: Wir haben The LaLa kurz vor der Pandemie eröffnet. Es lief total gut und der Plan war, dass wir viele Lokale eröffnen werden. Dann kam der Lockdown und irgendwie war damit alles vorbei. Die Marke konnte noch nicht aufgebaut werden, kaum jemand kannte uns. Wir waren zu kurz am Markt. Wir sind durch viele Corona-Hilfen durchgefallen, weil wir zu jung waren, und mussten Schulden machen. Als wir wieder aufsperren durften, haben sich die Kund:innen komplett anders verhalten als zuvor. Unser Fokus war das Frühstück und das Mittagessen. Durch Homeoffice brach das Mittagsgeschäft komplett weg. Wir haben 70 Prozent weniger Umsatz gemacht als vor Corona. Wir haben viel versucht und haben es lange probiert. Als dann die Mieten, Strom, Gas, Zutaten und Lohnkosten so enorm gestiegen sind, ist es sich nicht mehr ausgegangen. Wir haben unser Geschäft in der Neustiftgasse noch und würden es sehr gerne wieder eröffnen. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass wir in hoch frequentierten Lagen, wie auf Bahnhöfen, weitere The LaLa Shops aufsperren. The LaLa hat enormes Potenzial und ich glaube ganz fest daran, dass wir damit einen Beitrag für die Gesellschaft leisten können.
LEADERSNET: Der globale Markt für vegane Lebensmittel soll bis 2025 auf 22,27 Milliarden US-Dollar anwachsen. Welche Pläne haben Sie für Veganista in den nächsten fünf Jahren, um von diesem Wachstum zu profitieren?
Havmöller: Wir werden expandieren, was wir schon vor Corona wollten. Wir hatten schon eine Firma in den USA und die Trademark. Leider haben wir so viel Geld verloren, dass wir nicht weitermachen konnten. Aber wir werden niemals aufgeben. Wir glauben ganz stark daran, dass Veganista eine Weltmarke wird.
LEADERSNET: Vielen Dank!
www.veganista.at
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