Versicherungsstudie
Mehrheit der Versicherer will ESG-Kriterien in Risikogestaltung integrieren

Eine aktuelle Erhebung zeigt, dass Nachhaltigkeitsmaßnahmen weiterhin klar im Fokus stehen. Aber auch Klimarisiken, soziale Verantwortung und nachhaltige Unternehmensführung sind fest in den Strategien verankert. 

Unternehmer:innen kommen aktuell um drei Buchstaben nicht herum: ESG. ESG ist die Abkürzung für Environmental, Social und Governance, zu Deutsch Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Vereinfacht gesagt handelt es sich dabei um einen Indikator für die Nachhaltigkeit eines Unternehmens. Alle 193 UN-Mitgliedsstaaten haben sich zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele (SDG's) verpflichtet. Und fast alle Staaten haben das Pariser Klimaschutzabkommen mit dem 1,5-Grad-Ziel ratifiziert. Mit dem sogenannten European Green Deal hat die Europäische Union bereits den ersten Schritt getan, um bis 2050 klimaneutral zu werden und das Wirtschaftswachstum von der Nutzung fossiler Ressourcen zu entkoppeln. Für das Geschäftsjahr 2025 treten infolgedessen für große Unternehmen nachhaltigkeitsspezifische Berichtspflichten in Kraft. Allerdings scheint diese Maßnahme für die Mehrheit der Betriebe kein Problem, sondern rentabel zu sein, wie eine neue Versicherungsstudie von Greco zeigt. 

ESG-Kriterien fixer Bestandteil der Risiko- und Preisgestaltung

So zeigt die Studie, dass bei den Versicherern Nachhaltigkeitsmaßnahmen klar im Fokus stehen. Klimarisiken, soziale Verantwortung und nachhaltige Unternehmensführung sind demnach fest in den Strategien und Entscheidungsprozessen der Branche verankert. Schon jetzt haben bereits 70 Prozent der Versicherer ESG-Kriterien in ihre Risikobewertung eingebunden oder planen dies zeitnah zu tun. Für Greco bedeutet das, dass nicht nur die gesetzlichen Anforderungen wie die CSRD-Richtlinien (Corporate Sustainability Reporting Directive) diesen Wandel vorantreiben, sondern auch die Unternehmen selbst, da sie die Chancen erkennen, die ein aktives Management von ESG-Risiken bietet. 

"Nachhaltigkeit ist längst kein Trend mehr, sondern ein Muss – nicht zuletzt, weil ab diesem Jahr viele Unternehmen gemäß CSRD-Richtlinie berichtspflichtig werden", erklärt Sabine Bradac, Studienautorin und Risk Consultant bei Greco. "Versicherer erkennen zunehmend die Vorteile, die ESG-Kriterien in der Risikobewertung und Produktgestaltung bieten. Unternehmen, die ihre ESG-Risiken aktiv steuern, können sowohl Risiken minimieren als auch von besseren Vertragskonditionen der Versicherer profitieren." 

Moderne Modellierungstechniken

"Das Bewusstsein für Klimarisiken ist deutlich gestiegen. Versicherer gehen proaktiver vor, indem sie Unternehmen nicht nur zu Präventionsmaßnahmen ermutigen, sondern diese auch finanziell fördern", führt Studienautor Harald Ketzer aus. Unterstützt wird er von den Ergebnissen der Erhebung, die zeigen, dass für 69 Prozent der Versicherer Klimarisiken die größten Herausforderungen darstellen. Dazu zählen Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Hitzewellen, Stürme und andere extreme Wetterereignisse, die im Zuge des Klimawandels immer häufiger auftreten. Um dagegen gewappnet zu sein, setzen laut Studie vier von fünf Versicherern auf moderne Modellierungstechniken, die eine detaillierte Analyse von Klimarisiken erlauben und dabei helfen, deren potenziellen Auswirkungen auf Unternehmen und deren Standorte besser vorherzusagen. 

Zugleich bieten 69 Prozent der Versicherer Unterstützung, um Unternehmen bei der Risikominimierung zu helfen. Maßnahmen zu risikomindernden Investitionen wie dem Bau von Überschwemmungsschutzsystemen werden dabei belohnt, heißt es – etwa durch die Gewähr von Prämiennachlässen und reduzierten Selbstbehalt. Doch Ketzer betont auch, dass die Versicherbarkeit stark von der Branche abhänge. Besonders hoch sei der Einfluss von ESG-Kriterien bei der Energieerzeugung, Abfallwirtschaft oder energieintensiven Industrien wie Stahl und Kunststoff. In anderen Sektoren, wie der Landwirtschaft oder alternative Energieformen (z. B. Wasserstoff) wird der Einfluss hingegen eher moderat eingeschätzt. 

Digitalisierung als entscheidender Faktor der Schadenbearbeitung

Laut Erhebung investieren 100 Prozent der befragten Versicherer bereits in digitale Services, um die Schadenabwicklung effizienter und transparenter zu gestalten. Das bedeutet, die Digitalisierung offenbart sich hier als entscheidender Faktor der Schadenbearbeitung. Parametrische Versicherungen, also das Konzept, das auf standortbezogene Durchschnittsberechnungen bezüglich des Auftretens oder Ausmaßes unterschiedlichster wetter- und klimabedingter Phänomene basiert und klare Schadenparameter bietet, gewinnt immer weiter an Bedeutung. Die Nutzung von Künstlicher Intelligenz für Schadensabwicklung bleibt hingegen, trotz des großen Potenzials, die Prozesse zu beschleunigen, auf der Strecke. 

Erste Ansätze zur Integration der Nachhaltigkeitsaspekte

Trotz der großen Herausforderungen gibt es erste Ansätze, um die Nachhaltigkeitsstrategien in Versicherungsprodukte zu integrieren. 80 Prozent fördern etwa Reparaturen statt Neukauf, um Produktlebenszyklen zu verlängern. Die Hälfte bietet außerdem Anreize für E-Mobilität – trotz der höheren Schadenkosten bei Elektrofahrzeugen. Und auch ein neuer Trend macht sich bemerkbar: die sogenannte "Build-Back-Better"-Deckung, mit der ein Viertel der Versicherer die Dekarbonisierung der Wirtschaft unterstützt, indem sie die Mehrkosten für den Wiederaufbau mit geringem Carbon-Footprint übernehmen. 

Nur fünf Prozent der Versicherer führen eigene ESG-Ratings durch

Laut Greco erfassen erst 20 Prozent der Versicherer spezifische ESG-Daten von versicherten Unternehmen. Die restlichen verlassen sich auf Branchenbewertungen und nur fünf Prozent führen eigene ESG-Ratings und Carbon-Footprint-Abschätzungen durch. 

"Durch die CSRD-Richtlinie erwarten wir, dass Versicherer immer mehr auf ESG-Daten aus den Unternehmen zugreifen. In den nächsten Jahren ist hier auch mit zentralen Datenbanken für veröffentlichte Unternehmensdaten zu rechnen", erklärt Bradac. "Eine Quelle für Nachhaltigkeitsinformationen wäre beispielsweise ESAP (European Single Access Point), ein Portal, das von der ESMA (europäische Wertpapieraufsichtsbehörde) auf Basis des EU-Aktionsplanes eingerichtet werden soll. Die nationale Umsetzung ist noch offen. Eine denkbare Sammelstelle in Österreich wäre aber die OeKB, die bereits mit einem einfachen und flexiblen Datenbank-Tool von ESG-Daten für den Bankenbereich gestartet ist", heißt es abschließend. 

www.greco.services

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