Sieben Punkte
Online-Vermarkterkreis formulierte Forderungskatalog an europäische Politik

Die Worte richten sich an politische Entscheidungsträger:innen auf nationaler und europäischer Ebene. Ziel ist es, gemeinsames Verständnis für dringende Maßnahmen zu schaffen.

Kürzlich lud die Interessenvertretung der heimischen Digital-Publisher:innen und Vermarkter:innen zu einem Get-together in das Wiener "Sneak In", um in dessen Rahmen ihren formulierten Forderungskatalog vorzustellen. Vor dem Hintergrund der politischen Neuerungen auf europäischer und österreichischer Ebene werden im Positionspapier Forderungen konkretisiert, bestehende Urteile analysiert und Zusammenhänge aus der Sicht der Medienschaffenden sowie deren Vermarkter:innen verständlich erklärt. 

Ein Punkt ist dabei auch die dominierende Übermacht der globalen Technologiekonzerne, die zunehmend zu einem Problem für das europäische Medien-Ökosystem wird und heimische Publisher:innen sowie Vermarkter:innen massiv unter Druck setzt. Allein in Österreich fließen über 80 Prozent der digitalen Werbeausgaben an globale Tech-Firmen ab. Dadurch geraten sowohl Forschung als auch Entwicklung und der unabhängige Journalismus an die Grenzen der Finanzierbarkeit. 

"Wir sind nicht nur mit einem wirtschaftlichen, sondern auch mit einem demokratiepolitischen Problem konfrontiert. Die Kontrolle der Informationsflüsse durch wenige große Unternehmen bedroht die Meinungsfreiheit und -pluralität und öffnet Tür und Tor zur Manipulation öffentlicher Diskurse", warnt Eugen Schmidt (AboutMedia), Leiter des Online-Vermarkterkreises des iab austria.

Gemeinsame Positionierung 

Der Forderungskatalog versteht sich dabei nicht als nationaler Appell, sondern als Einladung an andere Branchenverbände und Interessenvertretungen in den EU-Staaten mit vergleichbaren Marktsituationen, sich dem österreichischen Vorstoß anzuschließen und so gemeinsam eine starke Position gegenüber der europäischen Politik und den nationalen Parlamenten zu vertreten. Die ersten Gespräche mit europäischen Partnern sind bereits im Gange. 

Dabei adressiert das Positionspapier bewusst nicht nur Medienpolitiker:innen, sondern schafft auf breiter Basis Bewusstsein für die aktuellen Bedrohungen der Medienlandschaft durch globale Technologieunternehmen und die damit verbundenen Folgen für die Gesamtwirtschaft. Der Forderungskatalog führt dafür sieben konkrete Beispiele an, um so die einzelnen Ansprüche auch durch aktuelle Prozesse und Klagen zu untermauern und rechtliche Aspekte praxisnah zu verdeutlichen. 

"Die Diskussion über den Umgang mit den global agierenden Tech-Giganten darf nicht auf den Medienmarkt beschränkt bleiben. Weite Teile der Wirtschaft sind direkt oder indirekt von einem vielfältigen und funktionierenden europäischen und nationalen Medien-Ökosystem abhängig, das selbst wiederum Arbeitsplätze schafft und Wertschöpfung leistet", führt Schmidt aus.

Die sieben Forderungen im Detail

1. Die Forderung der Entflechtung der digitalen Plattformen und eine Trennung von Inhaltsangeboten und Anbietern von Werbetechnologien, um die Marktmacht der Technologieanbieter zu reduzieren und den freien sowie demokratischen Zugang zu Inhalten zu gewährleisten. 

2. Damit die Freiheit der Navigation im Internet sichergestellt werden kann, fordert der Online-Vermarkterkreis, Technologieunternehmen zu verpflichten, Links auf externe Browser uneingeschränkt zuzulassen, um User:innen eine Wahlfreiheit zu ermöglichen. So soll das Nutzererlebnis verbessert und die Informationsfreiheit gestärkt werden. 

3. Durch die "Walled Gardens" der globalen Technologieanbieter wird der Austausch zwischen den Inhalten und Daten zwischen verschiedenen Plattformen nahezu unmöglich gemacht. Die technischen Barrieren resultieren in Marktkonzentration und ungleichem Wettbewerb. Durch Standards für nahtlose Interoperabilität für den Austausch von Inhalten und Diensten sollen kleinere Anbieter gestärkt und so Innovation gefördert werden. Zudem haben User:innen die freie Wahl ihrer bevorzugten Dienste, ohne an die geschlossenen Strukturen eines Anbieters gebunden zu sein.

4. Eine Verschärfung des europäischen Wettbewerbsrechts. Marktanteile einzelner globaler Plattformen sollen auf eine Obergrenze von 30 Prozent limitiert werden. Dadurch soll die Meinungsvielfalt gefördert werden und Marktdominanz verhindert. Die Berechnung des Marktanteils soll anhand der Gesamtanzahl der aktiven User:innen, der Gesamtdatenmenge und von Umsatzzahlen ermittelt werden. 

5. Digital Services Act soll an bestimmten Stellen ausgeweitet werden. Er verpflichtet bereits in seiner aktuellen Fassung Plattformen und Dienstanbieter, aktiv Maßnahmen gegen Hassrede, Terrorismus, Kinderpornografie und andere illegale Inhalte zu ergreifen. Darüber hinaus soll die kommerzielle Nutzung illegaler Inhalte unter stärkere Strafen gestellt und härtere Sanktionen bei Verstößen ergriffen werden. Die Mittel aus Strafzahlungen sollen zweckgebunden in die Förderung der Digitalwirtschaft zurückfließen, um seriöse Anbieter zu unterstützen und die Verbreitung illegaler Inhalte weiter einzudämmen.

6. Plattformen sollen verpflichtend die Funktionsweise ihrer Algorithmen offenlegen und deren User:innen umfassend und verständlich über die Verwendung ihrer Daten informieren.

7. Die Förderung dezentraler Netzwerke und Technologien, um die Unabhängigkeit und Resilienz des Internets zu stärken.

Stimmen aus der Branche

An der Podiumsdiskussion beteiligt waren Christoph Gabriel (Media Markt) und Thomas Peruzzi sowie  Maresa Wolkenstein (COPE). Sie tauschten sich über die Notwendigkeit der Forderungen aus, um den Digitalmarkt für Inhaltsschöpfer:innen und alle Akteur:innen zukunftssicher und attraktiv zu halten sowie durch klare Regulierungen Wachstum und nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen. 

Der Online-Vermarkterkreis des iab austria engagiert sich darüber hinaus auch in nationalen und internationalen Gremien für die Weiterentwicklung der Branche. Leiter des OVK im iab austria ist Eugen Schmidt, Geschäftsführer von AboutMedia. Teilnehmer am OVK Austria sind Michael Buchbinder (ProSiebenSat.1 PULS 4), Elisabeth Frank (IP Österreich), Pierre Greber (COPE Content Performance), Martin Kaindel (Manstein Zeitschriftenverlag), Alexander Leitner (Goldbach Austria), Bernd Platzer (Purpur Media), Maximilian Pruscha (YOC), Michael Prüwasser (Der Standard), Matthias Seiringer (ORF-Enterprise) und Christopher Sima (Krone Multimedia).

www.iab-austria.at/ovk

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