Am 29. November 2024 wurde über das Vermögen der KTM AG ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung eröffnet. Bei der Pleite des oberösterreichischen Motorradherstellers mit Sitz in Mattighofen handelt es sich um die bisher größte des Bundeslandes. Am Dienstag (25. Februar) stand der bisher wichtigste Termin für eine mögliche Sanierung am Programm: Die Gläubiger:innen haben am Landesgericht Ried im Innkreis über den beantragten Sanierungsplan verhandelt und abgestimmt. Bis zuletzt war nicht sicher, ob es dafür eine Zustimmung geben wird. Doch am frühen Nachmittag ist dem KTM-Management rund um Stefan Pierer, der "nur" mehr Co-CEO ist, und dem neuen CEO Gottfried Neumeister wohl ein besonders großer Stein vom Herzen gefallen. Denn die Gläubiger:innen haben den vorgelegten Sanierungsplan angenommen.
"Nur" 200 Millionen Euro bestritten
Die Dimensionen dieser Insolvenz sind enorm. Laut dem KSV1870 haben rund 3.850 Gläubiger:innen (1.250 Lieferant:innen und Banken sowie 2.600 Dienstnehmer:innen) Forderungen in Höhe von rund 2,2 Milliarden Euro angemeldet, die vom Sanierungsverwalter Peter Vogl in den vergangenen Wochen geprüft wurden. Im gerichtlichen Anmeldungsverzeichnis sind rund zwei Milliarden Euro davon als anerkannt und festgestellt eingetragen. Ein Volumen von rund 200 Millionen Euro wurde von Vogl hingegen bestritten.
Aktuell werden die vorliegenden Produktionspläne überarbeitet und es soll bis Mitte März 2025 geklärt sein, in welche Projekte und Verträge die KTM AG eintritt. Im Anschluss werden die tatsächlich eingetretenen Schadenersatzforderungen vom Sanierungsverwalter als teilnahmeberechtigt für die Quotenausschüttung anerkannt werden.
Details zum Sanierungsplan
Mit der Zustimmung wurde nun die erste große Hürde für ein Comeback von KTM genommen. Die seit Ende 2024 pausierte Produktion soll noch im März 2025 wieder hochgefahren werden. Doch wie sieht der am Dienstag angenommene Sanierungsplanvorschlag eigentlich aus? Die Gläubiger:innen bekommen demnach eine Quote von 30 Prozent, zahlbar binnen 14 Tagen nach rechtskräftiger Bestätigung des Sanierungsplans. Dafür müssen jedoch einige Voraussetzungen erfüllt werden. Eine davon ist, dass der bisherige Mitgesellschafter aus Indien, Bajaj, 50 Millionen Euro aufbringt, um die laufenden Kosten zur Wiederaufnahme der Produktion zu decken. Dies ist dem KSV1870 zufolge bereits erfüllt und verschaffe Zeit, um Investorengespräche zu finalisieren.
Weitere 100 Millionen Euro müssen bis 31. März 2025 für laufende Produktionskosten aufgebracht werden. Als Bestätigungsvoraussetzung wurde vereinbart, dass bis längstens 23. Mai 2025 die finanziellen Mittel für die Ausschüttung der Quote beim Sanierungsverwalter hinterlegt werden. Damit soll in weiterer Folge die Quote unmittelbar an die Gläubiger:innen überwiesen werden können. Die KTM AG muss für die Erfüllung der Quote mit angemeldeten sowie nachträglich geltend gemachten Forderungen einen Betrag von rund 681,2 Millionen Euro aufbringen.
Erklärtes Ziel der KTM-Gruppe ist es, einen Investor zum Einstieg zu gewinnen. Auf Eigentümerebene laufen seit mehreren Wochen intensive Gespräche – dadurch soll der Fortbestand des Unternehmens gesichert werden. Namen, die dabei immer wieder durch die Gazetten schwirren, sind neben Bajaj noch der chinesische Motorradbauer CF Moto und die international tätige Investmentfirma Fountain-Vest aus Hongkong (LEADERSNET berichtete). Zuletzt wurde auch die Motorradsparte von BMW als möglicher Investor ins Spiel gebracht. Auch Remus-Chef Stephan Zöchling, der Aufsichtsratsmitglied der Pierer Mobility AG ist, hat laut eigenen Angaben ein Angebot für einen Einstieg bei KTM abgegeben.
Stefan Pierer dürfte ebenfalls einen ordentlichen Millionenbetrag zur Sanierung beisteuern. Er bezeichnete die Marke als sein Lebenswerk, für das er kämpfen werde.
Kreditschützer spricht sich für Sanierung aus
"Aus Gläubigersicht sind ein Investoreneinstieg und die Fortführung des Unternehmens wirtschaftlich sinnvoll. Bei einer insolvenzgerichtlichen Schließung und Zerschlagung des Unternehmens würden die Gläubiger eine Verteilungsquote von knapp unter 15 Prozent erhalten", resümiert Karl-Heinz Götze vom KSV1870 und ergänzt: "Bei einer Schließung würden bedeutend mehr Arbeitsplätze verloren gehen, was in weiterer Folge für die gesamte Region massive negative Auswirkungen hätte." Ein möglicher Konkurs ist also nach wie vor nicht vom Tisch.
Petra Wögerbauer vom KSV1870 Linz verwies am Dienstag noch einmal darauf, dass es sich beim Insolvenzverfahren der KTM-Gruppe um die bislang größte eröffnete Insolvenz in Oberösterreich handelt.
"Back on track"
Gottfried Neumeister, CEO der Pierer Mobility AG, zeigte sich erleichtert: "Ich bin heute dankbar und glücklich. KTM ist back on track. Unsere Mitarbeiter:innen haben in den letzten drei Monaten alles dafür gegeben, damit das Rennen weitergehen kann. Wir haben heute ein wichtiges Kapitel abgeschlossen. Aber ein einziges Kapitel erzählt nie die ganze Geschichte. Nun können wir die großartige Geschichte von KTM fortschreiben. Wir tun es für die Millionen KTM-Fans weltweit, denen wir jeden Tag dankbar sind. Für unsere Rennfahrer, auf die wir verdammt stolz sind. Und für unseren Standort Österreich, dem wir im Herzen tief verbunden sind. KTM bleibt einer der Top-Arbeitgeber in der oberösterreichischen Industrie."
Weitere Insolvenzen innerhalb der KTM-Gruppe
Neben den drei großen Sanierungsverfahren von KTM – KTM AG, KTM Components und KTM Forschungs & Entwicklung – gibt es noch weitere von Schwestergesellschaften (LEADERSNET berichtete). So wurde über die Avocodo GmbH am 7. Jänner 2025 am Landesgericht Linz ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet. Das Unternehmen stellt Software-Dienstleistungen für die KTM-Gruppe zur Verfügung, insbesondere für den Betrieb und die Wartung des weltweiten Händlersystems mit rund 4.000 Händler:innen. Darüber hinaus wurde am selben Tag auch über die Pierer E-Commerce GmbH ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung am Landesgericht Ried eröffnet. Diese Schwestergesellschaft betreibt die Webseiten für Endkund:innen und Händler:innen der KTM-Gruppe.
www.pierermobility.com
www.ktm.com
www.ksv.at
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