Durch das Fortschreiten des Klimawandels wird es immer wichtiger, Klimarisiken richtig abzuschätzen. Einerseits sind damit akute Risiken durch häufigere Extremwetterereignisse gemeint, andererseits die chronischen Auswirkungen steigender Temperaturen und die damit einhergehenden Probleme.
Klimarisiken spielen aber auch eine wichtige Rolle bei der Bewertung von Unternehmen. Investor:innen müssen wissen, ob Firmen für die Zukunft mit höheren Temperaturen und mehr Extremwettereignissen gewappnet sind. "Das Problem ist, dass die Bewertung von Klimarisiken auf kommerziellen Methoden beruht, die nicht transparent sind und sich schwer reproduzieren lassen", sagt Giacomo Bressan vom WU Institute for Ecological Economics und fügt hinzu: "Bei weltweit tätigen Unternehmen kommt hinzu, dass die Produktionsstandorte oft in ganz anderen Weltgegenden sind als die Firmenzentrale – doch je nach Ort, können die Risiken sich stark unterscheiden."
Was kosten Klimarisiken wirklich?
Giacomo Bressan und Irene Monasterolo haben, um diese Forschungslücke zu schließen, gemeinsam mit Wissenschaftler:innen von der Universität Utrecht, der Universität Zürich und der Ca' Foscari Universität Venedig eine neue Methodologie entwickelt, um die Klimarisiken von Unternehmen einzuschätzen.
Die Ergebnisse haben sie vor kurzem in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht. "Im Unterschied zu anderen Methoden setzt unsere Analyse bei den exakten Betriebsstandorten eines Unternehmens an – auch wenn sie weltweit verteilt sind – und bringt sie in Verbindung mit den Klimafolgen, die für genau diese Standorte prognostiziert werden", so Co-Autorin Irene Monasterolo von der Universität Utrecht, die derzeit als Gastforscherin an der WU tätig ist.
Die Forscher:innen können dadurch das finanzielle Risiko durch den Klimawandel weit genauer abschätzen als bisher. Die Studie zeigt, dass die Verluste für Anleger:innen um bis zu 70 Prozent unterschätzt werden, wenn die Analyse auf Ebene der Betriebsstandorte unterbleibt – und sogar um bis zu 82 Prozent, wenn akute Extremereignisse nicht einberechnet werden.
Mexiko als Musterbeispiel
Bei der Entwicklung der Methodologie nimmt Mexiko eine ganz besondere Rolle ein. Um ihre Methodologie auszuarbeiten, haben sich die Forscher:innen auf Mexiko als Beispielland konzentriert: "Mexiko war für uns einerseits interessant, weil es dort viele Direktinvestitionen und Produktionsstandorte von europäischen Unternehmen gibt", sagt Irene Monasterolo und ergänzt: "Andererseits gibt es viele Risiken durch den Klimawandel, etwa durch die steigende Anzahl von tropischen Zyklonen."
Dabei haben Monasterolo und ihre Kolleg:innen die neue Methode auf 177 Unternehmen angewandt, die 1.820 Betriebsstandorte in Mexiko unterhalten. Berücksichtigt wurde dabei auch, um welche Arten von Standorten es sich handelt. In einem Dienstleistungsunternehmen werden durch einen Sturm wahrscheinlich weniger Betriebsmittel zerstört als in einem Kraftwerk oder einem Agrarbetrieb.
In Mexiko kann je nach genauer Lage das Risiko, einen tropischen Sturm zu erleben, deutlich variieren. Vor diesem Hintergrund haben die Forscher:innen die genaue geografische Position jedes Betriebsstandorts mit historischen und prognostizierten Daten zu tropischen Zyklonen verglichen. Am Beispiel von Mexiko konnten sie so zeigen, dass diese Methodologie sehr genaue Ergebnisse liefert und unwahrscheinliche, aber auf lange Zeit erwartbare Extremereignisse abdeckt.
"Diese Methode lässt sich nun auf die unterschiedlichsten Weltregionen anwenden und liefert robustere Ergebnisse als bisherige Analysen", sagt Co-Autor Giacomo Bressan abschließend.
www.wu.ac.at
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