Österreich ist ein reiches Land – eigentlich. Laut der britischen Economist reiht sich Österreich je nach Indikator auf Platz acht bis 13 der weltweit vermögendsten Staaten. Bei einer Gesamtbevölkerung von rund 9,1 Millionen Menschen nennen mehr als 50.000 Millionäre dieses Land ihr Zuhause. Ein Drittel des gesamten Finanzvermögens liegt derzeit in den Händen von rund 400 Personen. Das sind rund 400 superreiche Menschen mit einem gesamten Vermögen von etwa 350 Milliarden Euro. Dennoch leben auch hierzulande 1.314.000 Menschen erheblich materiell und sozial benachteiligt – eine immer tiefer reichende Kluft zwischen Arm und Reich zeichnet sich ab und es wird deutlich, ein Großteil der Österreicher:innen schauen auf ihr Geld und Luxusprodukte sind einfach kein fester Bestandteil des Alltags.
Anders als bei all jenen, deren Bankkonto prall gefüllt ist. Sie umgeben sich gerne mit Luxus – ganz gleich, ob immateriell oder materiell. Und das Luxussegment wächst (LEADERSNET berichtete). Doch wie groß ist eigentlich die Sehnsucht der Österreicher:innen nach einem exklusiven Lebensstil? Wollen die Menschen hierzulande Louis Vuitton, Gucci, teure Autos und Co.? Forschende des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Marketagent gingen dieser Frage nach und untersuchten, ob das Beste gerade gut genug oder doch vielleicht zu viel des Guten ist.
Ein Leben ohne Luxus? In Ordnung hierzulande
Die überwiegende Mehrheit der Österreicher:innen dürfte kein Problem damit haben, auf einen exklusiven Lebensstil zu verzichten – zumindest laut der Marketagent-Studie. So haben acht von zehn Befragten und somit 80 Prozent angegeben, dass sie überzeugt sind, problemlos auf Luxus verzichten zu können. Wenig überraschend also, dass die Mehrheit der Studienteilnehmenden ihren eigenen Lebensstil als "wenig" bis "gar nicht" luxuriös beschreiben (79 Prozent). Nur ein kleiner Anteil meint "moderat" luxuriös (19 Prozent) und ein noch geringerer Prozentsatz "sehr" luxuriös (2 Prozent) zu leben.
Hinsichtlich der Altersgruppen werden beim Thema Luxus wieder klare Unterschiede deutlich: während vor allem ältere Generationen einem Luxusleben nur wenig abgewinnen können, würde in der Gen Z jede:r Dritte den eigenen Lebensstil als "moderat" luxuriös beschreiben (36 Prozent).
Ebenfalls zeigte sich, auch wenn es den meisten Österreicher:innen leicht zu fallen scheint, auf Luxus zu verzichten, sind sie dem exklusiven Leben doch nicht gänzlich abgeneigt: immerhin stimmen 60 Prozent zu, dass Luxus die Lebensqualität erhöht und 43 Prozent, dass er glücklich macht.
Eine österreichische Interpretation von Luxus
Luxus definiert natürlich jeder Mensch für sich. Wird allerdings die heimische Bevölkerung im Rahmen einer Studie zur Definition gefragt, wird deutlich, dass als Inbegriff von Luxus nicht direkt materieller Besitz genannt wird. So haben 48,1 Prozent der Teilnehmenden angegeben, Luxus bedeute für sie Zeit und Freiheit. Und auch Wohlbefinden und Gesundheit (44,6 Prozent) stehen über Münzen und Scheine.
© Marketagent
Luxus-Marken sind Geldverschwendung? Für einige zumindest
Die Studie hat also gezeigt, dass die Österreicher:innen im Alltag nicht immer Wert auf Luxus legen. Doch wie bewerten sie den Luxus, den sie bei anderen sehen? Für 52 Prozent der Befragten ist ein exklusiver Lifestyle ein Zeichen für Erfolg – inklusive des zur Schaustellens von High-End-Brands. Doch die Forschenden haben ebenso herausgefunden, dass nur ein kleiner Anteil der heimischen Bevölkerung (13 Prozent) teure Marken als Inbegriff für Luxus sieht. Und gerade einmal acht Prozent finden es als erstrebenswert, diese zu besitzen.
Mehr als die Hälfte vertritt klar die gegenteilige Meinung und bezeichnet High-End-Brands als unnötige Geldverschwendung (53 Prozent). So ist es nicht weiter verwunderlich, dass Marken wie Gucci, Chanel und Co. zwar auch mit Prestige und Status verbunden werden (45 Prozent), aber in erster Linie assoziiert man sie einfach nur mit hohen Preisen (66 Prozent). Hohe Qualität und hochwertige Materialien bringen dagegen nur jeweils rund ein Drittel mit den Produkten der Luxusklassen in Verbindung.
Ebenfalls berichtet gut ein Drittel, dass sie noch nie ein Produkt einer Luxusmarke gekauft haben (35 Prozent). Auf jüngere Generationen wirken exklusive Brands hingegen anziehender. Während demnach fast jede:r zweite Babyboomer (48 Prozent) angibt, noch kein High-End-Produkt erstanden zu haben, beträgt der Anteil in der Gen Z rund ein Fünftel (21 Prozent).
