"Unser Modell könnte neue Maßstäbe in der Hotellerie setzen"

| Tobias Seifried 
| 03.01.2023

Mit dem Pilotversuch einer freiwilligen Trinkgeld-Pauschale sorgte die Falkensteiner Gruppe 2022 für Aufsehen. Die Chefs erklären, wieso die Lösung 2023 nun österreichweit zur Anwendung kommt.

Die Hotel- und Gastrobranche ist vom Fachkräftemangel besonders stark betroffen. Viele ehemalige Mitarbeiter:innen haben im Zuge der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Lockdowns ihren früheren Arbeitgeber:innen den Rücken gekehrt und sind in andere Branchen gewechselt. Einer von mehreren Gründen dafür ist, dass Mitarbeitende in Restaurants, Lokalen oder Hotels stark auf das Trinkgeld der Gäste angewiesen sind. Mit diesem zusätzlichen Verdienst wird das Fixgehalt aufgebessert. 

Freiwillige Trinkgeld-Pauschale

Die Falkensteiner Hotelgruppe testet seit rund einem Jahr ein neues Modell einer freiwilligen Trinkgeld-Pauschale in einigen ihrer Häuser. Was in vielen ausländischen Urlaubsdestinationen längst gang und gäbe ist, sorgte hierzulande Ende 2022 für Aufsehen. Doch die Aufregung scheint eigentlich unbegründet zu sein. Zum einen spricht das Unternehmen von positiven Feedback der Gäste und Mitarbeiter:innen, zum anderen ist das Trinkgeld nach wie vor freiwillig. Gäste, die die Pauschale nicht zahlen wollen, müssen das nur mitteilen. Darüber hinaus führen Veränderungen beim Zahlungsverhalten dazu, dass Mitarbeiter:innen um auf das für sie so wichtige Trinkgeld immer öfter umfallen.

Denn auch in der Hotellerie wird immer seltener mit Bargeld bezahlt. Wo früher unkompliziert ein paar Euro in bar gegeben wurden, ist das in Zeiten von Karten- und Handyzahlung nicht mehr so. Damit ist auch das Trinkgeld weniger geworden. Nachdem vermehrten Nachfragen von Gästen welche alternativen Möglichkeiten es gäbe, den Mitarbeiter:innen Trinkgeld zukommen zu lassen, reagierte die Falkensteiner Gruppe mit dem neuen Pilot-Modell. Ziel war es, ein System zu finden, das den Gästen einen unkomplizierten Service bietet, freiwillig Trinkgeld geben zu können und für die Mitarbeiter:innen wieder mehr Trinkgeld und eine faire Aufteilung ermöglicht.

Testmodell anhand internationaler Lösungen

Für die Entwicklung seines Systems, hat sich Falkensteiner laut eigenen Angaben an verschiedenen internationalen Lösungen orientiert. Seit rund einem Jahr testet die österreichische Hotelgruppe jetzt ihr eigens entwickeltes Modell: Pro Nacht und Zimmer werden zehn Euro Trinkgeld verbucht. Das Wichtige dabei sei, dass das auf freiwilliger Basis passiere. Gäste würden bereits vor Anreise und dann erneut beim Check-in über dieses Modell ausführlich informiert und könnten es ablehnen, so die Hotelgruppe. Auch beim Check-out werde noch einmal nachgefragt, ob das Trinkgeld gezahlt werden möchte oder nicht. Darüber hinaus können die Gäste die Höhe des Betrags nach eigenen Wünschen jederzeit ändern.

"Mit diesem Pilotversuch, an dem unsere Gäste freiwillig teilnehmen können, möchten wir einen Service bieten, der das Trinkgeldgeben unkompliziert gestaltet", so Otmar Michaeler, CEO der Falkensteiner Michaeler Tourism Group (FMTG). "Ganz wichtig ist uns dabei, wie dieser Versuch angenommen wird. Da unsere Mitarbeiter:innen unsere Gäste regelmäßig informieren, bekommen wir auch unmittelbares Feedback. Und das fällt sehr positiv aus: Über 80 Prozent unserer Gäste begrüßen die Möglichkeit des unkomplizierten Trinkgeldgebens und geben oft auch mehr als die zehn Euro pro Zimmer und Nacht", ergänzt Michaeler.

