"Schaden des Monats"
Wenn WhatsApp-Nachrichten vor Gericht führen

| Redaktion 
| 27.05.2024

In der Serie "Schaden des Monats" gibt es Einblicke in spannende Fälle eines Spezialversicherers. Diese könnten jede:n treffen, vielleicht ist man aber nicht ausreichend abgesichert. Im vierten Fall geht es um eine Kaskoversicherung und das Risiko, dass bei dem Informationsaustausch mit den neuen Medien entstehen kann. 

Auch im vierten Teil der Serie "Schaden des Monats" (hier geht es zu Teil 1, Teil 2 und Teil 3) erhalten die Leser:innen Einblicke in einen spannenden Fall des Spezialversicherers Allcura Versicherungsaktiengesellschaft. Derartige Fälle könnten jede:n einmal selbst treffen und bei denen trotzdem vielleicht nicht jede:r schon ausreichend abgesichert ist.

Fall 4

In so gut wie allen Berufsgruppen lässt sich der Fortschritt für den Informationsaustausch nicht aufhalten. Immer häufiger wird statt eines Briefes, nur noch eine Mail, manchmal sogar nur noch eine SMS oder WhatsApp geschickt. Persönliche Treffen und Besprechungen werden durch Online-Meetings und Telefonate ersetzt. All das birgt Risiken, die am Ende auch bei der Aufarbeitung von Schadenfällen von Bedeutung sein können. So auch im neuen Schaden des Monats:

Der potenzielle Anspruchsteller, Herr A., hat unseren Versicherungsnehmer, Herrn M., im Februar 2021 per WhatsApp kontaktiert und wollte Angebote für die Versicherung eines Fahrzeuges mit einer Kaskoversicherung in den Varianten Voll- und Teilkasko. Im Rahmen dieses Austausches (weiter über Cat und Telefon) wurden dem Kunden die jeweiligen Vor- & Nachteile erläutert. Im Anschluss an diese Informationen entschied sich Herr A. für die kostengünstige Teilkasko und schloss den Versicherungsvertrag kurze Zeit später auch ab. Die hierfür relevanten Informationen stellte Herr M seinem Kunden als E-Mail zur Verfügung.

Im Dezember 2022 hatte Herr A. einen Verkehrsunfall, dabei hat er einen Totalschaden erlitten und trug nun vor, dass er statt der abgeschlossenen Teilkasko eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen haben wollte. Herr M. teilte dem Kunden allerdings mit, dass ihm aus einem vorherigen Schadenfall jedenfalls bekannt sein musste, dass der Kunde nur eine Teilkaskoversicherung abgeschlossen hatte. Als Beweis hierfür, fügte Herr M. einen längeren WhatsApp-Verlauf an, der eine erste kleine Schadenmeldung aus Juli 2021 eindeutig wiedergab. Herr A. hatte einen Torpfosten touchiert und wollte wissen, ob der Schaden an seinem Auto versichert sei. Spätestens ab diesem Austausch musste ihm klar gewesen sein, dass er keine Vollkasko abgeschlossen hatte. Auch zu diesem Zeitpunkt hätte Herr A. diesen Umstand noch ändern können.

Die Angelegenheit schien eindeutig, dennoch zog Herr A. mit seinem Anliegen vor Gericht. Was dort passieren sollte, hatte aber keiner erwartet. Im Rahmen der Beweiserhebung stellte sich heraus, dass der Kläger bereits falsche Angaben gemacht hatte (die angebliche Zeugin war bei der Beratung gar nicht anwesend gewesen) und dass sein Vorbringen auch unter Berufung auf ein Missverständnis mit dem Anwalt bereits nachträglich abgeändert worden war (Verkaufserlös des Autos wurde von 10.000 Euro im letzten Schriftsatz auf 16.000 Euro korrigiert). Der Anwalt des Klägers war gut vorbereitet und konnte einige "Missverständnisse" aus der Welt räumen, ohne dass diese negativ auf den Ausgang wirkten. Die Tatsache, dass Herr M. die Fakten nur durch Screenshots und Chatverläufe belegen konnten, waren für seine Argumente leider hinderlich, wodurch die Beweisführung nicht immer ideal verlaufen konnte. Unser Versicherungsnehmer, Herr M. und sein Anwalt hatten allerdings ein Ass im Ärmel, wodurch dieses Manko ausgeglichen werden konnte: So stellte sich heraus, dass Herr A. wohl keinen Führerschein besaß (und wohl auch nie einen gehabt hatte) und, dass Herr A. dahingehend sogar polizeibekannt war, weil er schon mehrfach wegen dieses Deliktes bestraft worden war, wohingegen der Rechtsanwalt des Herrn A. in seiner Klageschrift klargestellt hatte, dass Herr A. zum Zeitpunkt des Totalschadens das Auto gefahren hatte. Diesen Umstand hatte Herr A. auch gegenüber seinem Versicherungsmakler Herrn M. zugegeben, da Herr A. nach dem Vorfall sogar noch mit Herrn M. telefoniert hatte, um sich zu erkundigen, ob es sinnvoll wäre, wenn er den Unfall "über eine befreundete Dame" laufen lassen würde.

Damit hatte das Gericht genug gehört und wies die Klage ab. Das Gericht musste daher über die Frage, ob ordnungsgemäß beraten wurde und, ob Herr M. dem angeblichen Kundenwunsch, nämlich Vollkasko fehlerhaft nicht gerecht geworden war, nicht mehr entscheiden. Faktum ist jedoch, dass keine Versicherung irgendetwas gezahlt hätte, wenn der Fahrzeugführer (einschlägig vorbestraft) ohne Fahrerlaubnis das Fahrzeug bedient. Es konnte also in diesem Fall (zum Glück) offenbleiben, welche Beweiskraft die neuen Medien für unseren Versicherungsnehmer hatten. Da es aber natürlich nicht immer so positive Wendungen gibt, sollte bei relevanten Dokumenten/Unterlagen in jedem Fall ein rechtssicherer Weg gewählt werden, und eine Beratung mittels WhatsApp nur in Ausnahmefällen erfolgen.

Margot Nusime, MBA. Rechtsanwältin, Partnerin der Kanzlei Brauneis Rechtsanwälte GmbH:
Da zwischen Versicherungsmakler und seinem Kunden immer ein Vertrag besteht, gilt die allgemeine, allgemeine Beweislastumkehr des § 1298 ABGB zu Lasten des Versicherungsmaklers. Bei einer Vertragsverletzung muss sich demnach der vermeintlich schädigende Versicherungsmakler vom Verschulden freibeweisen. Erfolgt die Beratung des Kunden im Hinblick auf mögliche Versicherungslösungen nur per WhatsApp bzw. SMS, dann macht nicht nur optisch einen schiefen Eindruck, sondern erschwert das diese Beweisführung, weil nach einem objektiven Maßstab ein durchschnittlich sorgfältiger Versicherungsmakler in der Regel mittels Beratungsprotokoll berät, das neben der Abfrage der Wünsche und Bedürfnisse auch die Erteilung der gewerberechtlichen Offenlegungs- und Informationspflichten erfüllt. Gelingt dem Versicherungsmakler die Beweisführung nicht, dass er ordnungsgemäß beraten hat und stellt sich im Laufe des Verfahrens heraus, dass der Versicherungsmakler systematisch kein Beratungsprotokoll verwendet, kann es zudem sein, dass der Versicherungsmakler im Nachgang auch noch Schwierigkeiten mit seinem Haftpflichtversicherer bekommt.

www.allcura-versicherung.at

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