LEADERSNET: Sie sind frischgebackener CEO von Drei. Man könnte fast sagen ein Traumjob – ist es das für Sie?
Schrefl: Wer auf Abwechslung steht und auf täglich neue Herausforderungen, für den ist es definitiv der Traumjob. Und deshalb ist es auch für mich ein absoluter Traumjob.
LEADERSNET: Sie sind schon relativ lange in der Branche tätig. Durch welche Lebensgeschichte sind Sie sozusagen "durchgeglitten", dass Sie heute Generaldirektor von Drei sind?
Schrefl: Ja, durchgeglitten stimmt fast. Es war ein bisschen Zufall dabei. Ich war sehr viel in Technologie-Unternehmen, vorwiegend im internationalen Bereich, tätig und nach einem sehr sehr langen Assignment mit sehr viel Reisetätigkeit, habe ich mich dann – nachdem meine zwei Söhne geboren wurden – entschieden, ein halbes Jahr Pause zu machen und dann eine neue Herausforderung in Österreich zu suchen. Die Pause hat aber nur sechs Wochen gedauert, weil dann in Österreich ein ganz spannendes neues Technologieprojekt begonnen hat: nämlich die Einführung von 3G. Durch einen bekannten Headhunter in England bin ich mit dem Vertriebskollegen in Kontakt gekommen, der hier den Vertrieb aufgebaut hat und nach einem Telefonat und einem Wochenende dazwischen, habe ich dann am Montag drauf – sechs Wochen nach der Heimkehr – bei Drei begonnen und habe hier den Vertrieb mit aufbauen dürfen.
LEADERSNET: Wie viele Mitarbeiter sind bei Drei beschäftigt?
Schrefl: Hier am Standort in Wien sind es knapp 1.200 Mitarbeiter und im gesamten Unternehmen sind es über 1.500. Wir haben in den Regionen sehr viel Regionalbüros und natürlich auch unsere Mitarbeiter in den Shops und im Customer Service. Wir haben unser Customer-Service-Team in Erfurt in Thüringen. Wir haben also durchaus ein breit gestreutes Team, das mit sehr viel Herzblut und mit sehr viel Leidenschaft für die Marke und das Unternehmen tätig ist.
LEADERSNET: Hat die Corona-Pandemie tatsächlich einen Digitalisierungsschub ausgelöst und hat das Ihrer Branche gut getan?
Schrefl: Ich glaube, es hat schon gute Entwicklungen im Kontext der Digitalisierung oder des Bewusstseinschaffens, wie wichtig Digitalisierung ist, gegeben. Das hat natürlich sehr viel damit zu tun, dass die Leute schon sehr früh, während der ersten Lockdownphase, festgestellt haben, dass Kommunikation wichtig ist. Und eine sehr effiziente Art der Kommunikation, ist natürlich die digitale Kommunikation. Das hat man dann auch an "Zoom", "Teams" und den anderen Videodiensten, die dazu geeignet waren, gesehen. Es haben sich plötzlich auch ganz neue Geschäftsfelder aufgetan, wie beispielsweise Yogakurse via "Zoom". Das wäre ohne so einer Pandemie wahrscheinlich nicht so schnell vorangeschritten. Auch die Fortschritte, die man zum Beispiel bei Distance Learning gemacht hat: Das war am Anfang etwas holpriger und ist schon schon runder und professioneller. Ähnliches gilt für die Telemedizin: Man braucht plötzlich kein physisches Rezept oder Krankenschein mehr, das geht auch digital. Ich glaube, dass das einen Digitalisierungsschub gebracht hat. Insgesamt glaube ich aber, dass es durchaus ein bisschen überbewertet worden ist, wie weit es uns tatsächlich nach vorne gebracht hat. Wenn wir uns die Digitalisierung-Indizes anschauen, die man vorher und nachher gemessen hat, dann sind hier bestenfalls Prozentpünktchen an Verbesserung eingetreten und das vorwiegend bei den Großunternehmen und größeren Unternehmern. Bei den KMUs und – wo es eigentlich sehr wichtig wäre – im Handel hat man gesehen, dass da noch immer sehr viel Aufholbedarf herrscht. Während der Pandemie hat es nur jedes zehnte Handelsunternehmen geschafft, einen Großteil seines Geschäfts in den Online-Bereich zu schieben. Leider haben hier wieder die typischen, großen – meistens über dem großen Teich beheimateten – Unternehmen, die Situation ausnutzen können.