Falkensteiner RezeptionVon der Trinkgeldpauschale profitieren nicht nur die Front Office Mitarbeiter:innen © Falkensteiner Hotels & Residences

Eigenes Mitarbeiter:innen-Komitee

Mit der Lösung von Falkensteiner soll das Trinkgeld für die Mitarbeiter:innen nicht nur erhöht, sondern dessen Verteilung auch gerechter gestaltet werden. Wo normalerweise nur diejenigen, die direkt mit dem Gast in Kontakt sind, etwas bekommen, wird das Trinkgeld mit dem neuen Modell unter allen aufgeteilt. Dazu gibt es in jedem Hotel, das an diesem Pilotversuch teilnimmt, ein eigenes Trinkgeld-Komitee, das sich ausschließlich aus Mitarbeiter:innen zusammensetzt. Dieses entscheide gemeinsam, nach welchem Schlüssel aufgeteilt werde. Die Geschäftsführung und das Management seien hier nicht eingebunden. Den Gästen steht auch weiterhin frei, individuell Trinkgeld zu geben, was für die Mitarbeiter:innen eine zusätzliche Motivation sei.

"Trinkgeld ist in Österreich nicht Teil des Gehalts, sondern wird freiwillig vom Gast an die Mitarbeiter:innen gezahlt und ist ein Zeichen für die Zufriedenheit mit dem Service. Das soll auch so bleiben. Für unsere Mitarbeiter:innen ist es jedenfalls eine wichtige Wertschätzung. Sie machen jeden Tag einen tollen Job und tun alles, damit sich unsere Gäste in ihrem Urlaub wohl fühlen", unterstreicht Erich Falkensteiner, Aufsichtsratsvorsitzender der FMTG die Bedeutung dieses Projekts.

"Neue Maßstäbe in der Hotellerie"

"Wir schaffen hier gleich mehrere positive Effekte: Einerseits bieten wir unseren Gästen eine angenehme und unkomplizierte Möglichkeit des Trinkgeldgebens. Andererseits bekommen unsere Mitarbeiter:innen wieder mehr Trinkgeld und dieses wird gerechter verteilt", fasst Michaeler zusammen und meint abschließend: "Wir freuen uns jedenfalls sehr über die positiven Reaktionen unserer Gäste, unserer Mitarbeiter:innen und verschiedenster Expert:innen und Vertreter:innen aus dem Tourismus und darüber hinaus. Unser Modell könnte neue Maßstäbe in der Hotellerie setzen."

Österreichweite Einführung

Aufgrund der sehr positiven Rückmeldungen von Gästen und Mitarbeiter:innen wird die Falkensteiner Gruppe das Modell der freiwilligen Trinkgeld-Pauschale laut eigenen Angaben im Laufe des Jahres 2023 über alle österreichischen Hotels ausweiten.

www.fmtg.com

www.falkensteiner.com

Typisch...für negative Beiträge versteckt man sich hinter Pseudonymen. (LT)
Ich finde dieses Modell für die Hotellerie toll.
Im Restaurantbereich bzw. Gastronomie ist es noch nicht so krass. Aber auch hier kommt es verstärkt zu Kartenzahlungen und dazu, dass kein Trunkgeld gegeben wird. Auch hier könnte ich mir so ein ähnliches Modell vorstellen .
Reinhard Hönig
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Reinhard Hönig
Tolle Initiative von Falkensteiner für die Mitarbeiter und auch für die Gäste, die gerne Trinkgeld geben, wenn sie zufrieden sind, was bei Falkensteiner ja die Regel ist! Da in top Hotels mittlerweile fast alle Zahlungen bargeldlos erfolgen und die hohe Zufriedenheit der Gäste nur durch motivierte Mitarbeiter garantiert wird, setzt hier Falkensteiner wieder einmal neue Maßstäbe, die eine Win-Win Situation für die Gäste, Mitarbeiter aber auch für die nachhaltige Qualität der ganzen Tourismusbranche auslöst. Gratulation zu diesem "first mover spirit"!
Bei den Preisen wär es auch angebracht höhere Gehälter zu zahlen. Und der Fluktuation auf andere Weise entgegenzuwirken. Da geht es um mehr.
Ich gebe gerne Trinkgeld, dies ist ein Grund, nicht mehr Falkensteiner zu buchen.

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