Auch 2025 ebben die Diskussionen rund um das Thema Geschlechtergerechtigkeit nicht ab. Wie sollten sie auch? Existiert doch so etwas wie der Gender Pay Gap, der Gender Spar Gap (LEADERSNET berichtete), der Gender Care Cap oder der Gender Health Gap (LEADERSNET berichtete), die einmal mehr deutlich zeigen, dass Frauen hierzulande noch immer unter den patriarchalen Strukturen leiden und in vielen Bereichen des Lebens benachteiligt werden. Insbesondere der Gender Pay Gap zeigt sich in Österreich deutlich. Laut aktuellen Zahlen verdienen Frauen aktuell im Jahr im Schnitt 12,5 Prozent weniger als Männer – und das trotz gleicher Leistung. In Zahlen sind das jährlich bis zu 20.000 Euro Unterschied. Von Fairness kann also hier keine Rede sein.
Das unterstreicht auch eine neue Studie von PwC, die sich mit dem Equal Pay Day beschäftigt hat, also dem Datum, das anzeigt, wie viele Tage Frauen im Durchschnitt zusätzlich arbeiten müssten, um das durchschnittliche Gehalt von Männern zu erreichen. Der Equal Pay Day am 13. Februar markiert heuer wieder den Zeitpunkt, bis zu dem Frauen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen "gratis" arbeiten. Errechnet wird das Datum, indem man die Einkommen von ganzjährig beschäftigten Frauen und Männern miteinander misst. Durchschnittlich ergeben sich so 44 Tage "gratis" Arbeit – und das zusätzlich zur ohnehin schon nicht entlohnten Care-Arbeit, die ebenfalls zum Großteil von Frauen übernommen wird. Denn Haushalt, Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen und vieles mehr sind Aufgaben, denen sich Frauen hierzulande am Tag durchschnittlich vier Stunden und 15 Minuten lang widmen, ohne auch nur einen Cent dafür zu sehen.
Patriarchales Privileg
Wie wenig allerdings Männer in Österreich ihre Privilegien hinterfragen, sieht man wieder an der Studie von PwC, laut der jeder zweite Mann den Gender Pay Gap für kein richtiges Problem hält. Die Hälfte der befragten Männer sieht also keine Diskriminierung darin, wenn eine Frau aufgrund ihres Geschlechts weniger gezahlt bekommt. Mehr noch: fast jeder zehnte Mann gibt an, dass der Gender Pay Gap gar nicht existiere und 52 Prozent von ihnen finden zudem die Medienberichterstattung zum Thema übertrieben. Im Gegensatz zu Frauen: von ihnen halten 66 Prozent die unterschiedliche Bezahlung für problematisch und nur 28 Prozent blicken skeptisch auf die Berichterstattung.
"Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Wahrnehmung des Gender Pay Gaps stark nach Geschlecht variiert. Während Frauen überwiegend das Problem sehen, begegnen Männer der Debatte oft mit Skepsis. Daher ist faktenbasierte Aufklärung essenziell, um eine sachliche und zielführende Diskussion über Gehaltsfairness zu ermöglichen und deutliche Verbesserungen in den nächsten Jahren in der heimischen Wirtschaft voranzutreiben", so Johanna Schaller, Workforce-Expertin bei PwC Österreich.
Verbesserungen erwünscht
Doch die Erhebung zeigt ebenfalls, dass sich drei Viertel der Befragten einig sind, dass es zu wenig Aufklärung darüber gibt, warum Frauen im Durchschnitt weniger verdienen als Männer. Acht von zehn Frauen wünschen sich sogar mehr Wissen zu dem Thema (81 Prozent). Allerdings geht die Gleichstellung von Löhnen und Gehältern viel zu langsam voran - 69 Prozent der Studienteilnehmenden haben sogar das Gefühl, dass sie gar keine Verbesserung der Situation zwischen Frauen und Männern sehen.
