Fotos von der Eröffnung
Neue genreübergreifende Schau in der Heidi Horten Collection

"Experiment Expressionismus – Schiele meets Nosferatu" soll einen Bogen zwischen der österreichischen und deutschen Stilrichtung spannen. Im Zentrum stehen die Unterschiede und Berührungspunkte zwischen den beiden Strömungen. Zudem gibt es einen zweiten Schwerpunkt.

Ebenso wie der Impressionismus, der Symbolismus und der Fauvismus ist auch der Expressionismus eine Gegenbewegung gegen die Tendenzen des Naturalismus, weswegen diese Stilrichtung die expressive Ebene gegenüber der ästhetischen und sachlichen aufwertet. In den expressionistischen Bildwerken tritt ein freier Umgang mit Farbe und Form in Erscheinung, Motive werden auf markante Formenelemente reduziert und die traditionelle Perspektive aufgelöst. Den Künstler:innen war es nicht wichtig, wirklichkeitstreue Eindrücke und schöne Formen darzubieten, sie drückten lediglich ihre subjektiven Regungen aus. Um ebendiese Kunstepoche und ihre Ebenen dreht sich nun auch die neue Ausstellung in der Heidi Horten Collection, die unter dem Titel "Experiment Expressionismus – Schiele meets Nosferatu" läuft.

Brücke zwischen österreichischer und deutscher Strömung

Ausgehend vom Bestand der Heidi Horten Collection an Werken des deutschen Expressionismus wurde die Ausstellung von Agnes Husslein-Arco, Rolf H. Johannsen und Roland Fischer-Briand konzipiert. Über 150 Werke, darunter Gemälde, Zeichnungen, Plakate, Filmstills und Filmausschnitte, zeigen die Vielfalt und Vielschichtigkeit der künstlerischen Bewegung. 

"Die Ausstellung in der Heidi Horten Collection widmet sich dem Aufbruch einer kühnen Generation, zeigt die gegenseitigen Einflüsse zwischen Malerei, Film und Fotografie und lässt uns die Emotionen und Sehnsüchte nach einer neuen, authentischen Kunst nacherleben", so Direktorin und Kuratorin Agnes Husslein-Arco. "Ich hoffe, dass der Wunsch vieler expressionistischer Künstler:innen, die Betrachter:innen nicht nur zu verführen, sondern mitzureißen, auch in unserem Haus spürbar wird." Rolf H. Johannsen ergänzt: "In Experiment Expressionismus sind Werke des österreichischen und des deutschen Expressionismus einander gegenübergestellt. Unterschiede und Parallelentwicklungen werden deutlich. Verbindendes Moment ist der Film, das neue künstlerische Medium der Zeit. An ihm wirken österreichische wie deutsche Regisseur:innen, Ausstatter:innen und Schauspieler:innen mit."

Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Fokus

Im Zentrum der Ausstellung stehen die Unterschiede und Berührungspunkte zwischen den beiden Strömungen des Expressionismus in Deutschland und Österreich. Während in Deutschland mit der Gründung der Künstlergruppe "Brücke" im Jahr 1905, vertreten durch Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff, eine ganze Bewegung ins Rollen kam, entwickelte sich der Expressionismus hierzulande zunächst als Phänomen einzelner Künstler:innen. Einer der Bekanntesten von ihnen ist wohl Egon Schiele, dessen Selbstbildnis mit Pfauenweste ein expressives Körperbild und eine psychologische Tiefe verbindet. Ebenso bekannt ist auch Oskar Kokoschka, dessen Werke schon früh emotionale Unmittelbarkeit transportierten. 

Schließlich verbreitete sich die Stilrichtung in den 1920er-Jahren auch in Österreich. Bekannte Künstler:innen dieser Zeit waren unter anderem Herbert Boeckl, der farbintensive Landschaften und Akte schuf und Georg Ehrlich, dessen Gemälde "Der Blinde und der Lahme" eine berührende Metapher für das Nachkriegselend darstellt. Weiters hoben sich auch Irene Hölzer-Weineck und Bettina Bauer-Ehrlich hervor, deren Arbeiten neue Perspektiven auf eine Epoche eröffneten, die oft männlich dominiert gedacht wird. 

Schwerpunkt: Film

Die Ausstellung nimmt ebenso Bezug auf den Film als zweiten Schwerpunkt. Die Kunstform der expressionistischen Filme markierte in den 1920er-Jahren nämlich den Beginn des Horrorgenres und stellt damit einen relevanten Meilenstein in der Entwicklung des Films dar. Im Rahmen dessen wird Friedrich Wilhelm Murnaus Stummfilm "Nosferatu", der 1922 erschien, mit in Österreich bislang nie gezeigten Plakatentwürfen gefeiert. Ebenso wie der Film "Metropolis" aus dem Jahr 1927. Das dystopische Werk von Fritz Lang findet breiten Raum: gezeigt werden nur in seltenen Fällen erhaltene, hinterleuchtete Kinoaushangfolien, die mit futuristischen Stadtlandschaften und der ikonischen Maschinenfrau Maria die Grenzen des Machbaren verschieben.

