Zirp-CEO Thomann im Interview
"Ich sage den Menschen, dass sie nur einen Bissen entfernt sind"

Im LEADERSNET-Interview erklärt Zirp-CEO Christoph Thomann u.a., welche Vorteile Insekten gegenüber anderen Lebensmitteln haben, wie er Skeptiker:innen dazu bringt, seine Produkte zu kosten, und welche neuen Expansions- und Kooperationspläne es mit Supermarktketten und der Gastro gibt. Zudem plädiert er dafür, dass Speisen, die Gesundheit und Klima schaden, teurer werden müssen.

LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Thomann, erzählen Sie Ihren Hintergrund. Wie sind Sie aufgewachsen, was hat Sie geprägt?

Christoph Thomann: Schon früh interessierte ich mich für gesundheitliche Themen, denn meine Eltern waren beide Apotheker:innen. An der IMC FH Krems studierte ich Gesundheitsmanagement und wusste bald, dass ich in diesem Bereich arbeiten wollte. Später beschäftigte ich mich immer mehr mit der Klimaproblematik und der weltweiten Ernährungssituation. Dabei erfuhr ich, dass 30 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen auf unsere tägliche Ernährung Nahrung und die Produktion unserer Lebensmittel zurückzuführen sind.

LEADERSNET: Können Sie uns etwas über die Anfänge von Zirp Insects erzählen? Was hat Sie dazu inspiriert, das Unternehmen zu gründen und was waren die größten Herausforderungen?

Thomann: Wir bei Zirp integrieren Insekten als gesunde und schmackhafte Proteinquelle in den Alltag. Ich wollte etwas gegen den Klimawandel und die ungesunde Ernährung tun, und ich wusste, dass ich mit der Gründung eines Unternehmens beides erreichen kann. Eine der größten Herausforderungen war, dass Insekten in Europa als Lebensmittel nicht so weit verbreitet sind wie in anderen Teilen der Welt. Insekten sind in vielen Teilen der Welt ein beliebtes Lebensmittel und mehr als zwei Milliarden Menschen essen sie täglich.

LEADERSNET: Warum sind Insekten Ihrer Meinung nach die Proteinquelle der Zukunft und wo liegen deren Vorteile? 

Thomann: Die Vorteile von Insekten als Nahrungsmittel haben mich schon früh überzeugt. Denn Insekten sind aufgrund ihrer hochwertigen Nährwerte sehr gesund, sie enthalten alle essenziellen Aminosäuren und können gleichzeitig sehr nachhaltig produziert werden. Der Mensch verträgt Insektenproteine auch sehr gut, denn gerade unsere Vorfahr:innen und auch nächsten Artverwandten, die Affen, ernähren sich von Insekten. 90 Prozent ihrer Nahrung besteht aus pflanzlichen Produkten und sie essen Insekten, um ihren Proteinbedarf zu decken. Das zeigt mir, dass eine ausgewogene Ernährung aus Pflanzen und Insekten die beste Wahl ist.

LEADERSNET: Was sind Ihrer Meinung nach die häufigsten Fehler, die in der Herstellung im Hinblick auf unsere Ernährungsweisen begangen werden?

Thomann: Es gibt zwei Ebenen, die es zu betrachten gilt. Die persönliche Ebene ist, dass wir zu viel Fleisch essen und uns zu einseitig ernähren. Ein hoher Fleischkonsum kann zu verschiedenen chronischen Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs führen. Ein weiteres Problem ist, dass wir zu viel verarbeitete Lebensmittel essen, die oft viel Zucker, Salz und Fett enthalten. Neben der persönlichen Ebene sind auch die Politik und die Industrie verantwortlich. Billige Lebensmittel werden oft subventioniert, was sie günstiger macht. Dadurch wird der Konsum dieser Lebensmittel gefördert, auch wenn sie oft ungesund sind und auch unserem Klima mehr schaden.

LEADERSNET: Was sagen Sie Menschen, die eine Abneigung haben, Insekten zu essen? Warum sollten Sie das tun?

