LEADERSNET: Frau Bösmüller, Sie und Ihre Familie betreiben eine große Druckerei und wir leben in einem digitalen Zeitalter. Stellen wir uns also die Frage: Worin liegen die Vorteile eines Druckproduktes gegenüber online?
Doris Bösmüller: Zunächst möchte ich erwähnen, dass wir als Druckerei ebenso von der Digitalisierung profitieren, bezogen auf die Produktionsprozesse von Druckprodukten im Vergleich zu früher. Zudem deckt Bösmüller als Druckerei ein viel größeres Spektrum ab als das Drucken von Medien wie Magazinen, Katalogen, Mailings, Büchern und Broschüren aller Art, die etwa die Hälfte unseres Umsatzes ausmachen. Und wenn wir speziell das Segment Bücher und Kataloge hernehmen, so kann man diese auch als Kulturgut betrachten. Im Segment Verpackungen und Etiketten stellt sich unseren Kund:innen die Frage nach online oder offline anders. Hier geht es ja primär darum, dass Verpackungen schützen, informieren, standhalten und rechtzeitig zum Verpacken oder Etikettieren bei den Verpackungsanlagen oder Etikettiermaschinen sind. Der Weg, um Verpackungen digital werden zu lassen, ist Connected Packaging, zwischen Offline- und Online-Präsenz eine Verbindung zu schaffen und somit einen Zusatznutzen/Mehrwert für die Konsument:innen.
Wenn wir von den Vorteilen von Druckprodukten sprechen, fallen mir sofort drei Punkte ein: erstens die lange Wirksamkeit. Studien zeigen, dass Print-Mailings in den ersten sieben Tagen nach dem Versand die größte Wirkung erzielen. Bis zu zwölf Wochen danach erfolgen Reaktionen darauf. Zweitens die Haptik und Ästhetik. Die Qualität des Druckerzeugnisses, die Textur des Papiers, auch der typische Geruch prägen die Gesamterfahrung für Lesende und Betrachtende. Mit einem Druckwerk kann man – etwa durch eine höhere Grammatur, spezielle Lackierung, Prägungen oder Bindungen – so viele "soft facts" transportieren, die online niemals in dieser Form zu erreichen sind: Eleganz, Hochwertigkeit, Einzigartigkeit, Luxus, Prestige, aber auch Umweltschutz, Nachhaltigkeit, Minimalismus etc. Und drittens die Aufmerksamkeit. Für gedruckte Inhalte nimmt man sich mehr Zeit. Man liest langsamer, weil man nicht scrollen kann. Daher bleibt "mehr hängen" als beim Überfliegen von Online-Texten. Nicht umsonst kehren gedruckte Lehrbücher nach einem gewissen Online-Hype in die Bildung zurück. Eine Studie von Neurowissenschaftlern des Teachers College der Columbia University ist zum Schluss gekommen, dass es für das Lesen und Verstehen einen klaren Vorteil hat, einen Text auf Papier, statt auf einem Bildschirm zu lesen. Schweden war eines der ersten europäischen Länder, welches Digitalisierung in seinen Lehrplänen im Jahr 2018 eingeführt hat. Es hat nun angekündigt, wieder gedruckte Lehrbücher zu verwenden, um die Bildung zu verbessern.
LEADERSNET: Sie beschäftigen auch eine große Anzahl an Mitarbeiter:innen. Wie viele sind es und wie schaffen Sie es, diese schon so lange im Unternehmen zu halten?
Bösmüller: Wir beschäftigen derzeit 45 Mitarbeiter:innen. Unsere Personalfluktuation ist sehr gering und ich meine doch, unser Teamspirit ist gut. Die Menschen arbeiten gern bei uns und bleiben teils ihr gesamtes Berufsleben. Das hat zum einen damit zu tun, dass die Arbeit sehr vielfältig ist – schon allein durch die Vielzahl an unterschiedlichen Druckerzeugnissen: Druckwerke, Werbemittel, Verpackungen und Etiketten bringen viel Abwechslung in unseren Arbeitsalltag. Ein weiterer Grund, warum unsere Mitarbeiter:innen lange bei uns bleiben, ist eben unser Teamspirit. Wir haben einen großen Zusammenhalt und jeder Einzelne weiß: Gemeinsam schaffen wir alles!
Natürlich sind wir als Führungskräfte auch gefordert, diesen Teamspirit zu fördern. Dazu gehören Wertschätzung, Gesprächskultur, Umgangston und unsere Philosophie: Wir stellen den denkenden, handelnden und fühlenden Menschen stets in den Mittelpunkt unserer Betrachtungen. Wir sind überzeugt davon, dass jede:r den Schlüssel zu Erfolg und Erfüllung in sich trägt. Weiterentwicklung in technischer und persönlicher Hinsicht war und ist uns stets sehr wichtig. Jede:r Einzelne kann seinen Karriereweg mitgestalten; dies alles und die Freude am Produzieren schöner Druckwerke stärken die Verbundenheit zum Unternehmen.