Als Telekommunikationsbranche hat die Pandemie uns natürlich gezeigt, dass man immer auf den Zehenspitzen bereit sein muss für neue Herausforderungen. Das hat die gesamte Telekommunikationsbranche innerhalb kürzester Zeit geschafft. Die Unternehmen haben innerhalb kürzester Zeit ihre Mitarbeiter in ein Home-Office-Setting gebracht. Wir haben zu Beginn sehr vielen Unternehmen auch in anderen Branchen geholfen, genau diese Kommunikationsbedürfnisse optimal decken zu können. Wir haben hier Kapazitätserweiterungen, Telefonanlagenerweiterungen und vieles mehr in kürzester Zeit wirklich aus dem Boden stampfen können. Wir haben dann gelernt, über die längeren Phasen der Lockdowns, wirklich produktiv zu arbeiten und auch – und das ist, glaube ich, das Wichtige – bei Kreativprozessen gute Wege zu finden, wie wir in der virtuellen Welt trotzdem große Projekte vorantreiben können. Es hat uns als Industrie weitergebracht. Es hat uns als Gesellschaft weitergebracht. Aber wir dürfen jetzt nicht aufhören und wir dürfen auch nicht glauben, dass jetzt alles automatisiert so weiterlaufen wird. Es gibt immer wieder so ein bisschen die menschliche Phase, wo die Leute wieder in alte Pattern zurückfallen. Ich glaube, da braucht man jetzt wirklich den Schwung, den man da aufgenommen haben, damit wir die neuen Technologieentwicklung optimal für uns nutzen können.
LEADERSNET: Wie hoch würden Sie den Digitalisierungsgrad in Österreich einschätzen und was wird die Zukunft diesbezüglich noch bringen?
Schrefl: Ich glaube, dass noch sehr viel mehr Nutzen noch gezogen werden kann, auch aus dem Bereich der Digitalisierung. Wir haben in Österreich noch immer die Situation, dass vor allem in den ländlichen Regionen die Internetverbindungen sehr verbesserungsbedürftig sind. Da gibt's Regionen, wo nicht einmal 10 Mbit geliefert werden können über klassische DSL-Leitungen. Hier wird es wichtig sein, dass wir mit der neuesten Technologie – mit 5G – sehr, sehr rasch in den hintersten Winkeln von Österreich überhaupt einmal die Grundlagen schaffen, damit die Digitalisierung auch entsprechend Einzug halten kann. Das ist auch unser Ansinnen. Wir haben bei der letzten Frequenzauktion das größte Paket für die ländlichen Versorgungen übernommen. Wir haben über 700 ländliche Gemeinden, die wir mit den 5G-Netz sehr rasch versorgen, ersteigert und haben natürlich auch entsprechend die Förderungen dafür bekommen. Jetzt müssen wir wieder investieren, und diese ländlichen Regionen – die hier normalerweise nicht wirklich gewinnbringend zu versorgen wären – entsprechend ausbauen. Mit dieser Grundlage hat man dann alle Möglichkeiten, die man heute auch in sehr urbanem Bereichen wie in Wien oder in größeren Landeshauptstädten hat.
LEADERSNET: Österreich ist in vielen Bereichen oftmals ein Testmarkt, weil es relativ klein, aber trotzdem gut entwickelt ist. Wie funktioniert das in der Telekommunikationsbranche? Lässt sich in Österreich Geld damit verdienen?
