Körperlich und psychisch gesund zu sein, das wünscht sich wohl jeder Mensch. Allerdings sieht die Realität zumeist ganz anders aus. Denn wie die neue Studie "Wie gesund ist eigentlich...Österreich?", in Auftrag gegeben vom Research Kollektiv der beiden Research- und Beratungsinstitute comrecon brand navigation und Marketagent, aufzeigt, leiden rund ein Drittel der befragten Österreicher:innen aktuell an gesundheitlichen Beschwerden.
Doch nicht nur das: laut den Ergebnissen offenbart sich ein großes Defizit im Bereich Wohlbefinden, Bewegung, Prävention und in der Zufriedenheit mit dem heimischen Gesundheitssystem. "Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, den blinden Flecken im Gesundheitssystem und in Unternehmensstrategien auf den Grund zu gehen, bevor sie zu noch größeren Herausforderungen werden", so Charlotte Hager, die als Change-Expertin und Spezialistin für qualitative Bedeutungsanalyse die tiefliegenden Verhaltensmuster der Menschen aufdeckt.
Alarmierende Ergebnisse
Wie die Studie zeigt, leiden derzeit 65 Prozent der Österreicher:innen an gesundheitlichen Beschwerden – somit rund ein Drittel der Befragten. Besonders Probleme des Bewegungsapparates (20 Prozent) und Herz-Kreislauf-Gefäß-Erkrankungen (19 Prozent) machen den Menschen zu schaffen.
Nicht weniger erschreckend ist das Ergebnis mit Blick auf die Ernährung. So haben lediglich 47 Prozent der Befragten angegeben, sich gesund zu ernähren. Und auch in puncto Sport bekleckern sich die Österreicher:innen nicht mit Ruhm. 28 Prozent der Studienteilnehmer:innen geben demnach an, unter der Woche keinen aktiven Sport zu treiben. Bei den Frauen liegt dieser Anteil sogar bei einem Drittel (34 Prozent vs. Männer: 22 Prozent). So ist laut Body-Mass-Index-Auswertung jede:r zweite Österreicher:in übergewichtig und jede:r fünfte sogar adipös. Wobei an dieser Stelle angemerkt werden muss, dass der Body-Mass-Index, kurz BMI, bei muskulösen, trainierten Menschen sowie bei besonders kleinen oder großen Menschen zu falschen Ergebnissen führen kann. Zudem macht er keine Aussage über die Verteilung des Körperfetts. Damit ist er zur Beurteilung des Körpers nur bedingt heranzuziehen.
"Österreich steht vor großen Herausforderungen, wenn es darum geht, den Gesundheitszustand seiner Bürger:innen zu verbessern und präventionsorientierte Gesundheitsstrategien zu entwickeln", warnt der Geschäftsführer von Marketagent Thomas Schwabl.
Defizite im Gesundheitssystem
Doch woran kann das liegen? Blickt man auf das Gesundheitssystem, zeigt sich, dass laut Studie nur 9,2 Prozent der Befragten mit diesem "sehr zufrieden" sind. Ein gutes Drittel ist zumindest "eher zufrieden" (36 Prozent). Besonders kritisch sehen die Studienteilnehmer:innen die langen Wartezeiten und die Zugänglichkeit von Gesundheitsleistungen – 60 Prozent prangern diesen Umstand an, 47 Prozent bemängeln, dass das System oft nur Symptome behandelt, anstatt Ursachen anzugehen.
Hier sei wiederum angemerkt, dass auch in Österreich der Gender Health Gap existiert, wonach Frauen bei der medizinischen Versorgung nicht ausreichend beachtet und behandelt werden. Laut einem Bericht des Weltwirtschaftsforums verbringen Frauen hierzulande rund 19,3 Jahre in mittelmäßiger bis schlechter Gesundheit. Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, allen voran Herzinfarkte, gelten nach wie vor als typische Männerkrankheiten und kosten daher mehr als genug Frauen ihr Leben – mit 37 Prozent stellen sie die Todesursache Nummer Eins bei Frauen dar (Männer: 32 Prozent), gefolgt von Krebserkrankungen. Dabei beginnen die Ursachen für die gesundheitliche Kluft bereits in der Forschung: noch immer sind Frauen in klinischen Studien unterrepräsentiert. Dies führt zu Daten- und Wissenslücken, aber eben auch zu verzögerten Diagnosestellungen. Ein Graben, der sich durch moderne Technologien wie Künstliche Intelligenz weiter vertiefen könnte. Denn im Zuge von verstärkter KI-Anwendungen in der Medizin werden überwiegend männliche Daten verwendet, wodurch sich die gesundheitliche Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern weiter voneinander entfernt.
