Insolvenz als Unternehmer
Gläubiger fordern von René Benko rund zwei Milliarden Euro

| Tobias Seifried 
| 24.04.2024

Der Signa-Gründer war am Mittwoch bei der Prüfungstagsatzung seines Konkursverfahrens als Unternehmer persönlich anwesend. Dabei gab es auch Einblicke in seine Einkommens- und Vermögenssituation. Zudem hat der Insolvenzverwalter entschieden, dass Benko sein Beratungsunternehmen schließen muss.

Am 8. März 2024 wurde über das Vermögen des Unternehmers René Benko beim Landesgericht Innsbruck zur ein Insolvenzverfahren in Form eines Konkursverfahrens eröffnet (LEADERSNET berichtete). Am Mittwoch (24. April) fand im Landesgericht der Tiroler Bundeshauptstadt die allgemeine Prüfungstagsatzung statt, bei der der Signa-Gründer persönlich anwesend war. 

In den vergangenen Wochen hatten die Gläubiger:innen Gelegenheit, ihre Ansprüche gegen den Unternehmer René Benko anzumelden. Nun steht fest, dass bisher 30 Gläubiger:innen in diesem Insolvenzverfahren Forderungen in Höhe von rund zwei Milliarden Euro geltend gemacht haben. Der Insolvenzverwalter Rechtsanwalt Andreas Grabenweger hat in den vergangenen Wochen diese Forderungen geprüft und am Mittwoch vor dem Landesgericht Innsbruck erklärt, dass Ansprüche der Gläubiger:innen im Ausmaß von etwa 47 Millionen Euro anerkannt werden. Der restliche angemeldete Forderungsbetrag in Höhe von circa 1,95 Milliarden Euro werde hingegen bestritten.

Benko ist zur Tagsatzung zur Prüfung der angemeldeten Forderungen in Begleitung seiner Rechtsvertretung erschienen. Das persönliche Erscheinen zu diesem Termin sei für den KSV1870 etwas überraschend gekommen, da es in der Praxis häufig vorkomme, dass sich Insolvenzschuldner bei einem derartigen Termin durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Sein Erscheinen könnte aber auch damit zusammenhängen, weil Benko ansonsten vor dem Cofag-Untersuchungsausschuss in Wien aussagen hätte müssen.

Verbind­lich­keiten

Nach Einschätzung des Kreditschutzverbandes bestehe die Möglichkeit, dass sich im Verlauf dieses Insolvenzverfahrens die Höhe der festgestellten Verbindlichkeiten noch wesentlich verändern wird. Der Insolvenzverwalter erklärte zur bisher erfolgten Forderungsprüfung, dass bei einer Reihe von angemeldeten Forderungen noch weitere Unterlagen – für eine mögliche nachträgliche Anerkennung der Forderungen - von den Gläubiger:innen nachzureichen seien.

René Benko bekleidet seit vielen Jahren in Gesellschaften der Signa-Gruppe keine offizielle Funktion. Mehrere Gläubiger:innen von Signa-Gesellschaften haben nunmehr im Verfahren des Unternehmers René Benko Forderungen in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro angemeldet. Dabei behaupten diese Gläubiger:innen - zusammengefasst und vereinfacht dargestellt -, dass Benko in den vergangenen Jahren, trotz der Tatsache, dass er keine gesellschaftsrechtlichen Funktionen ausgeübt hat, wesentliche Entscheidungen in den Gesellschaften der Signa-Gruppe getroffen hat. Aufgrund dieser vermutlichen Einflussnahme seitens des Signa-Gründers auf wirtschaftlich weitreichende Entscheidungen innerhalb der Unternehmens-Gruppe sollen Ansprüche entstanden sein, für die Benko nun mit seinem Privatvermögen haften soll.

Klaus Schaller, Leiter des Kreditschutzverbandes von 1870 in Innsbruck, erklärt dazu: "Der Insolvenzverwalter hat die Forderungen jener Gläubiger:innen der Signa-Gesellschaften, welche persönliche Haftungen des René Benko geltend machen, bestritten. Die Gläubiger:innen, deren Forderungen in der heutigen Prüfungstagsatzung bestritten geblieben sind, haben nun die Möglichkeit, in einem separaten Zivilprozess gegen die durch den Insolvenzverwalter vertretene Insolvenzmasse die Feststellung des im Insolvenzverfahren geltend gemachten Anspruchs zu begehren."

