LEADERSNET: Sehr geehrte Frau Seiler, die Olympischen Spiele finden noch bis 11. August in Paris statt. Die Tirol Werbung ist in der französischen Hauptstadt ebenfalls vertreten. Was können wir uns genau darunter vorstellen und mit welchen Anreizen und Promos will die Tirol Werbung beim internationalen Publikum punkten?
Karin Seiler: Wir haben uns bereits mehrfach bei Olympischen Spielen präsentiert. Diesmal ist es allerdings eine Premiere, weil wir erstmals gemeinsam als Lebensraum Tirol Gruppe Partner des ÖOC im Österreich Haus sind. Das heißt, die Tirol Werbung zeigt bei den Sommerspielen in Paris zusammen mit Agrarmarketing und Standortagentur Tirol das Land in seiner ganzen Vielfalt – von Tourismus und Wirtschaft über die Wissenschaft bis hin zu Lebensmitteln und Kulinarik. Wir haben dazu ein vielfältiges Programm auf die Beine gestellt. So nutzen wir die Plattform, um die Rückkehr des Guide Michelin nach Österreich mit unserem Tiroler Spitzenkoch Benjamin Parth zu inszenieren. Außerdem setzen wir gemeinsam mit Innsbruck Tourismus, unserer olympischen Medaillenhoffnung Jakob Schubert und dem Kletterzentrum Innsbruck Tirols Kompetenz im Klettersport in Szene. Ein weiteres Highlight ist unsere Challenge "Tirol radelt für klimafitte Bergwälder". Dabei laden wir die heimische Bevölkerung ein, möglichst viele Strecken mit dem Rad zu absolvieren. Denn mit jedem Kilometer wird mithilfe von Sponsoren Geld für die Aufforstung der Tiroler Bergwälder gesammelt. Damit liefert unser Olympiaauftritt auch einen nachhaltigen Effekt für unser Land.
LEADERSNET: Die Tirol Werbung hat sich in den letzten zwei Jahren neu aufgestellt, um sich für die zukünftigen Herausforderungen zu rüsten. Welche neuen Marketingstrategien und Maßnahmen wurden eingeführt, um die Sichtbarkeit und Attraktivität der Region zu steigern?
Seiler: Eine wesentliche Anpassung im Marketing war sicher, dass wir von der bisherigen Bearbeitung einzelner Märkte weggegangen sind und nun konkrete Zielgruppen ansprechen – unabhängig von ihrer Herkunft. Außerdem finden rund 90 Prozent unserer Maßnahmen mittlerweile online statt. Das ermöglicht uns, die Wirksamkeit der Aktivitäten zu messen und diese entsprechend anzupassen. Auch strukturell haben wir uns neu ausgerichtet und unter anderem ein Kompetenzzentrum für Nachhaltigkeit sowie ein Future Lab eingerichtet. Dieses befasst sich mit übergeordneten Zukunftsfragen, die für den Tiroler Tourismus wesentlich sind.
LEADERSNET: Digitalisierung und Künstliche Intelligenz verändern aktuell alle Lebensbereiche. Der damit einhergehende Strukturwandel erfasst Gesellschaft, Staat, Wirtschaft und Tourismus gleichermaßen. Wie reagiert die Tirol Werbung auf diese Veränderungen und wie schaffen Sie es, und Ihr Team, up to date zu bleiben?
Seiler: Wir haben dazu kompetente Mitarbeiter:innen im Haus als sogenannte KI-Stewards nominiert. Die kümmern sich darum, dass wir bei diesem Thema am Ball bleiben und es fürs Unternehmen bestmöglich nutzen. So unterstützen die Stewards ihre Kolleg:innen bei Fragen oder in konkreten Projekten. Beispielsweise nutzen wir KI schon seit Längerem, um regelmäßige Auswertungen von Gästebewertungen auf Onlineplattformen zu machen. Das würde ohne diese neue Technologie nicht funktionieren. Allein beim letzten Mal galt es 28.000 Bewertungen zu analysieren.
LEADERSNET: Klimawandel, Umwelt, soziale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit sind immer wichtigere Themen. Welchen Stellenwert nimmt das Thema ESG in Ihrem Unternehmen ein und was steckt hinter dem neu installierten Kompetenzzentrum für Nachhaltigkeit?
Seiler: Wir haben unser Kompetenzzentrum für Nachhaltigkeit als Kooperations- und Koordinationsstelle eingerichtet. Es lädt beispielsweise die Nachhaltigkeitskoordinator:innen der Tiroler Tourismusverbände regelmäßig zum Austausch, um sich zu vernetzen, aktuelle Themen zu behandeln und voneinander zu lernen. Zudem arbeiten die Mitarbeiter:innen im Kompetenzzentrum selbst an übergeordneten Themen, die für eine nachhaltige Entwicklung des Tiroler Tourismus wesentlich sind – wie Mobilität, Tourismusakzeptanz oder Arbeitskräfte. Schließlich ist die Nachhaltigkeit wesentlicher Bestandteil des Tiroler Wegs, der Tourismusstrategie unseres Landes. Darüber hinaus kümmert sich das Kompetenzzentrum auch ums Nachhaltigkeitsmanagement innerhalb der Tirol Werbung. Somit ist das Thema ESG in besten Händen.
