Die Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und Neos befinden sich im Endspurt. Über die Ressortaufteilung und die Inhalte sollen sich die Parteien bereits geeinigt haben. Nun müssen sie noch intern klären, wer die jeweiligen Ministerien und Staatssekretariate besetzen wird. Während es diesbezüglich bei ÖVP und Neos keinen Klärungsbedarf geben soll, dürfte es bei der SPÖ hinter den Kulissen heiß hergehen. Denn Parteichef Andreas Babler hat offenbar andere Vorstellungen als der mächtige Wiener Bürgermeister Michael Ludwig.
Vor allem im Finanzministerium, das in der neuen Regierung zur SPÖ wandert, hat sich dem Vernehmen nach ein intensiver Wettstreit entwickelt. Dieses gilt als eines der wichtigsten Ressorts in der kommenden Dreier-Koalition, da es eine zentrale Rolle bei der Konsolidierung des Milliardenbudgets spielen wird. Andreas Babler strebt stark danach, seine enge Vertraute, die Salzburger Nationalratsabgeordnete Michaela Schmidt, als neue Finanzministerin zu installieren. Doch diese Idee soll in großen Teilen der Partei auf Skepsis stoßen. Gründe dafür seien ihre mangelnde Erfahrung in der Privatwirtschaft und keinerlei internationale Verbindungen. Auch Bablers Vorschlag von ÖBB-Vorständin Silvia Angelo stieß offenbar auf wenig Gegenliebe. Die Wiener SPÖ soll zunächst den SK-Rapid-Präsidenten und ehemaligen ORF-Chef Alexander Wrabetz favorisiert haben, doch dieser sei für Babler ein rotes Tuch.
Wirbel um Peter Hanke
In der SPÖ-Präsidiumssitzung am Dienstagabend, die eigentlich auf eine Stunde angesetzt war, dann aber aufgrund des großen Klärungsbedarfs länger als drei Stunden dauerte, soll sich Michael Ludwig stark für Wiens Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke als Finanzminister ausgesprochen haben. Vor einigen Wochen hatte sich Hanke noch gegen einen Wechsel in den Bund gesträubt. Laut einem Bericht der Presse soll es mittlerweile sogar fix sein, dass Hanke in der künftigen Koalition Finanzminister wird. Das wurde der Tageszeitung am Mittwoch laut eigenen Angaben bestätigt. Laut anderen Berichten soll Babler hingegen dem Partei-Vorstand am Freitag vorschlagen, dass Hanke neuer Verkehrsminister werden soll und doch der Parteichef den:die neue Finanzminister:in bestimmt. Am Mittwochnachmittag berichtete dann der Kurier, dass Hanke einen Wechsel in die Bundespolitik ausschließe. Er stehe nicht zur Verfügung und lasse sich auch nicht umstimmen, schreibt die Tageszeitung. Das wurde kurze Zeit später jedoch von Hankes Büro dementiert. Der Stadtrat selbst sagte, dass er mit seinen Aufgaben in Wien gut ausgelastet sei und es zu einem möglichen Wechsel in die Bundesregierung noch keine Entscheidung gebe.
Für den Posten des Finanzministers würde Peter Hanke jedenfalls alle nötigen Qualifikationen mitbringen. So hat er als Finanzstadtrat jahrelange Erfahrung in der komplexen Erstellung von Budgets gesammelt und ist darüber hinaus mit den Interessen der Länder sowie dem Finanzausgleich bestens vertraut. Auch Ludwig hob laut der Presse seine "langjährige finanzpolitische Erfahrung" hervor. Zudem pflegt Hanke enge Kontakte zur Wirtschaft und kann auf eine eigene Karriere in der Privatwirtschaft zurückblicken, unter anderem als Vorstand der Wien Holding. Ein weiterer großer Pluspunkt von Peter Hanke ist, dass ihn sowohl die Gewerkschaft unter ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian als auch die Wirtschaftskammer unter WKO-Präsident Harald Mahrer unterstützt.
Zeitplan
Wer also tatsächlich Österreichs nächster Finanzminister wird und in die Fußstapfen von Gunter Mayr tritt, entscheidet sich wahrscheinlich am Freitag. Denn da stimmt der SPÖ-Vorstand über das Personalpaket ab. Dann könnte die Dreier-Koalition nur noch am Entscheid der Neos-Basis (rund 3.000 Mitglieder) scheitern. Diese stimmt am Sonntag über das von Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger ausgehandelte Regierungsprogramm ab. Für eine Zustimmung braucht sie eine Zweidrittel-Mehrheit. Das Regierungsprogramm wollen die drei Parteien bereits am Donnerstag (27. November) vorstellen.
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