Für Unternehmen wird es in Zeiten von Mastercard, Apple Pay, Paypal, Gutscheine, Bargeld und bald digitaler Euro immer komplizierter, einen Überblick über alle Zahlungstransaktionen zu behalten. Das verursacht Kosten. Expert:innen schätzen, dass bis zu zwei Prozent des Umsatzes durch fehlerhafte Buchungsprozesse verloren gehen. Dazu komme, dass Europa in der Vergangenheit die Kontrolle über seine Zahlungssysteme überwiegend an US-Firmen abgegeben habe.
Hochkarätige Podiumsdiskussion
Über Wege aus diesem "Payment-Dilemma" diskutierten bei der jüngsten Ausgabe der Top Speakers Lounge der Handelskammer Schweiz-Österreich-Liechtenstein (HKSÖL) im Mozarteum Salzburg die beiden Keynote Speaker Erich Falkensteiner (CEO Falkensteiner, Hotels & Residences) und Wolfgang Haunold (Oesterreichische Nationalbank/OeNB) mit Roger Niederer (CEO abrantix) und Claudia Wuppinger (CMO Teamaxess). Durch den Abend führte Reinhard Lanner (CEO Workers on the Field).
HKSÖL-Generalsekretär Urs Weber konnte bei der Veranstaltung viele hochkarätige Gäste wie Christoph Andexlinger (Spar European Shopping Center), Michael Auer (Texport Holding GmbH), Günter Bernhard (B & P Projektentwicklungs GmbH), Thomas Bodmer (Next Floor GmbH), Michael Bratl (Hobex Payment Systems GmbH), Eurolind Emrllahi (ALBI GmbH), Marc Freuler (LGT Bank AG, Vaduz), Zsuzsa Freund (Swagelok Austria - AA Solutions GmbH), Thomas Freund (AA-Solutions GmbH), Florian Hamminger (First Class Holz GmbH), Ilse Maria Heindl (Touristik & Events Reisebüro GmbH), Branko Hrmic (ALBI GmbH), Thomas Jungreithmair (JU.connects GmbH), Arno Kinzinger (FH Salzburg), Peter Laggner (Trimetis AG), Stefan Loidl (Tourismus Salzburg GmbH), Werner Mayr (INTERSPORT AUSTRIA GmbH), Albert Quehenberger (AQ Forensics), Hannes Riedlsperger (Ritzenhof GmbH), Florian Rukover (Bank Gutmann), Sandro Schühle (Abrantix AG), Philipp Spängler (Bankhaus Spängler), Markus Stainer (Pinus.Team Managementgesellschaft mbH), Michael Steiner (Bankhaus Carl Spängler & Co. AG), Freimuth Teufel (Ars Media Konzertservice GmbH), Thomas Tittelbach (aye4fin) und Thorsten Vogt (Signa) begrüßen.
Urs Weber sagte zu LEADERSNET.tv: "Österreich und die Schweiz haben jeweils eine sehr starke Wertschöpfung im Tourismus sowie im Einzelhandel. Dabei gibt es jedoch viel Unwissen, wo Geld versickert, nicht optimal verbucht wird oder den Weg vom Point of Sale zum richtigen Konto findet. Dabei meine ich jetzt kein Schwarzgeld, sondern wirklich nur die Zahlungsabläufe. Genau das haben wir hier mit Fachleuten diskutiert."
Daten müssen Europa bleiben
Im Oktober 2023 will die EU-Kommission über die Umsetzung des digitalen Euros entscheiden. Während viele die Vorteile der digitalen Währung sehen, gibt es auch Bedenken hinsichtlich der Privatsphäre und der Rolle des Bargelds. Wolfgang Haunold: "Der digitale Euro ist wie eine Barzahlung und hat die gleichen Vorteile wie Bargeld. Jede:r Bettler:in kann eine Wallet haben, wenn er:sie will. Jede:r wird damit zahlen können, egal ob er oder sie bettlägerig ist oder nicht. Dem:der Bürger:in entstehen dadurch keine Kosten und auch für die Händler:innen sind die Kosten begrenzt. Die Kosten werden viel niedriger sein als heute. Es wäre wichtig, dass die Nutzer:innen aufstehen und sagen, dass sie das wollen." Der digitale Euro fördere auch die finanzielle Inklusion, indem er digitale Zahlungen für diejenigen bereitstellt, die zurzeit keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen haben. So sollen etwa Scheckkarten ausgeben werden, an alle die kein Smartphone verwenden wollen.