Prozessrisiko

Das Prozessrisiko in einem separaten Verfahren zur Feststellung einer bestrittenen Forderung sei für die Gläubiger:innen als vergleichsweise hoch zu bewerten. Während die Kosten des separaten Verfahrens vom gesamten festzustellenden Forderungsbetrag berechnet werden, erhält man als Gläubiger:in im Insolvenzverfahren, auch bei völligem Obsiegen des Feststellungsprozesses, nur die Quote auf den festgestellten Betrag. Zum jetzigen Zeitpunkt sei es aus Sicht des KSV1870 unmöglich, eine Prognose über die Höhe einer möglichen Quote in diesem Insolvenzverfahren abzugeben. Geht das separate Verfahren hingegen für die einen Feststellungsprozess anstrengenden Gläubiger:innen verloren, haben diese die gesamten Kosten dieses Feststellungsprozesses zu tragen – und zwar ihre eigenen als auch jene der Insolvenzmasse.

Schaller dazu: "Es wird spannend, ob Gläubiger, deren Forderungen heute bestritten wurden, in den nächsten Wochen diesen separaten Rechtsweg beschreiten werden. Falls derartige Prozesse angestrengt werden, ist klar, dass sowohl die Insolvenzmasse als auch die jeweiligen Gläubiger ein enormes Verfahrenskostenrisiko trifft."

Der überwiegende Teil, der in diesem Verfahren angemeldeten und vom Insolvenzverwalter teilweise bestritten gebliebenen Forderungen stammt von Gläubiger:innen der Signa-Gruppe, welche nunmehr ihre Forderungen auch gegen René Benko persönlich geltend machen. Daneben machen auch Gesellschaften der Signa-Gruppe selbst (unter anderem auch die insolvente Signa Holding GmbH) auf Basis unterschiedlicher Rechtsgrundlagen Ansprüche gegen den Unternehmer René Benko geltend. Auch bei dieser Gläubigergruppe hat der Insolvenzverwalter vielfach den Bestand der Forderungen angezweifelt und folglich eine Bestreitung ausgesprochen. Darüber hinaus hat die Republik Österreich Steuerrückstände in Millionenhöhe im Verfahren geltend gemacht. Für Unternehmensinsolvenzen klassische Lieferantengläubiger:innen spielten in diesem Insolvenzverfahren hingegen keine wesentliche Rolle, so der KSV1870.

Unter­neh­mens­fort­füh­rung und Einkommen

Im Rahmen der Tagsatzung gab es auch Einblicke in die unternehmerischen Tätigkeiten von René Benko. So betreibt er ein Beratungsunternehmen, welches in der Vergangenheit Verträge mit verschiedenen Unternehmen der Signa-Gruppe unterhielt. Aktuell liegen diese Beraterverträge aufgrund der wirtschaftlichen Situation der Signa-Gruppe "auf Eis". In der Vergangenheit konnte Benko im Rahmen dieses Unternehmens Umsätze in Höhe von 200.000 bis 300.000 Euro jährlich erwirtschaften. In der Verhandlung vor dem Landesgericht wurde die Möglichkeit des Fortbetriebes dieses Unternehmens während des Insolvenzverfahrens eingehend erörtert. Der Insolvenzverwalter berichtete, dass aktuell keine wesentlichen Beratungsleistungen durch den Signa-Gründer erbracht würden.

Ferner erklärte der Insolvenzverwalter am Mittwoch, dass unter den vorgefundenen Bedingungen – keine vorhandenen Aufträge, keine Auftragsakquise – ein Fortbetrieb des betroffenen Beratungsunternehmens nicht möglich ist. Dies sei insbesondere der Tatsache geschuldet, dass das Unternehmen des René Benko ausschließlich Kunden aus der Sphäre der Gesellschaften der Signa-Gruppe bediente. Trotz der Tatsache, dass der anfallende Aufwand im Betrieb minimal ist, könne ein Fortbetrieb ohne einen zu erwartenden Nachteil für die Gläubiger:innen während des laufenden Verfahrens nicht erfolgen. Sohin ist nach den Ausführungen des Insolvenzverwalters die Schließung des Beratungsunternehmens des Insolvenzschuldners insolvenzrechtlich geboten. René Benko erklärte sich mit der Schließung seines Unternehmens ausdrücklich einverstanden.

