LEADERSNET veröffentlicht nun regelmäßig Interviews, Porträts und Servicegeschichten von aehre. Dabei befasst sich das Nachhaltigkeits-Businessmagazin stets mit einem der zentralen Themen der Gegenwart: Nachhaltigkeit, in allen ihren Facetten von Environment über Social bis Governance.
Nachdem es beim letzten Mal um Arbeit rund um und im Wasser gegangen ist, dreht sich nun alles um March-Naturkosmetik.
Es summt und brummt am Hof von Julia und Matthias Wünscher. Hier, vor den sattvioletten Lavendelfeldern zu stehen, tief einzuatmen und den Moment zu genießen, gehört mittlerweile zum neuen Leben der Geschwister. Im Frühjahr 2020 beschlossen die beiden, den 1914 erbauten Hof in Haselbach bei Weiz von ihren Großeltern zu übernehmen und ihm eine neue, wortwörtlich blühende Zukunft zu geben. "Wir hatten beide Sehnsucht nach Entschleunigung", erinnert sich Julia Wünscher. "Während des ersten Lockdowns stand die ganze Welt plötzlich still und wir fanden genug Ruhe für die Entscheidung." Dem großelterlichen Hof samt seinen unbeschwerten Kindheitserinnerungen fehlte schon länger die passende Vision. Das Thema "Ruhe" im Hinterkopf, fiel die Wahl auf die alte Heilpflanze Lavendel: Witterungsbeständig, anpassungsfähig und resistent gegen Schädlinge, gedeihen die Pflanzen ideal auf den Böden des ehemaligen Viehbetriebs. Aus Weideflächen werden blühende Lavendelfelder für Naturkosmetik. Im namensgebenden Monat März setzte man gemeinsam mit Familie und Freund:innen die ersten 1.000 Pflänzchen – mittlerweile sind es über 6.000.
Im Wandel. Früher eine Viehzucht wird am großelterlichen Hof heute Biolavendel angebaut © bereitgestellt
Seitdem sprießt die Blütenpracht, die nun Stück für Stück erweitert wird. Doch Landwirtschaft braucht zwei Dinge: Zeit und Geduld. "Unser Lavendel reicht im Moment nur für die Duftsäckchen, für die Kosmetik müssen wir noch Biolavendel von anderen Bauernhöfen beziehen", erklärt Julia. "Die Pflanzen brauchen ein paar Jahre, um hochwertiges ätherisches Öl produzieren zu können. Deshalb kommunizieren wir das auch transparent." Die Neuigkeit vom jungen Lavendelhof machte bald die Runde, mit überraschenden Folgen: "Plötzlich bekamen wir Anfragen von anderen Betrieben, die entweder selbst Lavendel oder noch Platz für ein Lavendelfeld hatten und ob wir das nicht nutzen wollen." Eine unterstützende Gemeinschaft der Kleinbetriebe, die wächst und gedeiht. Nicht weit vom March-Hof wohnt ein Imker, für dessen Bienen die Lavendelfelder ein neues Paradies sind. "Vielleicht entsteht daraus bald Lavendelhonig. So relaxte Bienen haben wir übrigens noch nie erlebt", lächelt Matthias.
Die Vorteile der Großen
Um den ökologischen Fußabdruck so klein wie möglich zu halten, produziert March in unmittelbarer Nähe zum Hof. "Als kleines Label von Anfang an 100 Prozent nachhaltig zu agieren, ist allerdings eine Herausforderung", seufzt Matthias, "un-sere Naturverbundenheit muss sich im Produkt widerspiegeln. Deshalb ist alles vegane, tierversuchsfreie und zertifizierte Naturkosmetik, die plastikfrei und CO₂-neutral versandt wird. Wir sind noch nicht perfekt, einige Rohstoffe können wir beispielsweise noch nicht aus Österreich beziehen." Anders denken, lautet also die Devise. Sehr gut angenommen wird die Fahrradzustellung innerhalb von Graz, künftig wollen die beiden außerdem an einem Refill-System arbeiten. "Das Problem als kleines Label ist, dass nachhaltige Materialien erst ab sehr großer Stückzahl erhältlich sind und es kaum Alternativen gibt", so Matthias. "Je größer das Budget, desto nachhaltiger könntest du eigentlich agieren."
Dufte. Das Sortiment aus Seifen wurde mittlerweile um eine Bodylotion erweitert © March Naturkosmetik
Starker Zusammenhalt
Mitten in der Pandemie ein Unternehmen zu gründen, braucht viel Herzblut. Noch dazu, wenn es sich um einen Landwirtschaftsbetrieb handelt. Statistiken zufolge haben seit 2012 19.000 Bauernhöfe in Österreich aufgegeben. Wer als kleiner Familienbetrieb überleben will, muss wachsen: 1951 lag die durchschnittliche Betriebsgröße bei 9,4 Hektar, heute sind es 20 Hektar. Hätten die Geschwister mit ihrer Naturkosmetik nicht ihre Nische gefunden, wäre es schwerer, sich gegen die Großen zu behaupten.
"March ist definitiv mehr als wir Geschwister, March bedeutet Familie."
Julia Wünscher March-Naturkosmetik
Junge Energie, die in dem Bereich dringend gebraucht wird: Stand 2019 sind rund ein Drittel der leitenden Personen in Europas Agrarbetrieben älter als 64 Jahre und nur sechs Prozent sind unter 35. "Das Thema 'Hofnachfolge' ist heutzutage schwierig, da muss man neu denken. Dass sich die Kleinen zusammentun, ist deshalb umso schöner", so Matthias. Auch March würde es nicht geben, wenn nicht die ganze Familie mitarbeiten würde: Mama ist Expertin für den Versand, Papa packt überall mit an, die Tante näht die Duftkissen und der Onkel arbeitet auf dem Feld. "Beim Anpflanzen helfen unsere Freund:innen, die das als Ausgleich zu ihren Bürojobs genießen", sagt Julia.
Momente für die Ewigkeit
Neben Vogelgezwitscher und Bienensummen hört man hier in Haselbach nicht viel. Die Autos, die täglich vorbeifahren, können an beiden Händen abgezählt werden. Vor zwei Jahren starteten Julia und Matthias mit dem langwierigen Prozess, ihre Felder biozertifizieren zu lassen. Für die Neo-Landwirt:innen, die ursprünglich im Bereich Marketing und Digitalisierung arbeiteten, gibt es dennoch kein Zurück, bestätigt Julia: "Kürzlich kamen Leute, die sich unsere Felder ansehen wollten, extra aus Kärnten. Und dann steht man da, vor den summenden, violetten Feldern, es duftet nach Lavendel … solche Momente fühlen sich richtig an."
Mehr zum Thema Nachhaltigkeit finden Sie im neuen Nachhaltigkeits-Businessmagazin aehre auf www.aehre.media und in der aktuellen Ausgabe am Kiosk.
www.march.care
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