Terror in Wien: Verstörende Fotos, Mord-Videos und Falschmeldungen wurden gezeigt

| 03.11.2020

Es hagelt von allen Seiten heftige Kritik am Facebook Safety Check –  so viele Beschwerden wie noch nie gingen beim Presserat gegen die Berichterstattung von "oe24.at" und "krone.at" ein. 

Um sich nach den Terror-Angriffen in Wien als "in Sicherheit" zu markieren, hat Facebook einen eigenen Safety Check aktiviert.  Zu finden ist dieser unter Crisis Response: "Wähle dort die Infoseite der Krise aus, nach der du suchst", lautet es. So können Personen ihren Facebook-Freunden signalisieren, dass sie sich an einem sicheren Ort befinden.

Ursprünglich ist die Funktion für Naturkatastrophen entwickelt worden, für Situationen, in denen sich Betroffene nicht mehr via Handynetz verständigen können. 2015 wurde sie erstmals bei einem Erdbeben in Nepal verwendet. Seit den Attentaten von Paris 2015 hat Facebook die Funktion auch für Fälle von Anschlägen und Amokläufen aktiviert.

Hinrichtung auf Autoplay

Heftige Kritik hagelt es nun nach den Geschehnissen vom 2.11.2020: Denn wer die Funktion nutzte, konnte sich nicht nur als "sicher" markieren, sondern bekam auch Falschmeldungen, jede Menge Fotos aus der Wiener Innenstadt und auch Mordvideos auf Autoplay eingespielt.

"Jeder kann verstörende Fotos und Videos und Falschmeldungen einfach komplett umoderiert posten. Im Ernst, ich kann nicht glauben, dass Facebook nicht über ausreichend Ressourcen verfügt, um diese Art von "Crisis Response"-Foren zu moderieren", schreibt beispielsweise Datenschutzexperte Wolfie Christl auf Twitter. Mittlerweile gibt es unzählige Postings zu diesem Thema, eine Stellungnahmen von Facebook steht noch aus.

Augenzeugenvideos: Ein Fall für den Presserat

Heimische Medien ernten unterdessen Kritik für die Berichterstattung. So viele Beschwerden über einen Anlassfall gab es beim Presserat noch nie: Einem Bericht des Standard zufolge sind 300 Beschwerden allein Montagnacht gegen die Berichterstattung von Oe24.at und Österreich beim Selbstkontrollorgan der österreichischen Medienbranche eingegangen.  Bei Redaktionsschluss waren es schon über 1250. Gezeigt wurden Augenzeugenvideos von Schüssen von Angreifern auf Menschen.

"Das ist ein Terroranschlag. Ich glaube schon, dass es zum Verständnis des Terroranschlags dazugehört, wie der Todesschütze agiert hat", sagte Wolfgang Fellner den Kollegen vom Standard. Sein Medium habe "in keinem einzigen Fall eine Identität verletzt", die Videos hätten "primär den Schützen" gezeigt, "wie der um sich feuert". 

 Der Österreichische Journalisten Club schaltet sich ebenso via Twitter in die Diskussion ein und sagt "Das hat mit Journalismus nichts zu tun".

 Der Presserat nimmt sich auch krone.at vor

Auch gegen krone.at sind mittlerweile hunderte Beschwerden eingegangen. Der zuständige Senat werde sich eingehend damit befassen, kündigte Alexander Warzilek, Geschäftsführer des österreichischen Presserates, an. Der Presserat wies eindringlich darauf hin, den Persönlichkeitsschutz zu achten. Zudem werde man sich mit der Frage beschäftigen, inwiefern die Interessen der Terroristen befördert würden, wenn zu viele Bilder publik werden.

"Wir haben uns nach internen Diskussionen in der Nacht entschieden, Tatvideos nach bestmöglicher technischer Entschärfung zu veröffentlichen, um die Bedrohungslage zu unterstreichen. Die Videos wurden heute Morgen nach der - vermuteten - Entspannung der Lage wieder offline genommen", so Krone-Chefredakteur Klaus Herrmann in einem Statement.