Thomann: Ich sage diesen Menschen, dass sie nur einen Bissen entfernt sind und es wertvoll ist, die eigenen Gewohnheiten zu durchbrechen. Eine Insektenzucht ist ethisch und moralisch viel vertretbarer als eine Massentierhaltung für Hühner, denn Insekten werden unter artgerechten Bedingungen gezüchtet. Denken Sie an einen Ameisenhaufen in der freien Wildbahn: Dort leben Millionen von Insekten auf engstem Raum, und das ist bei der Zucht zum Beispiel von Mehlwürmern nicht anders. Mehlwürmer und andere Insekten brauchen die Nähe ihrer Artgenossen. Sie brauchen die Dichte und die Körpernähe und fühlen sich dort am wohlsten. Und für die Menschen, die eine Abneigung haben, gilt es, über die eigenen Grenzen zu blicken und sich mit den Vorurteilen auseinanderzusetzen. Menschen aus Asien oder Afrika, die damit aufgewachsen sind, ekeln sich nicht vor Insekten. Das heißt, auch hierzulande sollte man früh damit beginnen, Insekten in unseren Speiseplan einzubauen.

LEADERSNET: Regulatorische Hürden und Bürokratie haben Ihnen beispielsweise mit der Leitlinie für die Insektenzucht und -verarbeitung große Hürden in den Weg gelegt. Sie durften für den heimischen Markt nur ganze Insekten verkaufen und die Tiere nicht weiterverarbeiten. Hat sich das über die Jahre gebessert? 

Thomann: Ihre Zusammenfassung trifft es genau. Es braucht weniger regulatorische Hürden, damit Insekten als Lebensmittel breiter angenommen werden können. Die Politik muss noch mehr dafür tun, dass Insekten als Nahrungsmittel erschwinglicher und zugänglicher werden. Österreich war bei der Zulassung von Insekten als Lebensmittel etwas langsamer als andere EU-Länder. Mittlerweile sind in der EU fünf Insektenarten als Nahrungsmittel zugelassen und dürfen in allen EU-Ländern unter denselben Bedingungen verkauft werden. Aber es stimmt leider, dass uns in Österreich bei der Zulassung von Insekten als Lebensmittel mehr Steine in den Weg gelegt wurden als in anderen EU-Ländern. Die ersten Jahre waren herausfordernd aber inzwischen sind die Hürden für die Zulassung von Insekten als Lebensmittel beseitigt.

LEADERSNET: Wie laufen die Kooperationen mit den Supermarktketten? Was planen Sie hier zukünftig?

Thomann: Für die Zusammenarbeit mit Supermarktketten sind proaktive Handelspartnerschaften wichtig. Die Rewe hat unsere Insektenprodukte in den letzten Jahren in ihr Sortiment aufgenommen. Um Insekten als Lebensmittel bekannter zu machen, braucht es aber sicher auch in Zukunft noch mehr Unterstützung von allen Seiten, also von den Supermärkten, der Politik und den Behörden, damit immer mehr Menschen darauf aufmerksam werden.

LEADERSNET: Welche aktuellen Entwicklungen beobachten Sie in Ihrem Berufsumfeld? Allgemein ist ein Trend in Richtung veganer und vegetarischer Ernährung zu erkennen. Dennoch kämpfen vegane Anbieter mit Schwierigkeiten. Wie erklären Sie sich das?

Thomann: Es gibt dafür keine pauschale Antwort, denn die Gründe sind vielfältig. Ich glaube, dass das Wichtigste ist, dass ein Produkt gut schmeckt. Es gibt zum Beispiel viele Fleischalternativen, die einfach nicht gut schmecken. Natürlich sind Geschmäcker auch verschieden und man wird es nie allen recht machen, aber das ist sicher ein sehr wichtiger Aspekt. Ich habe vor ein paar Wochen unbewusst eine dieser künstlichen Fleischvarianten gegessen und es war für mich eher negativ. Außerdem sind viele Produkte hoch verarbeitet und damit alles andere als gesund oder nachhaltig. Da kommen Konsument:innen natürlich schnell drauf und lassen dann eher die Finger davon. Aber mittlerweile gibt es schon sehr viele tolle Alternativen. Wichtig ist es aber, dass sinnvolle Produkte einfach öfter angeboten werden und der Zugang niederschwelliger wird, die Produkte müssen leistbarer für alle werden und dann müssen gleichzeitig Produkte, die der Gesundheit und dem Klima eher schaden, einfach teurer werden. Es kann nicht sein, dass Fleisch teilweise billiger ist als Gemüse. Dann werden immer mehr Menschen ihren Konsum auch verändern.

LEADERSNET: Was sind Ihre aktuellen Ziele und Pläne für die Erweiterung des Unternehmens? Wie sehen Sie die Rolle von Insekten in der heimischen Gastronomie in der Zukunft?