Auch zeigen die Ergebnisse der Studie, dass das Vertrauen der Österreicher:innen in die Schulmedizin nur begrenzt ist. Gerade einmal 55 Prozent geben demnach an, ihr "sehr" oder "eher stark" zu vertrauen. Gleichzeitig zeigt sich eine breite Neigung zu alternativen und komplementären Gesundheitsansätzen. Rund die Hälfte der Befragten (51 Prozent) bekundet Interesse an solchen Methoden, was auf einen wachsenden Wunsch nach vielfältigeren Ansätzen zur Gesundheitsvorsorge und Behandlung hinweist. Außerdem sieht die Bevölkerung Nachholbedarf in der Krankheitsvorsorge. Präventionsstrategien werden von einem Großteil der Befragten als unzureichend bewertet. Nur 5,5 Prozent sind der Ansicht, dass präventive Maßnahmen im österreichischen Gesundheitssystem "sehr gut" gefördert werden.
Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität
Ein neuer "Stern" am medizinischen Himmel scheint hingegen Biohacking zu sein, also der gezielte Einsatz wissenschaftlich fundierter Methoden und Technologien zur Optimierung der biologischen Funktionen des Körpers. Drei von zehn Österreicher:innen haben bereits davon gehört. Besonders präsent ist das Konzept bei den 18- bis 29-Jährigen (52 Prozent). Zudem hat mehr als die Hälfte der Befragten Interesse daran bekundet, ihre Gesundheit durch Schlaftracking, Intervallfasten, Wearables und so weiter zu verbessern (56 Prozent).
Dabei erhoffen sich die (zukünftigen) Anwender:innen insbesondere eine Erhöhung der Energie und Vitalität (63 Prozent). Weitere häufig genannten Ziele sind die Steigerung der körperlichen Fitness (60 Prozent) und die Vorbeugung von Krankheiten (55 Prozent). "Besonders interessant ist die präventive Ausrichtung des Biohackings. Während das traditionelle Gesundheitssystem in Österreich oft auf die Behandlung bestehender Krankheiten fokussiert ist, bietet Biohacking die Möglichkeit, proaktiv Maßnahmen zur Förderung der Gesundheit zu ergreifen. Zwei Drittel der Österreicher:innen glauben, dass Biohacking positive Auswirkungen auf Körper und Geist haben kann", so Hager.
© Marketagent
Außerdem zeigte sich, dass bereits etwa ein Fünftel der Österreicher:innen selbst Erfahrung mit Biohacking gemacht hat (19 Prozent). In der Gruppe der 18- bis 29-Jährigen sogar mehr als jede:r Dritte (36 Prozent). Am häufigsten kommen dabei Nahrungsergänzungsmittel bzw. Nootropika (40 Prozent), Meditations- und Achtsamkeitspraktiken (37 Prozent) bzw. Intervallfasten (36 Prozent) zum Einsatz. Zwei Drittel der Biohacker:innen berichten von "sehr" oder "eher positiven" Auswirkungen auf ihren Körper bzw. ihre Psyche (66 Prozent).
Notwendigkeit von Präventionsmaßnahmen
"Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen den Handlungsbedarf nicht nur im österreichischen Gesundheitssystem, sondern auch in Unternehmen. Denn Gesundheit ist nicht nur eine individuelle Verantwortung, sondern auch eine strategische Herausforderung für Institutionen, Regionen und Unternehmen", so Schwabl. So werde angesichts wachsender Gesundheitsprobleme, einer alternden Bevölkerung und der dringenden Notwendigkeit von Präventionsmaßnahmen deutlich, dass neue, zukunftsweisende Strategien unerlässlich sind. "Es ist an der Zeit, dass Unternehmen, Institutionen und Regionen ihre Gesundheitssysteme und Präventionsstrategien überdenken. Gemeinsam zeigen wir auf, wo die blinden Flecken liegen und welche Schritte notwendig sind, um eine gesunde Zukunft zu gestalten", so Hager abschließend.
www.wie-gesund-ist-eigentlich.at
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