Schrefl: Die Technologie ist noch relativ jung. Das heißt, die Vermarktungsmöglichkeiten sind ebenfalls noch sehr am Beginn. Aber wir sind davon überzeugt, dass durch ein sehr reichhaltiges Bouquet an Möglichkeiten, die mit 5G Einzug halten, ganz neue Monetarisierungmöglichkeiten entstehen. Stichwort Connected Devices: Jeder hat im Haushalt schon mit WLAN verbundene Körperfettwaagen, Step-Trackers und vieles mehr, Mit 5G wird es nicht mehr notwendig sein, dass man zuhause ein WLAN-System administriert. Das wird einfach direkt in die 5G-Wolke, wie man so schön sagt, verbunden werden. Man kann hier, ohne dass man Systemadministrator spielen muss, alles miteinander verknüpfen. Ähnliches gilt für alles, was Streamingservices betrifft. Kürzlich haben wir das erste Cloud-basierte Gamingprodukt gelauncht. Das richtet sich an die Casual-Gamer, die sich nicht um viele hunderte Euro eine Gamingkonsole kaufen wollen. Diese können jetzt einfach den Fernseher einschalten, die App downloaden und man kann schon losspielen. Das einzige, was man braucht, ist ein Controller. Alle diese Dinge, die möglicherweise nur bestimmten Einkommensschichten oder einer bestimmten technikorientierten Zielgruppen vorbehalten waren, werden plötzlich für jeden verfügbar – und zwar immer wenn man Zeit hat, oder sich mit dem Thema beschäftigen will.
LEADERSNET: Vielleicht können Sie ein paar ganz konkrete Beispiele nennen, wo sich unser Leben in den nächsten drei bis fünf Jahren richtig verändern wird? Beispiel Autofahren: Dort wird es doch viel dieser 5G-Technologie bedürfen?
Schrefl: Ich glaube, wenn wir heute über Mobilität und Autofahren im Kontext 5G sprechen, dann landen wir immer sehr schnell beim Thema autonomes Fahren und Autos, die von sich aus von A nach B fahren. Ob das in den nächsten drei bis fünf Jahren so weit sein wird, bezweifle ich. Anders ist es, was das Thema Entertainment im Auto betrifft: Einer fährt und gibt es noch die Mitfahrer, die sich stundenlang potenziell langweilen. Deshalb werden sich in diesem Bereich die Dinge um Lichtjahre verbessern. Wir werden alle Autobahnen und Verbindungsstraße in Österreich mit 5G versorgen. Ich glaube, viele Dinge, die heute sehr komplex wirken, werden wir vereinfachen können. Der Kunde braucht sich nicht mehr mehr um Security, Firewalls, Virenscanner und sonstiges kümmern. Wir werden sehr viele dieser Dinge auf der Netzwerkseite für ihn übernehmen können. Das heißt, wir werden die Kunden entlasten. Wir werden Komplexität von den Schultern nehmen und wann immer der Kunde bereit ist, eine gewisse neue Entwicklungen in diesem Technologiebereich für sich zu erschließen, bieten wir schon das Fundament an und er braucht zu seiner Internetverbindung im Haushalt nur noch das entsprechende Zusatzpaket buchen. Es geht darum, wirklich Bedürfnisse abzudecken und nicht von einer Technologieflughöhe zu kommen und zu sagen "Das ist alles möglich!" und es klingt und schaut alles aus wie in einem Science-Fiction-Film. Die Leute wollen aber nicht in einem Science-Fiction-Film leben, die wollen im Hier und Jetzt leben. Natürlich ist das eine Evolution, wo man sich dann in seiner eigenen Geschwindigkeit neuen Technologien nähert. Da wollen wir ein guter Begleiter sein, ein bisschen wie der Freund von nebenan, den man anrufen kann, wenn man gerade ein technisches Problem hat.