Thomann: Wir haben in den letzten Jahren viel am Markt gelernt, die Zielgruppen immer schärfer definiert und arbeiten zunehmend fokussiert. Besonders im Marketing haben wir viel dazugelernt. Aktuell stehen wir in einer Finanzierungsrunde und planen die weitere Expansion. Unsere Schwerpunkte sind die Ausweitung von Kooperationen, beispielsweise mit der Gastronomie und Supermarktketten. Dazu entwickeln wir auch neue Produkte.

LEADERSNET: Gibt es bestimmte Markttrends oder Entwicklungen, die das Unternehmen in Zukunft im Auge behalten möchte? Wie stark ist der Wettbewerb ausgeprägt? Was für Risiken gilt es zu berücksichtigen?

Thomann: Der Markt ist gerade in Zeiten wie diesen stets im Wandel und das sollten wir immer im Hinterkopf behalten. TV oder Print nutzen wir kaum noch proaktiv. Wir gehen mit der Zeit und das spiegelt sich auch in anderen strategischen Entscheidungen unseres Unternehmens wider, wie zum Beispiel der Einsatz von Influencer:innen oder Marken-Botschafter:innen. Menschen werden auch in Zukunft immer bewusster einkaufen und darauf wollen wir mit Zirp gezielt eingehen.

LEADERSNET: Was ist der beste Ratschlag, den Sie für Ihre berufliche Laufbahn und Ihr Leben je erhalten haben? Was würden Sie Ihrem jüngeren Ich raten?

Thomann: Meinem "jüngeren Ich" würde ich sicher mitgeben, dass es an sich selbst glauben, sich selbst lieben und sich selbst respektieren soll. Es sollte nicht zu sehr auf Menschen hören, die Nein sagen oder negativ sind. Gerade in einer Welt, die heute oft sehr verwerfend ist, sollte man seinen eigenen Weg finden und an sich arbeiten aber vor allem positiv denken. Wenn man einen Weg finden will, wird man immer einen finden. Das ist meine größte Lektion: Mit offenen Augen und Ohren durchs Leben gehen, dazulernen, aber auch bereit sein, Neues zu lernen, die eigenen Muster zu hinterfragen und auch zu durchbrechen.

www.zirpinsects.com

Über Zirp Insects

Seit seiner Gründung im Jahr 2017 hat sich Zirp Insects zu einem der führenden Unternehmen im Bereich der alternativen Proteinquellen für Menschen entwickelt. Das Start-up ist bekannt für innovative Produkte und hat maßgeschneiderte Ernährungsprogramme entwickelt, die laut eigenen Angaben sowohl auf wissenschaftlichen Erkenntnissen als auch auf praktischen Erfahrungen basieren. Christoph Thomann, Gründer und CEO von Zirp Insects, verfolgt das Ziel, die Nachhaltigkeit und Ethik im Bereich der Ernährung zu verbessern. Unter seiner Führung hat das Unternehmen bereits einige Erfolge erzielt, darunter die Einführung neuer Produkte im Einzelhandel und die Erweiterung seines Marktanteils.

Sein Start-up wurde mit diversen Preisen ausgezeichnet – u.a. Österreicher des Jahres in der Kategorie Klimainitiative, IMC Alumni Award und E&Y Rising Star.

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Über Zirp Insects

Seit seiner Gründung im Jahr 2017 hat sich Zirp Insects zu einem der führenden Unternehmen im Bereich der alternativen Proteinquellen für Menschen entwickelt. Das Start-up ist bekannt für innovative Produkte und hat maßgeschneiderte Ernährungsprogramme entwickelt, die laut eigenen Angaben sowohl auf wissenschaftlichen Erkenntnissen als auch auf praktischen Erfahrungen basieren. Christoph Thomann, Gründer und CEO von Zirp Insects, verfolgt das Ziel, die Nachhaltigkeit und Ethik im Bereich der Ernährung zu verbessern. Unter seiner Führung hat das Unternehmen bereits einige Erfolge erzielt, darunter die Einführung neuer Produkte im Einzelhandel und die Erweiterung seines Marktanteils.

Sein Start-up wurde mit diversen Preisen ausgezeichnet – u.a. Österreicher des Jahres in der Kategorie Klimainitiative, IMC Alumni Award und E&Y Rising Star.

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