Nach 35 Jahren ORF und 20 Jahren an der Spitze des Landesstudios geht Brigitte Wolf mit Ende des Jahres in Pension.
LEADERSNET: Sie sind sozusagen ein "ORF-Urgestein". Bringt der Übergang in die Pension nach 35 erfolgreichen Jahren beim ORF auch Wehmut mit sich?
Wolf: Abgesehen davon, dass ich bis vor kurzem noch zu sehr im Arbeitsalltag war, um solche Gefühle zu erspüren, lässt man natürlich nach so langer Zeit nicht los, ohne dabei Wehmut zu empfinden. Ich hatte ja das Glück, wunderbare ORF-Jahre zu erleben, natürlich mit allen Hochs und Tiefs, die dazu gehören. In Summe aber war es wunderbar.
LEADERSNET: Dachten Sie beim Eintritt in die Medienforschung des ORF schon an eine große Karriere?
Wolf: Nein, wahrlich nicht. Ich hatte damals nur Motorradfahren im Sinn, Lebensplanung lag mir völlig fern.
LEADERSNET: War vielleicht die Zeit in der Büroleitung bei Gerd Bacher der Schlüssel zum großen Erfolg?
Wolf: Es waren jedenfalls die besten Lehrjahre, die man sich wünschen kann. Gerd Bacher war in vielen Dingen Vorbild (wie übrigens auch Gerhard Zeiler) – Wissen, Interessiertsein, Disziplin, Freude an der Arbeit, Engagement etc. etc., aber vor allem war es seine Liebe zum ORF, die ihn mutig, widerständig und zäh sein ließ. Ich hoffe, ich habe einiges davon auch gelebt.
LEADERSNET: Und Wrabetz?
Wolf: Ist auch zäh.
LEADERSNET: Der ORF-Stiftungsrat hat ja kürzlich vier zentrale und neun Landesdirektoren bestellt. Sind Sie mit den Entscheidungen zufrieden?
Wolf: Ob ich zufrieden bin oder nicht, spielt hier wirklich keine Rolle. Der Stiftungsrat hat bestimmt nach bestem Wissen und Gewissen entschieden, und ich habe das nicht zu kommentieren. Ich habe das nie gemacht und werde jetzt nicht damit anfangen.
LEADERSNET: Multimediale Struktur, Newsroom und GIS-Erhöhung werden aktuell heftig diskutiert. Was hat für Sie oberste Priorität?
Wolf: Priorität sollte immer das haben, was wir dem GIS-Zahler bieten – er sollte im Idealfall das Gefühl haben, er bekommt viel mehr zurück als er eingezahlt hat. Daher: Struktur und Newsroom können wir weder senden noch streamen, es geht um die medialen Produkte, die wir herstellen und wie wir sie anbieten. Stichwort Plattform, Stichwort Player.
LEADERSNET: Was muss reformiert werden?
Wolf: Damit der ORF im Prinzip bleibt, was er ist, und im Detail immer besser werden kann, muss selbstverständlich ganz viel reformiert werden. Aber das weiß auch das jetzige Führungsteam und braucht keine öffentlichen Ratschläge.
LEADERSNET: Wie würden Sie Ihren Werdegang heute ganz unbefangen beschreiben?
Wolf: Organisch – von der freien Mitarbeiterin ganz unten, quer durch verschiedene Abteilungen mit verschiedenen Aufgabenstellungen, vom AKM-Listen-Tippen, über Zahlenspiele in der Medienforschung bis hinauf in die Generalintendanz. Danach Öffentlichkeitsarbeit, Human Resources und dann Landesdirektorin, die jeden Tag froh war, auf die Erfahrungen zurückgreifen zu können, die sie im Laufe ihres ORF-Lebens gemacht hat.
LEADERSNET: Was waren die besonderen Herausforderungen in Ihrem Berufsleben?
Wolf: Mein Berufsleben war eine einzige Herausforderung, weil es so abwechslungsreich war und ich kein Talent zur Routine habe.
LEADERSNET: Gibt es auch Dinge, die Sie im Nachhinein bereuen?
Wolf: Ja, natürlich. You win some, you lose some – im Nachhinein weiß man, wie man es hätte besser/anders machen sollen, aber das ändert nichts mehr. Leider.
LEADERSNET: Welche Pläne haben Sie jetzt?
Wolf: Meine viele verhaltensbeliebige Zeit genießen. (jw)
wien.orf.at
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