Pünktlich zum Tag der Arbeit am 1. Mai haben Marketagent und Leitbetriebe Austria die zweite Auflage ihres Arbeitsmarkt-Kompass' präsentiert. Dabei handelt es sich um eine Längsschnittuntersuchung zur Stimmung unter heimischen Erwerbstätigen. Mit den Ergebnissen wird einmal mehr untermauert, dass sich der Arbeitsmarkt sich im Wandel befindet.
Insbesondere in Branchen, die durch Fachkräftemangel und demografische Veränderungen geprägt sind, zeichne sich demnach eine Verschiebung vom Arbeitgebermarkt hin zu einem Arbeitnehmermarkt ab. Diese Veränderung fordere laut Expert:innen von Unternehmen, ihre Ansätze zur Mitarbeitergewinnung und -bindung zu überdenken und anzupassen, um im Kampf um Talente wettbewerbsfähig zu bleiben. "Der Arbeitsmarkt-Kompass stellt ein praktisches Tool dar, welches aktuelle Einblicke in die moderne Arbeitswelt liefert. Die Auswertungen geben den Unternehmen wichtige Impulse für das Recruiting und die Mitarbeiter*innenführung", so Monica Rintersbacher, Geschäftsführerin Leitbetriebe Austria.
"Shift happens"
So würde sich diese Verschiebung in der Dynamik des Arbeitsmarktes in den Daten niederschlagen: Zwar geben nur rund 18 Prozent der Befragten an, in ihrem aktuellen Job unzufrieden zu sein. Die Quote jener, die eine Wechselbereitschaft zeigen, liege jedoch fast doppelt so hoch (33 Prozent). Getrieben werde der Wunsch nach beruflicher Veränderung vor allem durch hohe Erwartungen an Gehaltssprünge. Im Schnitt wird bei einem Jobwechsel mit einem Einkommenszuwachs von 28 Prozent gerechnet. Und dass sie ganz gute Chancen am Arbeitsmarkt hätten, stehe für die Mehrheit der Befragten außer Frage. Zwei Drittel gehen der Umfrage zufolge davon aus, dass es für sie aktuell sehr oder eher leicht wäre, eine neue Anstellung zu finden. Alles in allem würden die Ergebnisse des Arbeitsmarkt-Kompass' deutlich machen, dass die "Shifts" am Arbeitsmarkt an der Erwerbsbevölkerung nicht unbemerkt vorbeigehen und die Entwicklungen weiter befeuern werden.
Flexibilität ist Trumpf
"Arbeitgeber sehen sich einem immer stärkeren Wettbewerb untereinander ausgesetzt. Wer bietet die attraktivsten Arbeitsbedingungen und Anreize, um den War for Talents für sich entscheiden zu können? Das Schlagwort der Stunde in diesem Zusammenhang lautet ganz klar Flexibilität. Sie ist der Schlüssel zum Erfolg in der modernen Arbeitswelt", erläutert Thomas Schwabl, Geschäftsführer von Marketagent.
Flexibilität wünsche sich die heimische Workforce sowohl bei der Arbeitszeit als auch beim Arbeitsort. Das optimale Wochenpensum werde seit Erhebungsbeginn der Langzeitstudie stabil bei durchschnittlich 33 Stunden festgemacht. Eine klare Absage an die klassische 40h-Woche. Zwar zeige sich hier ein deutlicher Geschlechtereffekt – Frauen legen das bevorzugte Arbeitsvolumen bei rund 30 Wochenstunden fest. Doch auch der Wunschwert der männlichen Befragten liege mit 35,8 Stunden klar unter der österreichischen Normalarbeitszeit.
Was den Arbeitsort betrifft, würden die Umfragedaten deutlich machen: Home-Office ist gekommen, um zu bleiben. Spätestens seit der Corona-Pandemie sei die Remote-Arbeit in vielen Branchen zur Norm geworden und für jene Arbeitnehmer:innen, deren Job dies grundsätzlich erlaubt, nicht mehr wegzudenken. Der bevorzugte Home-Office-Anteil werde von den heimischen Beschäftigten bei durchschnittlich 39 Prozent festgemacht. Auch dieser Wert weise eine hohe Stabilität über die letzten Erhebungsmonate auf, was darauf hindeute, dass es sich hier um keinen kurzfristigen Trend, sondern um eine nachhaltige Entwicklung handle.
Gehalt schlägt Toleranz
Bei der Suche nach einem neuen Job stehen für die heimischen Arbeitnehmer:innen laut der Studie Gehaltsüberlegungen an erster Stelle. Ein guter Lohn bzw. faire Bezahlung sind für 65 Prozent der Befragten unabdingbar. Im Prioritätenranking dahinter folgen ein gutes Arbeitsklima (56 Prozent) und Wertschätzung (41 Prozent). Die Themen Nachhaltigkeit und Diversität bilden hingegen das Tabellenschlusslicht. Frei nach dem Motto "Das Hemd ist mir näher als der Rock" gebe die Mehrheit der Befragten hier klar den persönlichen Vorteilen durch ein ordentliches Gehalt den Vorzug gegenüber gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen.
Frauen als Retterinnen des Arbeitsmarktes?
Frauen wird oftmals eine höhere Empathie zugeschrieben. Ein Klischee, das sich auch in den vorliegenden Umfrageergebnissen wiederfinden lasse. Die weiblichen Arbeitskräfte würden demnach im Job deutlich mehr Wert auf ein gutes Arbeitsklima und Wertschätzung als ihre männlichen Kollegen legen. Darüber hinaus habe das Thema Flexibilität für sie eine signifikant höhere Priorität. "Die weiblichen Befragten messen Remote-Work und flexiblen Arbeitszeitmodellen deutlich mehr Bedeutung zu als die männlichen. Dieser Geschlechterunterschied ist wenig überraschend und zeigt, dass das traditionelle Familienbild in Österreich nach wie vor fest einzementiert ist. Der Großteil der unbezahlten Care-Arbeit lastet weiterhin hauptsächlich auf den weiblichen Schultern", so Projektleiterin Andrea Berger. Die abweichenden Jobanforderungen der Frauen dürften den Expert:innen zufolge also zum großen Teil eher einer Notwendigkeit als einer persönlichen Präferenz entspringen.
Angesichts des Arbeitskräftemangels quer durch alle Branchen und Industriezweige werden Forderungen, Frauen aus der "stillen Reserve" zurück in den Arbeitsmarkt zu bringen, immer lauter. Hier sei es an der Politik und den Arbeitgeber:innen, attraktive Pakete zu schnüren, die auf Flexibilität fußen, aber auch Strukturen schaffen, die Frauen eine gleichberechtigte Teilhabe am Berufsleben ermöglichen.
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