Aufmerksamkeit als Leistungsressource erkennen
Unkonzentriertes Arbeiten durch Ablenkungen und den Versuch, Dinge parallel zu tun, kostet Unternehmen Milliarden Euro im Jahr. Laut aktuellen Studien werden Beschäftigte alle vier Minuten in ihrer Tätigkeit unterbrochen. Ganze 88-mal täglich geht der Blick zum Handybildschirm. Am Arbeitsplatz werden laufend Mails gelesen, MS Teams und WhatsApp gecheckt, auf Instagram und LinkedIn nach dem Neuesten geschaut und parallel versucht effizient zu arbeiten. Ob im Homeoffice oder im Büro: In der digitalen (Arbeits-)Welt werden wir mit grenzenloser Information und Kommunikationsangeboten überflutet – das macht effizientes Arbeiten (fast) unmöglich. Wie gelingt es Führungskräften, die Kontrolle über die Aufmerksamkeit im Team zurückzugewinnen? Die Antwort: Aufmerksamkeitsmanagement!
Mindful Leadership
Nein. Mindful Leadership ist nicht die nächste Sau, die aufgehübscht durchs Dorf der Führungsstile getrieben wird. Mindful Leadership zeichnet sich in Anlehnung an die Definition der Achtsamkeit von Jon Kabat-Zinn dadurch aus, dass die Aufmerksamkeit absichtlich gelenkt wird – und das am besten mit einer Haltung von Neugierde und Freundlichkeit und ohne Wertung.
Mindful Leadership hat Einfluss sowohl auf den Bereich der Selbstführung als auch auf die Führung von anderen. Dabei bedeutet 'sich selbst führen zu können', dass wir als Führungskräfte uns bewusst werden, was wir aus welchen Gründen und auf welche Art und Weise von uns selbst und anderen erwarten. Das ist die Voraussetzung guter und effizienter Führung. Die größte Herausforderung dabei: Die Aufmerksamkeit trotz der Vielzahl an Ablenkungen im Arbeitsalltag absichtlich, das heißt bewusst zu steuern. Um dies zu meistern, helfen Führungskräften Reflexionsfragen: "Wie gehen wir im Team mit unserer wertvollen Leistungsressource Aufmerksamkeit um? Wann und wie werden wir wodurch beim konzentrierten Arbeiten gestört?" Die Antworten auf diese Fragen zeigen die Verursacher für Ablenkungen und Multitasking auf – und lassen uns vier Handlungsfelder erkennen, um achtsamer zu führen und dadurch die Aufmerksamkeit im Team besser zu managen:
(1) Die technischen Geräte und Kommunikationsmittel kontrollieren, statt sich von ihnen kontrollieren zu lassen. (2) Kommunikationsregeln im Team einführen. (3) Die Arbeitsumgebung bewusst gestalten. (4) Mitarbeitern Know-how zur Steigerung der Konzentration an die Hand geben.
Aufmerksamkeitsmanagement
Digital Detox funktioniert nur im Wellness Urlaub, nicht bei der Arbeit. Weder wir Führungskräfte noch unsere Mitarbeiter können einfach den Stecker ziehen. Deshalb ist es unumgänglich, dass wir als Chefs für klare Absprachen im Team sorgen, was die Erwartungen und Notwendigkeiten zur Erreichbarkeit und den Reaktionszeiten in der Kommunikation untereinander anbelangt. Herrscht der unausgesprochene soziale Druck, immer und überall erreichbar sein zu müssen, ist konzentriertes Arbeiten nicht möglich, weil sich kein Mitarbeiter traut, für Deep Work Phasen die Benachrichtigungssignale seiner Digital Devices auszuschalten.
Um zusätzlich auch den Multitaskingdruck zu reduzieren, sind wir Führungskräfte gefordert, für effiziente Arbeitsabläufe im Team zu sorgen und unsere Mitarbeiter dazu zu befähigen, sinnvolle Arbeitspakete zu definieren. Beispiele dafür: Zeitfenster für die E-Mail-Bearbeitung einplanen, Anzahl und Dauer der Meetings auf die wirklich wichtigen reduzieren, Erreichbarkeit für Kunden kommunizieren und dadurch steuern, etc.
Wird im Open-Space-Büro ohne feste Wände gearbeitet, können wir Führungskräfte für störungsfreie Arbeitsinseln sorgen. Eine Möglichkeit dazu: Ruhige Arbeitsecken im Büro, durch Trennwände und Pflanzen. Außerdem können wir als Chefs jedem Mitarbeiter einen Kopfhörer zur Verfügung stellen, der während Aufgaben, für die die ganze Aufmerksamkeit benötigt wird, Verwendung findet. Existiert eine Homeoffice-Regel, ist es sinnvoll, allen Mitarbeitenden in kurzen Workshops das Einmaleins des Selbstmanagements und Know-how zur Konzentrationsfähigkeit zu vermitteln.
Zudem kann jeder einzelne seine Konzentrationsfähigkeit steigern. Als Chefs können wir dafür sorgen, dass das Wissen und die Fähigkeiten dazu jedem Mitarbeiter zugänglich gemacht werden, sei es durch eigenes Vorleben, Role Models im Team, durch Coaching oder eben mittels Trainings. Bei den Tipps und Tricks handelt es sich nicht um Rocket Science. Die meisten Tools sind sogar kostenfrei. Zum Beispiel wirken 'Binaural Beats 40 Hz' Wunder, um gezielt in die Konzentration überzugehen. Dabei werden beiden Ohren Schall mit leicht unterschiedlichen Frequenzen zugespielt. Es ist neurowissenschaftlich bewiesen, dass diese Töne Fokus und Konzentration erhöhen – und zwar über die Steigerung der beiden körpereigenen Hormone Acetylcholin und Dopamin. Wichtig: Das funktioniert nur mit Kopfhörer und ist damit sehr gut geeignet für ablenkungsreiche Umgebungen im Großraumbüro und Homeoffice. Es gibt viele Apps dazu. Ein weiteres, einfach anzuwendendes Fokus Tool ist der 'Offene visuelle Fokus'. Dabei starrt man eine Stelle im Raum bewusst an, hält den Blick für 30 Sekunden bis drei Minuten, darf dabei blinzeln. Das trainiert die neuronalen Schaltkreise für einen zunehmend länger einsetzbaren Fokus. Am besten startet man mit 30 Sekunden und verlängert jeden Tag um fünf Sekunden. Wenn man beim Arbeiten die Konzentration verliert, ist das ein schnelles Tool, um den Fokus wieder zurückzuholen.
Fazit
Die erfolgreiche Umsetzung aller Maßnahmen zum Aufmerksamkeitsmanagement steht und fällt mit unserer Fähigkeit als Führungskraft achtsam zu führen. Dadurch werden zwar nicht alle Ablenkungen verschwinden und auch nicht der Druck, Aufgaben parallel bearbeiten zu wollen, doch ein bewusster Umgang mit der Aufmerksamkeit im Team wird die Effizienz und das Wohlbefinden bei der Arbeit spürbar erhöhen.
www.willmann.coach
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