"Für die meisten Österreicher:innen ist Luxus kein Lebensziel, sondern ein gelegentliches Extra – das Beste ist nicht immer gerade gut genug. Der größte Hemmschuh für den Kauf echter Luxusmarken-Produkte ist das Preisargument. Für viele Konsument:innen steht die Frage im Raum, ob der hohe Preis wirklich gerechtfertigt ist", so Thomas Schwabl, Gründer und Geschäftsführer von Marketagent.
Fake it till you make it
In puncto High-End-Brands sind auch einige Österreicher:innen bereit, lieber auf ein Imitat zurückzugreifen. Für vier von zehn Befragten muss es demnach nicht unbedingt das Original sein. Mehr als jede:r Dritte (36 Prozent) hat auch schon selbst bewusst zu einer Fälschung gegriffen – bei der Gen Z sogar jede:r Zweite (50 Prozent).
Überraschenderweise zeigt sich hier auch: je luxuriöser der eigene Lebensstil eingeschätzt wird, desto stärker auch der Drang zu Plagiatsprodukten – so haben 49 Prozent der Befragten, die sich einem zumindest "moderat" luxuriösen Lebensstil zuordnen würden angegeben, schon Luxus-Fakes gekauft zu haben.
Als Hauptargument für die Fälscherware wurde schlichtweg der Preis genannt. Fünf von zehn Befragten, die bereits Erfahrungen mit High-End-Imitaten gemacht haben, finden die Originalpreise zu teuer (52 Prozent), und drei von zehn Proband:innen gefällt der Stil, können sich aber die Marke nicht leisten (34 Prozent). Demnach stellen sie für über ein Viertel eine kostengünstige Möglichkeit dar, Trends zu folgen. Hier wird wiederum auch die Ambivalenz ersichtlich: Die Österreicher:innen sind Luxus-Fakes gegenüber nicht abgeneigt, gleichzeitig vertritt fast die Hälfte der Ansicht, dass die Imitate den Originalen schaden und deren Exklusivität sowie Ansehen untergraben (48 Prozent).
Rund die Hälfte glaubt an die Verbindung von Luxus und Nachhaltigkeit
In Zeiten der Klimakrise steht natürlich auch die Nachhaltigkeit im Fokus. Jede:r Zweite ist dabei grundsätzlich überzeugt, dass sich Luxus und Nachhaltigkeit miteinander verbinden lassen. Bei 60 Prozent fließen jedoch auch ethische Bedenken in die Kaufentscheidung ein. Auf Seiten der Luxusanbieter:innen wird zudem Aufholbedarf gesehen: sieben von zehn Befragten sind der Meinung, dass Nachhaltigkeitsmaßnahmen noch nicht in ausreichendem Maß umgesetzt werden. Konsument:innen wünschen sich mehr Engagement für faire Arbeitsbedingungen in der Produktion (69 Prozent), die Verwendung umweltfreundlicher Materialien (53 Prozent) und die Entwicklung langlebiger sowie reparierbarer Produkte (49 Prozent).
Allerdings wird aus der Befragung auch deutlich: Der Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit ist groß, allerdings fehlt es an Bereitschaft, den entsprechenden Preis dafür zu entrichten. Die Mehrheit, 58 Prozent, wäre nicht bereit, für nachhaltig produzierte Luxusprodukte (noch) mehr Geld zu zahlen. Auch, wenn es an der eigenen Zahlungsbereitschaft mangelt, sind 57 Prozent der Befragten überzeugt, dass sich Anbieter:innen exklusiver Marken über kurz oder lang dem zunehmenden Thema Nachhaltigkeit anpassen werden.
Hat Luxus noch eine Zukunft?
Ganze 19 Prozent der Befragten sind sich einig, und damit jede:r Fünfte, dass Luxusmarken in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen werden – ganz gleich, ob sie nun nachhaltig(er) sein wird oder nicht. Doch zum Vergleich: drei von zehn Proband:innen haben in den vergangenen Jahren einen Verlust der Anziehungskraft exklusiver Marken wahrgenommen und 37 Prozent nehmen an, dass sich dieser negative Trend fortsetzen wird, weswegen sie eher einen Verlust der Relevanz prognostizieren.
Ein Gedankenexperiment der Marketagent-Studie zeigt außerdem, dass Österreicher:innen nur wenig von der Sehnsucht nach Luxusprodukten getrieben sind: vor die hypothetische Situation gestellt, einen Artikel einer bekannten Luxusmarke im Wert von 15.000 Euro geschenkt zu bekommen, würden fast zwei Drittel (64 Prozent) diesen verkaufen und das Geld anderweitig nutzen. Gerade einmal ein Drittel (33 Prozent) würden diesen Artikel behalten – darunter hauptsächlich Personen, deren finanzielle Situation ohnehin (weit) über dem Durchschnitt liegt. "Alles in allem zeigen die Österreicherinnen und Österreicher eine sehr pragmatische Haltung zum Thema Luxus, die sich einfach auf den Punkt bringen lässt: Wenige haben viel davon und Viele halten wenig davon", zieht Schwabl ein pointiertes Fazit der Studienergebnisse.
Die zentralen Ergebnisse sowie weitere Informationen zur Studie können Sie der Infobox entnehmen.
www.marketagent.com
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