Bei der Greiner AG ging es in den letzten Monaten etwas turbulent zu. So kam es zu einer Neuausrichtung der Gruppenstrategie und aufgrund des Abgangs von Axel Kühner musste sich der Kunststoff- und Schaumstoffspezialist um eine:n neue:n CEO umsehen. Die erfolgreiche Suche endete mit einem ziemlichen Coup. So wurde Mitte Jänner verkündet, dass die BASF-Managerin Saori Dubourg neue Vorstandsvorsitzende wird (LEADERSNET berichtete). Mit der Top-Managerin steht nun erstmals eine Frau an der Spitze des Familienunternehmens. Für sie war die Veröffentlichung des integrierten Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichts 2023 am 7. Mai in Wien also eine Premiere. Die Zahlen wurden von Dubourg gemeinsam mit Hannes Moser, Finanzvorstand (CFO) und Manfred Stanek, Chief Operating Officer (COO), präsentiert.
"Nothing beats Ambition"
Der Umsatz der Unternehmensgruppe mit insgesamt 10.544 Mitarbeiter:innen belief sich im Geschäftsjahr 2023 auf 2,1 Milliarden Euro, nach zuletzt 2,3 Milliarden Euro im Vorjahr. Trotz des aktuell schwierigen Marktumfelds würden die Ambitionen bei Greiner unverändert hochbleiben, hieß es bei der Präsentation. Daher lautet das Motto des integrierten Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichts 2023 "Nothing beats Ambition".
"Auch wenn das Marktumfeld herausfordernd ist, bleiben die Ambitionen bei Greiner unverändert hoch: Wir wollen Wert schaffen. Unser Ziel ist es, den Umbau zu einem zirkulären, nachhaltigen Global Player kontinuierlich fortzusetzen", erklärt dazu die neue CEO und Vorstandsvorsitzende.
Am Transformationskurs werde nicht gerüttelt
Die Umsätze seien demnach in allen drei Sparten Greiner Packaging, Neveon und Greiner Bio-One hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Dennoch werde das international tätige Unternehmen an seinem Transformationskurs festhalten. In den kommenden Monaten liege der Fokus noch stärker auf der Wert- und Ergebnissteigerung sowie der Schaffung von Mehrwert durch Innovationen, so die Greiner AG.
Die Hauptgründe für die Umsatzrückgänge waren laut eigenen Angaben Nachfrageeinbrüche in nahezu allen Märkten, in denen Greiner tätig ist. Zusätzlich waren auch die Produktions- sowie die hohen Zinskosten herausfordernd. "Trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage haben wir insgesamt 138 Millionen Euro investiert und an unserem ambitionierten Nachhaltigkeitskurs festgehalten. Zudem haben wir es geschafft, durch gesteigerte Effizienz, Umstrukturierungen und Kosteneinsparungen einen Großteil der negativen Rahmenbedingungen abzufedern", erklärte Hannes Moser.
2023 lag das eingesetzte Investitionsvolumen bei insgesamt 138 Millionen Euro, was 6,5 Prozent des Umsatzes entspreche. Der Großteil der Mittel wurde demnach in Europa (80,1 Prozent) investiert, gefolgt von USA (8 Prozent), Asien (7,9 Prozent) und Südamerika (3,6 Prozent). Fast die Hälfte der Investitionen – nämlich 56 von 138 Millionen Euro – wurde in Österreich getätigt, so Greiner.
Entwicklung der Sparten
Manfred Stanek sagte: "So schwierig das vergangene Jahr für alle Sparten war, hat es auch gezeigt, dass uns die Größe und Diversität als Unternehmensgruppe insgesamt resilienter macht und Sicherheit verschafft." Das stärkste Wachstum verzeichnet man derzeit auf den Märkten USA, Kanada und Mexiko. Dennoch bekennt sich das Unternehmen ganz klar zu Österreich und zu Europa. Unser Kontinent werde auch in Zukunft der Kernmarkt bleiben.
Das Verpackungsgeschäft von Greiner Packaging habe im schwierigen Geschäftsjahr 2023 hohe Resilienz bewiesen. Insgesamt erzielte die Sparte mit 30 Standorten und 4.892 Beschäftigen einen Umsatz von 845 Millionen Euro (-7 Prozent gegenüber 2022). Der Gesamtmarkt sei deutlich stärker geschrumpft. Und auch die Erklärung für den Rückgang klingt schlüssig: Konsument:innen griffen aufgrund der hohen Inflation häufiger zu Private Label Produkten und die Premium-Produkte von Greiner Packaging wurden weniger nachgefragt. Die Business Unit Greiner Assistec, die auf die Produktion von technischen Teilen aus Kunststoff spezialisiert ist, hat 2023 hohe Nachfragerückgänge verzeichnet. Das sei auf die gesunkene Nachfrage bei wesentlichen Kund:innen, etwa aus der Werkzeugindustrie, zurückzuführen.