LEADERSNET: Das heißt telefonieren und miteinander sprechen mit zwei Endgeräten, ist schon lange nicht mehr die Vision von einem Telekommunikationsanbieter …
Schrefl: Stimmt, das ist es schon lange nicht mehr. Aber es wird wieder wichtiger. Wir haben in dieser Pandemiephase bemerkt, dass die Leute plötzlich Videotelefonie mit einer extrem hohen Intensität genutzt haben, aber auch mehr telefoniert haben. Die Telefonieminuten sind entsprechend nach oben gegangen, weil das Kommunikationsbedürfnis mit der Isolation gestiegen ist. Ich glaube, dass das nicht aussterben wird. Im Gegenteil: Ich glaube, die Leute werden sich darauf besinnen, dass dies ein wichtiger Aspekt in ihrem Leben ist. Mich hat jemand gefragt, was es denn an Positivem gebe, was die Pandemie bewirkt habe. Eines der größten Dinge, die mir aufgefallen sind, ist, dass plötzlich auch Jugendliche und Junge bemerkt haben, wie wichtig physischer Kontakt wirklich ist. Sich zu treffen, ist so viel wichtiger geworden, als es noch vor der Pandemie war. Das habe ich als einen sehr sehr positiven Aspekt mitgenommen. Viele haben in diese Richtung etwas gelernt.
LEADERSNET: Drei ist auch im Businesskundenbereich tätig. Welche Pläne haben Sie hier?
Schrefl: Ich übernehme ja die Staffel von Jan Trionow mit einer gut abgestimmt und gemeinsam entwickelten Strategie. Ein großer Teil der Strategie fußt darauf, im Geschäftskundenbereich – und hier im Speziellen bei den größeren Unternehmen in Österreich – weiter Marktanteile zu holen und auch zusätzliche Dienstleistungen und zusätzliche Services bieten zu können. In dem Kontext erweitern und verbessern wir unser Produktportfolio kontinuierlich. Ein Drittel der Großunternehmen in Österreich ist schon Kunde bei Drei – meistens Vernetzungslösungen. Aber wir positionieren unser Unternehmen nicht nur auf den klassischen Kommunikationsservices, sondern auch bei Cloud-Dienstleistungen, Security-Dienstleistungen und darüber hinaus. Wir arbeiten auch sehr intensiv an Machine-to-Machine-Lösungen (M2M) für Unternehmen, die jetzt mit 5G noch wesentlich stärker und wichtiger in den Vordergrund rücken werden. Ein weiteres wichtiges Thema sind Big-Data-Analytics, sprich wirklich analytische Unterstützung für Unternehmen. Wir helfen beispielsweise Handelsunternehmen dabei, besser zu verstehen, woher ihre Kunden kommen und wie sie ihr Produktportfolio an die Bedürfnisse der entsprechenden Zielgruppen anpassen können. Das sind alles Dinge, die man eigentlich nicht von einem klassischen Mobilfunker erwarten würde. Aber wir sind nicht nur ein Mobilfunker. Wir sind ein Full-Service-Provider für die Bedürfnisse sowohl von Unternehmern wie auch Privatkunden – egal in welchen Bereichen.
LEADERSNET: Zum Abschluss noch eine Frage: Dürfen wir uns auf die Zukunft freuen oder müssen wir diese mit Respekt erwarten?
Schrefl: Ich bin grundsätzlich ein sehr positiver Mensch und freue mich immer auf die Zukunft. Ich glaube, wir müssen den Respekt entwickeln, dass wir hinhören, zuhören und die Leute mitnehmen, die vielleicht noch nicht so weit sind, in dieser digitalisierten Zukunft. Da ist extrem viel Kommunikation notwendig. Da ist auch notwendig, dass wir auf unsere Sprache und auf die Art und Weise, wie wir versuchen, den Leuten Technologie näherzubringen, einen extremen Fokus legen. Viele Zielgruppen verstehen manchmal einfach nicht, wenn Hochtechnologien – noch dazu in Science-Fiction-Formaten – an sie kommuniziert werden. Das löst immer eine Abwehrhaltung aus. Ich glaube, man muss die Menschen dort abholen, wo sie heute sind, wo ihnen der Schuh drückt, wo wir sie unterstützen können und das am besten in der Sprache, die sie gut verstehen können. Das haben wir uns zum Ziel gesetzt. Ich glaube, dass uns das bis jetzt sehr gut gelungen ist und ich bin sehr froh, dass ich die Zukunft auch aktiv mitgestalten kann, dass wir auch zukünftig diese Position im österreichischen Markt einnehmen. (red)
www.drei.at
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