So viele unbezahlte Überstunden leisten Arbeitnehmende in Österreich

Sonderauswertung der Statistik Austria zeigt einen jährlichen Einnahmenentfall von über einer Milliarde Euro. Laut WKÖ seien die Zahlen nicht nachvollziehbar.

2022 haben die Betriebe den Arbeitnehmer:innen 47 Millionen Mehr- und Überstunden weder mit Geld noch mit Zeitausgleich abgegolten, das zeigt die aktuelle Sonderauswertung der Statistik Austria für die AK Wien.

Starke Steigerung

Das sei eine starke Steigerung gegenüber dem Durchschnitt der letzten Jahre zu beobachten – dieser belief sich auf rund 40 Millionen nicht ausbezahlter Überstunden.

AK Sozialbereichsleiterin Ines Stilling: "Das ist ein systematischer Lohnbetrug, der die Arbeitnehmer:innen im letzten Jahr insgesamt 1,2 Milliarden Euro gekostet hat. Frauen sind noch stärker betroffen als Männer. Angesichts dieser Zahlen befremdet die Klage über den angeblichen Arbeitskräftemangel und das Teilzeit-Bashing sehr."

Das Teilzeitparadox

Insgesamt liege der Anteil der Mehr- und Überstunden, welche die Unternehmen den Arbeitnehmer:innen weder in Zeit noch in Geld abgegolten haben, bei einem Viertel. Mehrstunden von Männern werden demnach zu 23 Prozent nicht abgegolten. Bei Frauen, welche zu einem deutlich höheren Anteil Teilzeit arbeiten, sind es 28 Prozent.

Auf der einen Seite werde von Teilzeitkräften verlangt, dass sie mehr arbeiten, auf der anderen Seite werden viele Arbeitnehmer:innen aber nicht bezahlt, wenn sie mehr arbeiten, ist man bei der Arbeiterkammer überzeugt und sieht ein Paradox. 

Jede:r Dritte will nicht bis zur Pension bleiben

Dazu komme der hohe Arbeitsdruck, dem die Arbeitnehmer:innen ausgesetzt seien: Laut Arbeitsklimaindex der AK OÖ könne sich jede:r dritte Arbeitnehmer:innen nicht vorstellen, im aktuellen Beruf bis zum Pensionsalter durchzuhalten. Eine Million Arbeitnehmer:innen gibt an, Leistung bringen zu wollen, das aber aufgrund der gesundheitlich belastenden Arbeitsbedingungen und der zu hohen Anforderungen nicht zu schaffen ist.

Stilling: "Wenn sowohl die Arbeitsbedingungen unzumutbar sind als auch das Entgelt nicht passt, braucht sich niemand zu wundern, wenn die Menschen ihre Arbeitszeit verringern wollen."

WKÖ weist Vorwürfe zurück

Kurz nach der Veröffentlichung reagierte dann die Wirtschaftskammer Österreich auf die Sonderauswertung. Sie wies die Vorwürfe als "nicht nachvollziehbar" zurück. "Gerade weil Arbeitskräftemangel herrscht, handeln die Unternehmen verantwortungsvoll was den Umgang von Dienstzeiten mit ihren Mitarbeiteri:nnen betrifft. Zudem wissen wir aus aktuellen Umfragen, dass heimische Arbeitnehmer:innen Überstunden aktiv nachfragen und die Steuerbefreiung von Überstunden als geeignetes Mittel gegen den Arbeitskräftemangel ansehen", sagt Julia Moreno-Hasenöhrl, stv. Leiterin der Abteilung für Sozialpolitik in der WKÖ.

www.arbeiterkammer.at

www.wko.at

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