HV begrüßt den Schritt
Europäische Kommission eröffnet förmliches Verfahren gegen Temu

| Redaktion 
| 03.11.2024

Brüssel wirft dem Unternehmen vor, gegen das EU-Gesetz für digitale Dienste zu verstoßen. Der Handelsverband begrüßt dieses Vorgehen.

Der Handelsverband Österreich (HV) hat vor einiger Zeit eine Beschwerde gegen Temu bei der österreichischen Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) eingebracht und übermittelte mehrfach Schreiben an die EU-Kommission. Auslöser waren festgestellte Verstöße gegen das Bundesgesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) (LEADERSNET berichtete). Nun hat die Europäische Kommission ein förmliches Verfahren gegen die chinesische QuickCommerce-Plattform eröffnet.

Gegen EU-Gesetz verstoßen

Brüssel wirft dem Unternehmen vor, gegen das EU-Gesetz für digitale Dienste (Digital Services Act) zu verstoßen. Im Speziellen geht es dabei um den Verkauf gefälschter und potenziell gefährlicher Produkte auf der Plattform – etwa Kinderspielzeug, Kleidung und Elektrogeräte.

Der Beschluss am Donnerstag folgt auf eine vorläufige Analyse des von Temu Ende September 2024 vorgelegten Risikobewertungsberichts, der Antworten auf förmliche Auskunftsersuchen der Kommission vom 28. Juni 2024 und 11. Oktober 2024 sowie der von Dritten übermittelten Informationen beinhaltet.

Der Handelsverband hatte in einem Schreiben an EU Exekutiv-Vizepräsidentin Margrethe Vestager sowie in einem gemeinsamen Aufruf der Dachorganisation Ecommerce Europe auf die Problematik hingewiesen und neben einer Sachverhaltsdarstellung auch einen 8-Punkte-Aktionsplan mehr Fair Play im Onlinehandel eingefordert (LEADERSNET berichtete).

"Temu steht für das Gegenteil von Nachhaltigkeit und agiert mutmaßlich unlauter! Diese QuickCommerce-Plattform überzieht unseren Planeten mit einer Müllstraße aus Fakeprodukten, die vielfach mit giftigen Chemikalien belastet sind. Das gefährdet sowohl die Kund:innen in ganz Europa als auch unseren Wohlfahrtsstaat. Daher begrüßen wir das förmliche Verfahren der EU-Kommission gegen Temu ausdrücklich. Es braucht endlich ein Level Playing Field statt dem Digitalen Wilden Westen", sagt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

Temu unterliegt Digital Services Act

Laut dem EU-Gesetz für digitale Dienste müssen große Online-Plattformen wie Amazon oder Shein besondere Sorgfaltspflichten beachten. Auch Temu wurde heuer von der EU-Kommission als sehr große Online-Plattform eingestuft (very large online plattform; VLOP), da die Plattform mehr als 45 Millionen Nutzer:innen in der Europäischen Union verzeichnet. Seit Ende September müssen die entsprechenden Vorschriften eingehalten werden. Bei nachgewiesenen Verstößen kann die EU-Kommission ein Bußgeld von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes verhängen.

Untersuchung der EU-Kommission

Bei der Untersuchung der EU-Kommission geht es konkret um folgende Bereiche:

  • Systeme, über die Temu verfügt, um den Verkauf nicht konformer Produkte in der Europäischen Union einzuschränken. Hier geht es insbesondere um die Bekämpfung von Produktpiraterie und um fehlende Sicherheitskennzeichnungen.
  • Risiken im Zusammenhang mit der suchterzeugenden Gestaltung des Dienstes, einschließlich spielähnlicher Belohnungsprogramme, welche Temu gezielt nutzt, um den Verkauf anzukurbeln. Diese mutmaßlich gesetzeswidrigen Praktiken bilden auch die Grundlage für die UWG-Beschwerde des Österreichischen Handelsverbandes gegen Temu bei der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB). Die Ermittlungen auf nationaler Ebene laufen derzeit.
  • Einhaltung der DSA-Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Art und Weise, wie Temu den User:innen Inhalte und Produkte empfiehlt.

"Wir rechnen damit, dass Fernost-Plattformen wie Temu und Shein heuer rund eine Milliarde Euro an Kaufkraft aus Österreich abziehen. Ermöglicht wird dieses massive Wachstum auch durch das Vollzugsdefizit auf EU-Ebene. Während sich europäische Einzelhändler an immer mehr Vorschriften zu halten haben, tun das die neuen Online-Plattformen aus Fernost nicht. Solange die europäischen Behörden die Einhaltung bestehender Vorschriften nicht sicherstellen können, sollte auch die europäische Wirtschaft nicht durch weitere, extrem komplizierte Regelungen belastet werden", so Rainer Will abschließend.

www.handelsverband.at

www.commission.europa.eu

www.temu.com

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