Firmenpleiten im 1. Halbjahr stark gestiegen
36 Großinsolvenzen lassen Passiva regelrecht explodieren

| Redaktion 
| 12.06.2024

Neben dem rasanten Anstieg an Unternehmensinsolvenzen gibt es auch so viele Großpleiten wie noch nie im ersten Halbjahr. Infolgedessen sind die Verbindlichkeiten um mehr als 900 (!) Prozent gestiegen.

Laut einer KSV1870-Hochrechnung wurden im ersten Halbjahr 2024 in Österreich 3.308 Unternehmen insolvent. Das entspricht einem Plus von 26 Prozent und lässt sich auf 18 Firmenpleiten pro Tag umrechnen. Besonders betroffen sind der Handel, die Bauwirtschaft und die Beherbergung/Gastronomie. Auffallend ist, dass bereits jetzt 36 Großinsolvenzen mit Passiva von mehr als zehn Millionen Euro zu Buche stehen – das gab es noch nie.

Sinkende Umsätze und fehlende Aufträge

Eine sich häufig eintrübende Geschäftslage, vielerorts sinkende Umsätze und fehlende Aufträge hätten laut der Analyse zuletzt dazu geführt, dass sich das Insolvenzaufkommen innerhalb des ersten Halbjahres 2024 deutlich erhöht und auf hohem Niveau eingependelt hat.

"Der wirtschaftliche Druck steigt und Österreichs Unternehmen müssen um jeden Euro kämpfen. Für immer mehr Betriebe spitzt sich die Lage zu. Es ist aktuell davon auszugehen, dass sich die Zahl der Unternehmensinsolvenzen auch in den kommenden Monaten auf ähnlich hohem Niveau bewegen wird", erklärt Karl-Heinz Götze, Leiter KSV1870 Insolvenz.

Betrachtet man die ersten beiden Quartale 2024 jeweils für sich, war das erste mit 1.688 Fällen, das insolvenzreichste Quartal seit dem Jahr 2009.

Historische Dimension

Trotz eines leichten Rückgangs der Fallzahlen in den vergangenen Wochen kann von einer Verlangsamung des Insolvenzgeschehens nicht gesprochen werden. "Das Tempo hat sich gegen Ende 2023 deutlich beschleunigt und ist bis heute konstant hoch", so Götze. In welcher Dimension sich das aktuelle Insolvenzgeschehen im historischen Vergleich verhält, lasse sich anhand des Insolvenzquotienten einordnen: Während rund um den Jahrtausendwechsel pro Jahr etwa zwei Prozent der Unternehmen insolvent wurden, sind es heute rund 1,4 Prozent. "Dass wir in absoluten Zahlen aktuell mehr Insolvenzfälle haben, liegt nicht ausschließlich an wirtschaftlichen Faktoren, sondern auch daran, dass es in Österreich aufgrund zahlreicher Neugründungen mehr Unternehmen gibt. Wir haben zwar aktuell viele Insolvenzen, aber man muss trotzdem die Kirche im Dorf lassen", so Götze.

Nachdem es während der Corona-Pandemie einen Trend hin zu vermehrt kleinteiligen Insolvenzfällen gegeben hat, scheinen aktuell wieder deutlich mehr größere Fälle auf. Auch, aber nicht nur wegen der zahlreichen "Signa-Insolvenzen". Zum jetzigen Zeitpunkt stehen bereits 36 Großinsolvenzen mit Passiva von über zehn Millionen Euro zu Buche. Das gab es in Österreichs Insolvenzhistorie noch nie. Im vergangenen Jahr waren es zum Halbjahr 15 Fälle. Und selbst zum Jahresende 2023 lag die Zahl an Großinsolvenzen mit 44 Fällen nur etwas höher als heuer bereits zum Halbjahr.  

Plus 907 Prozent – Passiva verzeichnen Rekordwerte

Die gegen Ende des Vorjahres gestartete "Signa-Insolvenzwelle" ist auch im ersten Halbjahr 2024 nicht abgeflacht. So befinden sich unter den bis dato fünf größten Insolvenzen vier Fälle aus der "Signa-Sphäre", die mit summierten Passiva von und 6,7 Milliarden Euro den Großteil der insgesamt elf Milliarden Euro (+ 907 Prozent gegenüber 2023) an Verbindlichkeiten ausmachen. Darüber hinaus scheinen weitere "Signa-Insolvenzen" in der Statistik auf.

Die größte Pleite des Jahres betrifft die Familie Benko Privatstiftung (Passiva: 2,3 Milliarden Euro), dahinter folgt der Unternehmer René Benko (rund zwei Milliarden Euro). Rechnet man diese beiden Fälle heraus, auch weil diese keine gewöhnlichen Unternehmensinsolvenzen darstellen und großteils bestritten sind, so würden noch immer Passiva von rund 6,7 Milliarden Euro zu Buche stehen. Auf Platz drei befindet sich mit dem Insolvenzfall der Fisker GmbH (Passiva: 1,34 Milliarden Euro) die größte Pleite der steirischen Wirtschaftsgeschichte.

Ausblick 2024: Insolvenzdynamik bleibt bestehen

Wie bereits im ersten Quartal 2024 prognostiziert, hat sich das Insolvenzaufkommen seit damals nicht beruhigt. An dieser Dynamik wird sich bis Jahresende kaum etwas verändern. Ganz im Gegenteil: "Es ist damit zu rechnen, dass wir im Dezember 2024 über ein Insolvenzjahr sprechen müssen, das es in der jüngeren Vergangenheit schon lange nicht mehr gegeben hat. Denn aktuell deutet wenig darauf hin, dass die bestehende Insolvenzdynamik in den nächsten Monaten stagniert", so Götze. Insofern erachtet der KSV1870 aus heutiger Sicht zumindest 6.500 Unternehmensinsolvenzen am Jahresende als sehr wahrscheinlich, eventuell auch etwas mehr.

www.ksv.at

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