Neben den genannten und anderen Klassikern, darunter "Das Cabinet des Dr. Caligari" und "Orlac's Hände", zeigt die Ausstellung auch unbekannte Werke wie "Genuine" oder "Der müde Tod". Filme dieser Epoche wurden häufig von Architekten und bildenden Künstlern wie César Klein, Josef Fenneker, Hans Poelzig oder Emil Pirchan ausgestattet. Das heißt, die Übergänge zwischen Filmleinwand und Malerleinwand sind im wörtlichen Sinne fließend. "Die gegenseitige Wechselwirkung zwischen Bildender Kunst und Kino, dem populärsten Leitmedium der Zwischenkriegsjahre, eröffnet bei näherer Betrachtung neue Perspektiven in beiden Gattungen. Der Anteil an kulturellen Wiener Einflüssen von Schiele, Kokoschka über Max Reinhardt zu Filmemachern wie Fritz Lang und Robert Wiene ist nicht zu unterschätzen", so Kurator Roland Fischer-Briand

Motive, Zeitgeist und Kontraste

Ein markantes Motiv, das sich durch Film und Malerei beobachten lässt, ist die Hand. Für Egon Schiele sind Hände etwa "die Wahrheit selbst". In seinen Porträts sind sie fast lauter als der Blick. Auch Werke von Max Oppenheimer, Fritz Schwarz-Waldegg oder Lilian Gaertner thematisieren Hände als Ausdruck innerer Zustände. Der Akt, egal ob männlich oder weiblich, wird zum Träger tieferer, oft existenzieller Aussagen. Auffällig ist dabei, dass anders als in Deutschland dem männlichen (Selbst-) Akt im österreichischen Expressionismus eine bedeutende Rolle zukommt – etwa bei Richard Gerstl oder Egon Schiele.

Die Ausstellung führt aber nicht nur Kunst und Film zusammen, sondern verwebt sie mit der gesellschaftlichen Realität der Zwischenkriegszeit, denn in den Werken spiegeln sich der Erste Weltkrieg, der Zusammenbruch der Monarchie, Armut und Inflation wider, aber auch das exzessive Nachtleben der 1920er-Jahre. Maler:innen wie Alfred Wickenburg, Erika Giovanna Klien oder Bettina Bauer-Ehrlich erzählen somit von Gewalt, Vereinsamung und einer Gesellschaft am Abgrund, zeitgleich aber auch von Hoffnungen, Innovation und kreativer Sprengkraft.

Damit soll die Ausstellung "Experiment Expressionismus – Schiele meets Nosferatu" nicht nur einen kunsthistorischen Querschnitt der Epoche bieten oder eine historische Rückschau darstellen, sondern auch ein intensives Ausstellungserlebnis sein, dass einen Dialog zwischen Kunst und Film, Licht und Schatten sowie zwischen Österreich und Deutschland schafft: Filmszenen flimmern durch den Raum, Schattenbilder erinnern an die unheimlichen Gestalten aus Nosferatu, Porträts begegnen den Besucher:innen auf Augenhöhe. Die Ausstellung wird von einem vielfältigen Rahmenprogramm begleitet – darunter Filmabende mit Live Musikbegleitung, Themenführungen und Performances u. a. der Staatsopernsolistin Rebecca Horner.

Hochkarätige Besucher:innen

Beim Event dabei waren unter anderem "Benimm-Papst" und Tanzschulleiter Thomas Schäfer-Elmayer, Bezirksvorsteher des ersten Wiener Bezirks Markus Figl, Opernsänger Clemens Unterreiner, Model Laura Rabensteiner, Milliarden-Erbin Ingrid Flick, Direktor Technisches Museum Peter Aufreiter, Visagist Gery Keszler, Sängerin Ildiko Raimondi, Geschäftsführer des Bundestheaters Christian Kircher, Juwelierin Beate Schullin, Medizinerin Ania Landesmann, Politiker Josef Ostermayer, Designerin Anelia Peschev, Politikerin Maria Rauch-Kallat, Unternehmensberaterin Christine Zach, Politiker Alexander Schallenberg, Eigentümerin und Geschäftsführerin Hotel Sacher Alexandra Winkler sowie der Direktor des Leopold Museums Hans-Peter Wipplinger und viele mehr. 

Einen Eindruck von der Ausstellung können Sie sich mittels Galerie verschaffen.

www.hortencollection.com

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