Die Schaumstoff-Sparte Neveon erzielte einen Gesamtumsatz von 641 Millionen Euro (-12,5 Prozent), mit 2.800 Mitarbeiter:innen an 55 Standorten weltweit. Vor allem in der Schaumstoffproduktion für Matratzen und Polstermöbel sei es zu einem drastischen Volumenrückgang gekommen, der auf die Inflation, aber auch auf den Corona-Vorzieheffekt zurückzuführen sei. Zufriedenstellende Entwicklungen verzeichnete Greiner zufolge das Marktsegment Aviation, also der Bereich der Schaumstoffe für Flugzeugsitze. Bei Neveon stand im Vorjahr zudem eine strategische Veränderung an. Greiner hat das Fertigprodukt-Automotive-Geschäft Perfoam mit Ende 2023 an die französische Trèves-Gruppe verkauft (LEADERSNET berichtete).
Herausfordernd verlief das Jahr auch für die Medizinprodukte-Sparte Greiner Bio-One, an deren Spitze seit 1. Februar 2024 Ilke Panzer, die als neue CEO auf Manfred Stanek folgte, steht. Die Nachfrage nach den Produkten der Business Unit Preanalytics war nach wie vor gering, da Krankenhäuser, Labore und Kliniken noch über gut gefüllte Lagerstände verfügten. Zudem hätten große Pharmafirmen und Forschungseinrichtungen ihre Projekte verschoben oder gestrichen – sie hatten daher weniger Bedarf an Verbrauchsmaterialien aus der Business Unit BioScience. Insgesamt verzeichnete Greiner Bio-One mit 29 Standorten und 2.659 Mitarbeiter:innen einen Umsatz von 637 Millionen Euro (-8,1 Prozent). Auch hier bekennt sich Greiner ganz klar zum Standort Österreich. Im Sommer 2024 soll das neue Sterilisationswerk in Kremsmünster, in das rund 20 Millionen Euro investiert werden, eröffnen.
Weichenstellungen im vergangenen Geschäftsjahr
Im vergangenen Geschäftsjahr kam es auch zu einer Neuausrichtung der Gruppenstrategie bis 2028. Bei dieser möchte Greiner noch stärker auf den Zusammenhalt als Gruppe setzen, um Synergien zu heben und die Performance zu steigern. Sie basiert auf nun vier Säulen: Globalisierung, Diversifikation, Innovation und Nachhaltigkeit. Damit ist laut Greiner Nachhaltigkeit auch offiziell auf der obersten strategischen Ebene im Unternehmen verankert.
Der Start-up Hub und Corporate Business Angel Greiner Innoventures wurde ebenfalls strategisch neu ausgerichtet. In Zukunft soll er sich noch stärker auf kreislauffähige Geschäftsmodelle und damit verbundene Fragestellungen der Sparten und Kund:innen fokussieren.
Nachhaltige Transformation im Sinne der Kreislaufwirtschaft
Weiters wurde verlautbart, dass Greiner 2023 an seiner Nachhaltigkeitsstrategie "Blue Plan" festgehalten und dabei mehrere Meilensteine erreicht habe. So verfügt die Gruppe als eines von etwa 40 österreichischen Unternehmen über Science Based Targets. Diese wissenschaftsbasierten Klimaziele wurden von der unabhängigen Science Based Targets Initiative bestätigt und sollen nachweislich dazu beitragen, die Erderwärmung einzudämmen. Das Kunststoffunternehmen verfolgt weiterhin das Ziel, bis 2030 ein vollständig zirkuläres Unternehmen zu werden. Erreicht werden soll das durch den vermehrten Einsatz von Recyclingmaterialien sowie die Entwicklung von mehrwegfähigen Produkten und den generellen ressourcensparenden Umgang entlang der Wertschöpfungskette. Besonders stolz zeigte man sich über die Gold-Auszeichnung beim EcoVadis-Rating sowie das vorzeitige Erreichen des CDP A-Ratings. Zudem werden die eigenen Standorte laufend mit weiteren Photovoltaik-Anlagen bestückt.
Als Arbeitgeber hat Greiner im Rahmen des Blue Plan ebenfalls einiges vor: Dazu zählt zum Beispiel die Erhöhung der Weiterbildungsstunden auf 16 pro Jahr und Mitarbeiter:in bis zum Jahr 2025 - aktuell sind es bereits 15 Stunden. Zudem soll im Sommer 2024 an den 40 größten Standorten eine Weiterbildungsinitiative für die Themen Diversität, Chancengleichheit und Inklusion starten.
Ausblick
Für 2024 erwartet Greiner weiterhin ein herausforderndes Marktumfeld mit steigenden Kosten und volatiler Nachfrage. Ziel sei es, den Transformationskurs fortzusetzen und dabei eine ausgewogene Balance zwischen wirtschaftlicher Performance, Wachstum und Nachhaltigkeit zu halten. Damit soll das Unternehmen auch auf lange Sicht auf Erfolgskurs bleiben. Als Familienunternehmen denke man schließlich in Generationen.
Abschließend kann festgehalten werden, dass während der Präsentation klar hervorging, dass Greiner weg vom Image des "bösen Kunststoffproduzenten" hin zum Lösungsanbieter für das Erreichen der Klimaziele will. Dank ambitionierten Nachhaltigkeitszielen, Produktinnovationen und dem starken Fokus auf Rezyklate kann dieses ambitionierte Vorhaben durchaus gelingen.
www.greiner.com
www.neveon.com
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