René Benko ist derzeit unselbständig bei einer Gesellschaft aus der Sphäre der Laura-Privatstiftung-Gruppe beschäftigt. Den pfändbaren Teil seines Einkommens hat der Insolvenzschuldner auf das Massekonto abzuführen.

Vermögen

Andreas Grabenweger berichtete, dass Benko über kein Liegenschaftsvermögen verfügt. Bekannt ist auch, dass René Benko keine wesentlichen Beteiligungen an österreichischen Unternehmen hält. Auf Drängen des Insolvenzrichters Hannes Seiser hat Benko eine Aufstellung über die in seinem Eigentum stehenden beweglichen Vermögenswerte vorgelegt. Der Insolvenzverwalter prüft aktuell die Eigentumsverhältnisse im Zusammenhang mit bei Insolvenzeröffnung vorgefundenen Fahrnissen. Sollte sich im Rahmen des Verfahrens herausstellen, dass diese Vermögenswerte im Eigentum von Benko stehen, werden diese geschätzt und von der Insolvenzverwaltung einer Verwertung zugeführt.

Fest steht, dass René Benko in der Vergangenheit beträchtliche wirtschaftliche Zuwendungen aus der Sphäre der Signa-Gruppe lukriert hat. Daneben gibt es – wie sich in der heutigen Tagsatzung herausstellte - Darlehenszuflüsse in Millionenhöhe, welche er in den Jahren vor der Insolvenzeröffnung erhalten hat. Der Insolvenzverwalter begibt sich laut eigenen Angaben derzeit auf Spurensuche, ob und falls zutreffend, wohin diese enormen Werte bewegt wurden. Andreas Grabenweger spricht dabei von sehr umfangreichen Erhebungen und detaillierten Analysen, welche aktuell und in den nächsten Wochen und Monaten von ihm angestellt werden müssen. Spannend werde insbesondere die Klärung der Frage, ob es Vermögensbewegungen – ohne betriebliche Veranlassung – in Richtung der dem Insolvenzschuldner nahestehenden Privatstiftungen bzw. von Gesellschaften der Signa-Gruppe oder dort beteiligter Investor:innen gegeben hat. Der KSV1870 drängt dabei für die in diesem Verfahren beteiligten Gläubiger:innen auf die lückenlose Dokumentation und Aufklärung der wirtschaftlichen Gebarung des Insolvenzschuldners vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Grabenweger hat bereits angekündigt, dass er in einem ersten Schritt alle über die Konten des Insolvenzschuldners abgewickelten Geldflüsse der vergangenen zwei Jahre nachverfolgen werde.

"Die Insolvenzordnung gibt dem Masseverwalter mit dem Anfechtungsrecht ein Werkzeug in die Hand, mit dem Vorgänge vor der Konkurseröffnung, welche die Befriedigungsaussichten der Gläubiger schmälern, rückgängig gemacht werden können. Kam es vor der Insolvenzeröffnung zu Vermögensabflüssen aus der Sphäre des René Benko – in welche Richtung auch immer –, sind diese bei Vorliegen von bestimmten Bedingungen und, falls diese in bestimmten Zeiträumen vor der Insolvenzeröffnung stattgefunden haben, anfechtbar. Inwieweit in diesem Verfahren jedoch anfechtungsrelevante Sachverhalte tatsächlich vorliegen, ist aus Sicht des KSV1870 im Moment reine Spekulation. Auf Basis der aktuell vorliegenden Informationslage wäre die Abgabe einer Prognose, ob und falls ja, Beträge in welcher Höhe letztlich für die Insolvenzmasse aus vom Masseverwalter ausgesprochenen Anfechtungen generiert werden können, nicht seriös.", so Klaus Schaller abschließend.

www.ksv.at

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