Sie gehören mit zu dem Schönsten, das auf der Erde existiert: Seit ewigen Zeiten haben sie Menschen fasziniert und beeindruckt, sie gelten als besonderer und sichtbarer Ausdruck von Reichtum und Macht. Nun könnte das kostbare Gut knapp werden. Einer aktuellen Studie zufolge soll der Markt ab 2019 ein anhaltendes Defizit aufweisen, das dazu führen könnte, dass die Preis-Rallye deutlich an Dynamik gewinnt.
Laut Bain & Company reiche die Summe der bestehenden und neu zu fördernden Diamanten nur bis 2019, danach werde es zu einer Verknappung bei diesem härtesten Gut kommen. Darüber hinaus berichtet die Studie über den sich langsam entwickelnden Markt für synthetisch erzeugte Diamanten, der momentan für Aufregung sorgt, weil bereits synthetische Steine einigen Chargen echter Naturdiamanten undeklariert beigemischt wurden.
Achtung: synthetische Diamanten
"Tatsächlich stellen synthetisch erzeugte Diamanten eine nicht zu unterschätzende Gefahr dar, wenn sie undeklariert auf den Markt kommen und ohne Ursprungszeugnis bzw. Zertifikat verkauft werden", warnt Juwelier Hans Schullin. Bereits herstellbar in Größen von mehreren Carat, kosten sie nur etwa ein Zehntel der echten Steine und bilden einen eigenen Markt. Sie können aber auch betrügerisch beigemischt werden und ihrer Entdeckung entgehen, wenn die Lots nicht gewissenhaft geprüft werden.
Wuyi Wang, Director of Research and Development, Gemological Institute of America (GIA), hielt anlässlich der weltgrößten Edelsteinmesse in Hongkong einen sehr detaillierten Vortrag über die Ergebnisse, die das GIA, das wichtigste Institut zur Untersuchung und Zertifizierung von Diamanten, bisher erzielte. 60 Gemmologen, darunter auch Schullin als Repräsentant aus Österreich und von der Gemmological Association of Great Britain, diskutierten in Hongkong über effiziente und ökonomische Aufdeckung von HPHT- und CVD-Diamantsynthesen.
Fakt ist, dass gemmologische Institute heute schon in der Lage sind, mit Hilfe von 5-6 Spezialgeräten in relativ kurzer Zeit auch größere Mengen vermischter Diamantlots zu trennen. Auch bereits in Schmuck gefasste Diamanten können so identifiziert werden. Es scheint sich überhaupt die Geschichte der ersten Edelsteinsynthesen zur Jahrhundertwende um 1900 zu wiederholen: damals erwartete die Wirtschaft einen Preisabsturz bei Rubinen wegen der von Verneuil erstmals gezüchteten synthetischen Steine. Heute, 100 Jahre später, ereignet sich Gleiches am Diamantmarkt. Es etabliert sich ein paralleler Markt, die Naturprodukte steigen in der Wertschätzung.
Doch wie knapp werden natürliche Diamanten wirklich?
Bain & Company haben viele Parameter herangezogen, aber: hatten sie auch den 20%-Rush des Schweizer Frankens zum Euro im Jänner 2015 vorausgesehen? Oder die derzeitige Dollarstärke? Kaffeesudleser wissen bereits, dass Chinas Wachstum im nächsten Jahr unter 7 % liegen wird, und die ganze Welt blickt hypnotisiert auf den 2,5-Milliarden-Einwohner-Markt, den China und Indien zusammen bilden.
Von der Weltnachfrage wird es abhängen, ob es 2019 wirklich zu einer Preisexplosion, einem Höhenflug bei Diamanten kommt. Die Steigerung des Abbaus wird erst bei gestiegenen Preisen möglich sein, wenn auch weniger rentable Minen rentabel werden.
Zum anderen: Ein Absturz der Diamantpreise scheint nicht in Sicht. Alle Befürchtungen, die seit 1955 immer weiter entwickelte und bis heute zur Perfektion gebrachte Produktion von synthetischen Diamanten werde die echten Edelsteine entwerten, haben sich als unbegründet erwiesen. Ein zweiter Markt ist entstanden, die effiziente Kontrolle beider Märkte ist ein weltweites Anliegen.
Was laut Schullin allerdings ratsam ist, und global wünschenswert wäre: dass jeder Diamant herkunftskontrolliert (Kimberley Process, Fair Trading) verkauft und vom Echtheitszertifikat eines der beiden weltweit anerkannten Institute begleitet wird. (red)
www.schullin.at