"Eine Bühne für die Täter"

"Diese Form von Journalismus ist unverantwortlich und degoutant und gibt den Tätern auch noch eine Bühne. Solche Veröffentlichungen widersprechen nicht nur dem Ehrenkodex der Presse, sondern könnten auch juristische Folgen nach sich ziehen, weil die Verbreitung von Aufnahmen, auf denen Opfer eines solchen Anschlags zu erkennen sind, medienrechtlich unzulässig ist", lautet es in einer Aussendung des Verein Medienjournalismus Österreich (MÖ) zur Veröffentlichung von Anschlag-Videos. Medien sollten nicht den Voyeurismus mancher befriedigen, sondern verantwortungsbewusst und mit Bedacht handeln, richtet der MÖ einen Appell an die Branche. (jw)

Leider scheinen mittlerweile auch in Österreich amerikanische Verhältnisse Einzug gehalten zu haben. Um Objektivität geht es schon lange nicht mehr. Es zählen nur noch Angst & Panik und Emotionalisierung.

Allein die Tatsache, dass Medien in Endlosschleife berichtet haben - von Minute Eins an über einen Terroranschlag sprechen, zu einer Zeit, wo lange noch nicht klar war, worum es wirklich geht - das ist wirklich bedenklich und befremdlich. Gerade in diesen Zeiten, wo ohnehin viele schon panisch und verängstigt sind, muss man nicht nochmal etwas nachlegen, indem man solche Worte wählt. Statt "Terroranschlag" hätte man ohne Wissen über jegliche Hintergründe einmal von einer "Schießerei" sprechen können - das erzeugt ganz andere Bilder im Kopf und löst andere Emotionen aus.

Da muss man sich schon fragen, ob das nicht mittlerweile System und Absicht ist, die Angst weiter zu schüren. Denn wie wir wissen, sind Menschen in Angst und Panik leichter beeinflussbar und manipulierbar. Ich frage mich, was Medien und Regierungen bezwecken wollen und was wir als Gesellschaft erreichen wollen? Geht es um noch mehr Angst und Polarisierung?

Sehr befremdlich ist auch zu sehen, welch brutalen Videos dann plötzlich hochgeladen und verbreitet werden. Da kann man jetzt einerseits die Medien hinterfragen und kritisieren, man muss aber auch auf all die vielen Menschen schauen, die das "konsumieren". Es steht ja jedem frei, die Nachrichten in Endlosschleife zu schauen und sich solchen Inhalten und Videos auszusetzen oder sogar gezielt nach solchen Videos zu suchen.

Wir sollten uns alle wieder mehr darauf fokussieren, was wir in unserem täglichen Tun und unserem direkten Umfeld an positivem Beitrag leisten können, um die Welt wieder ein Stück lebenswerter zu machen. Sollten ein liebevolles und wertschätzendes Miteinander über Be- und Verurteilungen stellen.
Selbst bei der ORF Berichtetsrattung - ein seriöses Medium - dachte ich mir schon gestern, bitte was ist das. Da stehen ReporterInnen und erzählen, dass noch immer viele Menschen rumlaufen und zigmal werden die gleichen Berichte gezeigt in der endlos Schleife scheint es, Bus es Neues gibt.
Das trägt sicher nicht zur Besonnenheit in der Bevölkerung bei sondern macht alle verrückt und panisch.
Ebenso die Radiomoderatoren, die höchst emotional das ohnehin schon verlorene Sicherheitsgefühl nochmals weniger werden lassen, indem sie von Ihren Empfindungen berichten.
Klare, faktenbasierte Berichterstattung würde allen gut tun. Vor allem Jugendlichen, die ungefiltert Medien ko summieren.

Kommentar schreiben

* Pflichtfelder.

leadersnet.TV