LEADERSNET: Sie leben Spiritualität. Was kann man davon in den Berufsalltag mitnehmen?
Bösmüller: Ich behaupte, wir alle leben Spiritualität. Die Frage ist: Wie bewusst sind wir uns dessen? Spiritualität bedeutet für mich, dass ich zu der allgemein verbreiteten, sehr einseitigen Betrachtung der materiellen Ebene die seelische Befindlichkeit und geistige Verfassung dazu stelle. Sozusagen eine ganzheitliche Sichtweise auf das Leben und mein Unternehmen einnehme. Die geistige Ebene können wir auch sehen als die Hinwendung zu etwas Höherem, Größerem, als wir es sind, aber auch zu unserer Vision, den inneren Bildern, von dem, was ich verwirklicht sehen möchte, auf der materiellen Ebene. Im Berufsalltag führt Spiritualität dazu, Resilienz zu stärken, Kraft zu tanken, innere Ruhe und Klarheit zu gewinnen für die jeweils richtigen Schritte und Entscheidungen. Aus einer guten Verbindung fachlicher Fähigkeiten und Kompetenzen, mit Kraft, Präsenz, Vitalität als Mensch und einem wachen Bewusstsein entwickelt sich eine magische Kraft, die zur Freisetzung von neuer, positiver Energie führt und diese wirkt, für die Menschen, das Unternehmen und auch in unseren Druckprodukten. Es ist nur leeres Gerede, wenn sich spirituelles Bewusstsein nicht im Alltag positiv wirksam zeigt.
LEADERSNET: Sie bilden auch Lehrlinge aus. Was raten Sie der Jugend von heute?
Bösmüller: Ratschläge an die Lehrlinge stehen bei mir nicht an der Tagesordnung. Wir lernen von den Jungen und die Jungen von uns. Was ich in unserem Unternehmen vorlebe, ist: Wir brauchen einander. Die Generationenvielfalt ist nicht nur in einer Familie bereichernd, sondern auch in einem Unternehmen. Was aber allen wichtig ist, hat mit unserem Bösmüller-Spirit zu tun: Bleib aufmerksam und neugierig. Sei dir deiner Werte bewusst und deines individuellen Beitrags, den genau du mit deinen Fähigkeiten, deinem Spirit, deiner Persönlichkeit im Team, Unternehmen und in der Welt leisten kannst.
LEADERSNET: Täglich sind wir beim Einkauf von Lebensmitteln mit Verpackungen konfrontiert. Leider darunter auch sehr viel Plastik. Was wird schon heute beim Verpackungsdruck gut gemacht und wo müssen wir uns hinbewegen?
Bösmüller: Der Trend zu mehr Kartonverpackungen statt Plastik hält weiter an. Karton aus FSC- und PEFC-zertifizierten Fabriken zu verwenden, ist eigentlich schon gelebter Standard. Ebenso Druckfarben, die lebensmittelzertifiziert sind und auf Pflanzenbasis basieren. In Abstimmung mit unseren Kunden optimieren wir stets Verpackungen, die noch umweltschonender und wenn möglich anderweitig wiederverwendbar sind. Man muss jedoch auch sehen, dass Altpapier, zu dem ja letztlich eine Verpackung zählt, ein wertvoller Rohstoff ist. Zusammenfassend möchte ich sagen, dass der Verpackungsdruck ein komplexes Themenfeld ist. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, die Umweltbelastung durch die richtige Verpackung zu reduzieren. Das gelingt nur durch das Zusammenwirken von Hersteller:innen, Konsument:innen und dem Gesetzgeber, der nachhaltigere Verpackungen fordern und fördern kann.
Für meine Mitarbeiter:innen und mich ist und bleibt Druck eine Handwerkskunst, die auch im Zeitalter von künstlicher Intelligenz und Digitalisierung einen großen Stellenwert hat. Mir ist wichtig, im Einklang mit der Natur zu arbeiten, die Biodiversität zu respektieren und das soziale Miteinander in allen Facetten divers, inklusiv und wertschätzend zu fördern. Mein Ziel ist, dass wir uns auf einen regenerativen Ansatz zur Produktion von Lebensmitteln, Energie und erneuerbaren Materialien wie Papier zubewegen, der durch die Fülle an Sonnen-, Wind-, Wasser- und andere saubere Energiequellen angetrieben wird.
www.boesmueller.at
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