LEADERSNET: Welche konkreten Auswirkungen des Klimawandels sind bereits im Tiroler Tourismus spürbar, wie plant die Tirol Werbung, auf die Herausforderungen des Klimawandels zu reagieren, und wie werden lokale Gemeinden und Tourismusbetriebe in Tirol bei der Anpassung an den Klimawandel unterstützt?
Seiler: Der Klimawandel ist selbstverständlich auch im Tiroler Tourismus spürbar – insbesondere im Winter. Das äußert sich unter anderem dadurch, dass es in tiefen Lagen weniger schneit. Daher setzen wir uns intensiv mit dieser Herausforderung auseinander. In unserem Future Lab beschäftigen wir uns beispielsweise mit der Frage, wie wir mit der klimabedingten Verknappung von Schnee umgehen. Skifahren bleibt zwar trotz globaler Erwärmung auf absehbare Zeit das Kernprodukt des Tiroler Wintertourismus, gleichzeitig wurde und wird das Angebot aufgrund veränderter Bedürfnisse und Rahmenbedingungen schon längst weiterentwickelt und innoviert. Dabei steht vor allem das sogenannte Skifahren plus im Mittelpunkt, also Aktivitäten ergänzend zur Piste – vom Wandern über Wellness und Kultur bis zur Kulinarik. Zudem forcieren wir die Entwicklung in Richtung Ganzjahrestourismus. Dazu gibt es ebenfalls schon konkrete Angebote, die unter anderem Skifahren am Vormittag mit Radfahren am Nachmittag verbinden. Für den Sommertourismus prognostiziert eine Studie der Europäischen Kommission, dass der Norden durch die klimatischen Veränderungen touristisch profitieren wird. Dadurch werden wohl auch Tirols Höhenlagen in Hitzemonaten an Attraktivität gewinnen. Was in diesem Zusammenhang jedenfalls wichtig ist: Da der Klimawandel unsere Branche massiv betrifft, engagieren wir uns auch, um CO₂ einzusparen. So haben wir bereits vor mehr als zehn Jahren die Initiative "Tirol auf Schiene" gestartet, um Gäste die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln schmackhaft zu machen. Mit Erfolg: Waren's früher fünf Prozent, reisen mittlerweile neun Prozent der Gäste mit der Bahn nach Tirol.
LEADERSNET: Das Tirol-Logo feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Jubiläum. Welche Bedeutung hatte das Tirol-Logo für die Identität und das Branding der Region Tirol, sowohl für den Tourismus als auch für andere Standortbereiche und welche besonderen Maßnahmen wurden und werden im Jubiläumsjahr ergriffen, um das 50-jährige Bestehen zu feiern?
Seiler: Das Tirol Logo ist untrennbar mit unserem Land verbunden. Viele Tiroler:innen drücken damit ihre Verbundenheit mit dem Land aus – egal ob als Aufkleber am Auto oder auf der Bekleidung. Manche haben sich das Logo sogar tätowieren lassen. Wichtig war sicher, dass die Tirol Werbung vergleichsweise früh – schon in den 1990er-Jahren – mit professioneller Markenarbeit begonnen hat. Seit 2006 wird die Stärke des Logos auch für andere Standortfelder genutzt. Einen großen Teil seiner Bedeutung zieht das Logo aus seiner Beständigkeit. Der Schriftzug selbst hat sich unabhängig von Farben oder Hintergründen in all den Jahren kaum geändert. Er ist einfach zeitlos. Damit wir das Jubiläum auch entsprechend breit kommunizieren, wird es unter anderem kostenlose Autoaufkleber mit dem Tirol Logo, eine Sonderedition unserer Tirol Mütze und eine Wanderausstellung geben.
LEADERSNET: Wie schauen die Pläne für 2025 und die (noch) weitere Zukunft aus?
Seiler: Für 2025 setzen wir weiterhin stark auf Produkte und Leistungen, die Tirols Tourismusbranche einen Mehrwert bieten – wie unser Preis- und Buchungsmonitoring. Mit diesem Instrument lassen sich Nachfrage und Preise tagesgenau prognostizieren. Weiters wollen wir auch im Marketing neue Akzente setzen und werden erstmals mit unserem Key-City-Approach präsent sein. Das heißt, wir legen den Fokus unserer Aktivitäten auf eine für den Tiroler Tourismus wesentliche Stadt, die wir intensiv und mit den verschiedensten Maßnahmen bespielen. Einen weiteren Höhepunkt erleben wir 2025 mit der Alpinen Ski-WM in Saalbach. Schließlich ist dabei ein Schulterschluss aller wesentlichen heimischen Partner gelungen und so werden wir unsere Kompetenz als Wintersportland gemeinsam in einem "Home of Snow" unter Beweis stellen.
LEADERSNET: Was kann die "Geschäftsführerin" Seiler von der Privatperson Seiler lernen?
Seiler: So groß ist der Unterschied zwischen den beiden Personen nicht (lacht). Aber vielleicht ist es, fokussiert zu sein und die Dinge zeitlich und von ihrem Umfang richtig einzuschätzen, damit sie gut realisierbar sind.
www.tirolwerbung.at
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