Erschwerend kommt hinzu, dass mehr als ein Viertel der Österreicher:innen Frauen selbst die Schuld an der ungleichen Bezahlung gibt. So wird ihnen nachgesagt, ihre Gehaltsvorstellungen zu zaghaft zu kommunizieren. Dass es sich dabei um eine falsche Behauptung handelt, zeigt unter anderem eine Untersuchung der University of Wisconsin und der University of Warwick and Cass Business School, laut der Frauen und Männer gleich verhandeln. Diese verdeutlicht also, dass es sich bei der ungleichen Bezahlung sehr wohl um eine strukturelle Benachteiligung handelt. Gleichzeitig empfinden drei von vier Männern (75 Prozent) ihr eigenes Gehalt als leistungsgerecht, während nur zwei von drei Frauen (67 Prozent) diese Meinung teilen.
Ein weiteres Problem ist die Transparenz. Obwohl Frauen offener über ihr Einkommen sprechen als Männer (60 vs. 56 Prozent), haben sie weniger Einblicke in die tatsächlichen Gehälter. Zum Vergleich: 58 Prozent der Männer wissen, was ihre Kolleg:innen in vergleichbaren Positionen verdienen. Bei Frauen sind es 51 Prozent. Dieses Informationsdefizit verstärke laut PwC das Gefühl der Ungerechtigkeit. So sind 59 Prozent der Frauen und 47 Prozent der Männer überzeugt, dass Männer in ihrer Branche besser bezahlt werden. 54 Prozent der Befragten erwarten daher mehr Transparenz von Unternehmen in puncto Gehälter.
Altersunterschiede
Die PwC-Studie macht aber auch Generationsunterschiede deutlich. So schreibt die Gen Z ihre eigenen Regeln – auch wenn es um faire Bezahlung geht. 69 Prozent der jüngeren Studienteilnehmenden gaben an, offen über ihre Gehälter zu sprechen. Damit schaffen sie neue Standards für mehr Transparenz am Arbeitsplatz, sodass 63 Prozent der Gen Z wissen, was ihre Kolleg:innen in ähnlichen Positionen verdienen.
"Der Gender Pay Gap hat viele Ursachen, aber eine wichtige Lösung: Transparenz. Die Gen Z macht es vor. Das ist der richtige Weg, denn nur wer die Gehälter kennt, kann auch faire Bezahlung einfordern. Während die Politik bereits an der Umsetzung der EU-Entgelttransparenz-Richtlinie in nationales Recht arbeitet, sind auch die Unternehmen gefordert, durch transparente Gehaltsstrukturen und Gleichstellungsmaßnahmen aktiv gegenzusteuern", so Schaller.
Doch noch ist die Hoffnung auf Besserung nicht verloren, denn laut Studie zeige sich trotz Skepsis eine wachsende Offenheit für Lohngerechtigkeit in der Arbeitswelt. So wäre knapp jede:r Vierte (21 Prozent) bereit, auf einen Teil des eigenen Gehalts zu verzichten, wenn dadurch mehr Gehaltsfairness in Unternehmen erreicht wird. Bei Männern, die aktuell mehr verdienen, sind dafür 27 Prozent offen und bei Frauen, die ohnehin schon unentgeltlich Arbeit leisten, sind es 21 Prozent. Doch vor allem die junge Generation der 14- bis 19-Jährigen geht hier mit einem guten Beispiel voran: Drei Viertel (74 Prozent) von ihnen würden für mehr Fairness auf einen Teil ihres Gehalts verzichten. Es ist also zu hoffen, dass der Weg zur weltweiten Geschlechterparität kürzer wird und nicht, wie aus einem Bericht des Weltwirtschaftsforums hervorgeht, noch 134 Jahre dauert.
Durchgeführt wurde die repräsentative Studie unter 1.000 Österreicher:innen.
www.pwc.at
Durchschnittlich pro Woche geleistete Arbeitsstunden nach Vollzeit/Teilzeit und Geschlecht 2023 – in Stunden:
Erwerbstätige zusammen 30,0
Männer 33,2
Frauen 26,2
Teilzeiterwerbstätige zusammen 18,4
Männer 17,3
Frauen 18,7
Vollzeiterwerbstätige zusammen 35,1
Männer 35,7
Frauen 33,9
Q: STATISTIK AUSTRIA, Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung 2023. Erstellt am 18.03.2024. – Nach internationalem Konzept (ILO). – Vollzeit/Teilzeit beruht auf Selbstzuordnung.
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