Wichtig ist für den Leiter des Referats für Zahlungsverkehrsstrategie der OeNB, dass die Daten geschützt bleiben und hier in Europa lagern. "Es geht also immer darum, wer die Daten hat. Das Euro-System will die Daten nicht sehen. Ich will nicht wissen, was ein Bürger kauft. Wir als Zentralbank wollen nicht sehen, was ein Bürger kauft", so Haunold. Dabei hätte das System viele Vorteile für Unternehmen. So etwas wie der Klimabonus könnte innerhalb von Sekunden an Millionen von Menschen überwiesen werden. Es gibt keine Provisionen, kein Papier und so weiter. Das ist der große Vorteil. Die elektronische Identität ist eine staatliche Anwendung, die mit der Wirtschaft kommuniziert. Oder mit den Ämtern u.s.w. Mit einer digitalen Identität kann man alles von zu Hause aus am Sonntag am PC erledigen. Eine Sofortzahlung muss nicht teurer sein als eine normale Überweisung."
Zahlungssystem als geopolitischer Machtfaktor
Die neue Bezahlwelt steht und fällt für Roger Niederer mit dem Schutz der Daten: "Der Zahlungsverkehr kann kein Ausverkauf an amerikanische und chinesische Unternehmen sein. Die Europäer müssen über ihren Schatten springen und sagen, dass das Zahlungsgeschäft mit der zweitwichtigsten Währung der Welt, dem Euro, sollte auch in europäischen Händen liegen. Also muss man das in sein Geschäft integrieren." Der Grund dafür ist simpel. Getreu dem Motto, wer zahlt schafft an, können Mastercard und Co. innerhalb weniger Tage, wie man bei Russland gesehen hat, ein ganzes Land abschalten. "Ein Kreditkartenbetreiber wie Mastercard könnte jederzeit sagen, dass du in der Schweiz nicht mehr handeln darfst, sonst verlierst du deine Lizenz. Wir versuchen daher, diese Macht wieder nach Europa zurückzubringen. Wir hier sollten selbst entscheiden, wo wir unsere Zahlungssysteme einsetzen dürfen", so der CEO von abrantix.
Herausforderungen für Tourismusbetriebe
Für Erich Falkensteiner ist der Datenschutz ein Problem, das sich auf technischem Wege lösen lasse. "Das Loyality-Thema kann man mit Blockchain, glaube ich, schon lösen. 99 Prozent unserer Branche beschäftigen sich nicht mit Payment. Man hat einfach keine Zeit. Einmal im Jahr den Steuerberater zu fragen, wie es aussieht, ist aber nicht mehr zeitgemäß. Man muss nach vorne schauen und nicht zurück", betont der Falkensteiner CEO. Bei diesem Thema verweist Roger Niederer auf die von ihm entwickelte Lösung namens ReconHub, die Unternehmen eine Vereinfachung und Optimierung von Buchungsprozessen bieten soll. Und zwar unabhängig davon, wer was wo und wie bezahlt. "Die Abstimmungssoftware ist voll digital und automatisiert, kann unbegrenzt Finanztransaktionen zu jedem Buchhaltungssystem oder ERP verarbeiten und lässt sich leicht an jede zukünftige oder zusätzliche Zahlungsmethode anpassen."
Thomas Bodmer, Geschäftsführer Next Floor GmbH, konnte den Ausführungen von Erich Falkensteiner viel abgewinnen. Gegenüber LEADERNET.tv sagte er: "Es ist hochinteressant zu hören, wie das Thema Payment in der Praxis überhaupt zu verstehen ist. Ich sehe das auch selbst hier in der Stiftung Mozarteum, mit der wir ein Tourismusbetrieb sind, der ein Museum mit Hunderttaussenden Besucher:innen pro Jahr betreibt. Hinzu kommt der Konzertbereich. Überall gibt es Points of Sale, an denen wir genau diese Probleme haben, die für uns natürlich relevant sind. Zum Beispiel verschiedene Bezahlsysteme und Kosten, die damit verbunden sind."
Kann man bei Amazon bald Hotels buchen?
Claudia Wuppinger legt den Fokus auf die Zukunft: "Wir kommen aus dem Skibereich und haben uns im Ticketing für Themenparks, Stadien, Parkplätzen usw. spezialisiert. Deshalb ist bei uns auch der Fokus, wie man mit einer Destination vernetzt zusammenarbeitet und die Bedürfnisse optimiert. Wir haben eine Software entwickelt, wo die Destinationen Anwendungen hineinschieben können. Das ist wie bei Amazon, wo man alles in einen Warenkorb legen kann. Man kann sein Parkhaus, die Skischule, die Tankstelle auf diese Plattform schieben. Die Frage wird sein: Welche Commerceplattform gewinnt an Schluss? Was wird der neue Standard? Wird es Amazon sein, wo ich auch Hotels buchen kann?"
Was Urs Weber, Roger Niederer und Thomas Bodmer über die Zukunft und Herausforderungen der Bezahlsysteme noch gesagt haben, sehen Sie im LEADERSNET.tv-Video.
Fotos der Top Speakers Lounge im Mozarteum Salzburg sehen in der Galerie.
www.hk-schweiz.at
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