"Ganz generell könnte die Impfung auch bei anderen Tumoren angewendet werden"

Im LEADERSNET-Interview spricht Martin Munte, CEO von Vaccentis, u.a. über bisherige Innovationen seines Pharmakonzerns, wie man mit dem "VCC-001 Impfstoff" die Krebsbekämpfung revolutionieren will und wann dieser in der EU und in den USA zugelassen werden könnte. 

LEADERSNET: Sehr geehrter Herr Munte, Sie sind seit über 25 Jahren in der Pharmabranche in führenden Positionen tätig: Erzählen Sie uns bitte kurz etwas über Ihren beruflichen Werdegang – und was hat Sie nach Zürich verschlagen?

Martin Munte: Nach meinem Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien bin ich bei Zeneca in die Pharmabranche eingestiegen. Darauf folgten Engagements bei AstraZeneca und Roche. Danach arbeitete ich zehn Jahre als General Manager bei Amgen in Österreich, der Türkei und Slowakei und war Präsident des österreichischen Pharmaverbandes Pharmig. 2019 wechselte ich zu Amgen in der Schweiz. Seit Juli 2022 bin ich nun CEO für die Biotechnologiefirma Vaccentis – mit der spannenden Aufgabe, die onkologische Pipeline der Firma entsprechend weiterzuentwickeln und auf den Markt zu führen.

LEADERSNET: Was hat sich in der Biotech- und Pharmabranche die letzten 20 Jahre getan? Welche Errungenschaften & welche Herausforderungen haben sich für Forschung und Medizin aufgetan?

Munte: Der Fokus auf Biotechnologie hat zahlreiche Innovationen zutage gefördert: Beispielsweise hat man in der Onkologie, bei Autoimmunerkrankungen oder beim zentralen Nervensystem die Chancen für Biologika erkannt – das führte zu intensiveren F&E-Aktivitäten. Dank neuartiger Technologien wird an immer neuen Fragestellungen und Herausforderungen geforscht. Es werden ständig weitere erfolgreiche Therapien entwickelt, die das Leben der Patient:innen verlängern und die Lebensqualität steigern können.

LEADERSNET: Seit knapp einem Jahr sind Sie nun als CEO von Vaccentis mit Sitz in Zürich tätig – können Sie uns etwas zum Unternehmen Vaccentis erzählen?

Munte: Vaccentis AG ist ein Biotech- und Pharmaunternehmen, das auf spezielle Methoden der personalisierten und individuellen Medizin fokussiert ist. Wir haben mit VCC Medical und FBM-Pharma zwei hochspezialisierte Tochtergesellschaften, die sich um die gesamte Forschungs-, Produktions- und Verkaufstätigkeit des Unternehmens kümmern.

LEADERSNET: Was ist der Fokus dieses Biotech-Pharmaunternehmens. An welchen Medikamenten wird derzeit geforscht, was gibt es in der Pipeline, was ist der Fokus Ihres Unternehmens?

Munte: Wir haben mit VCC-001 eine Impfung gegen das adjuvante Nierenzellenkarzinom entwickelt, die den Tumor mit körpereigenen Zellen bekämpfen soll – akademische Phase-III-Studien haben gezeigt, dass diese ein Fortschreiten der Erkrankung verhindert und einen Überlebensvorteil bietet. Mit einem soliden klinischen und regulatorischen Plan wollen wir die Zulassung in der EU und den USA erhalten. Mit dieser Technologie wollen wir in Zukunft noch weitere Therapiefelder wie metastasierendes Nierenzellkarzinom, Kolonkarzinom und Pankreaskarzinom erschließen. Ganz generell könnte die Impfung auch bei anderen Tumoren angewendet werden.

LEADERSNET: Welchen Beitrag kann Vaccentis in der Krebsforschung und Krebsimmuntherapie leisten? Was unterscheidet Vaccentis vom Mitbewerb? 

Munte: VCC-001 ist der erste autologe Krebsimpfstoff für die Behandlung des Nierenzellkarzinoms – damit nehmen wir eine wichtige Vorreiterrolle in der Entwicklung und Etablierung einer neuen Produktklasse ein. Zukünftig wollen wir noch mehr individualisierte – also präzisionsmedizinische – Behandlungsansätze in unsere Produktentwicklung einbauen. VCC-001 ist bislang der einzige Produktkandidat, der sich – im Vergleich zu anderen autologen Impfstoffentwicklungen im adjuvanten Nierenzellkarzinom – als klinisch wirksam erwiesen hat und ein sehr gutes Sicherheitsprofil aufweist.

LEADERSNET: Stichwort Krebsimmuntherapie: Wie wird der zunehmende Einsatz dieser Therapieform die Heilungschancen von Krebspatient:innen und dadurch auch unser Gesundheitssystem verändern? Wenn Sie einen Blick in die Zukunft wagen – wohin geht die Reise in der Krebsforschung?

Munte: Die Individualisierung der Therapie und die Weiterentwicklung der Präzisionsmedizin wird das Gesundheitssystem sicherlich deutlich weiterentwickeln – und damit Behandlungen ermöglichen, die bisher nur unzureichend abgedeckt wurden oder mit Nebenwirkungen verbunden waren. Denn die größte Herausforderung in Zukunft wird sicherlich sein, noch individueller auf Krankheitsbilder einzugehen und zielgerichteter wirksame, gut verträgliche Therapien zu den Patient:innen zu bringen.

LEADERSNET: Wie ist Vaccentis finanziell aufgestellt – wer sind die Eigentümer, bitte um kurze Highlights seit der Gründung – und wie werden Sie sich die nächsten Jahre finanzieren? Was sind Ihre Finanzierungspläne?

Munte: Vaccentis ist eine in der Schweiz eingetragene Aktiengesellschaft. 48 Prozent werden von fünf großen Aktionär:innen gehalten, darunter drei Finanzinvestor:innen. Das Management hält circa fünf Prozent der Anteile. Den Rest von insgesamt circa 47 Prozent halten 350 Kleinaktionär:innen. Über eine Family & Friends-Finanzierungsrunde im vierten Quartal 2022 haben wir 1,7 Millionen Schweizer Franken lukriert. Im nächsten Schritt benötigen wir nun eine Serie-C-Finanzierung von 18 Millionen Schweizer Franken, um den klinischen und regulatorischen Entwicklungsplan in den nächsten zwei bis drei Jahren erfolgreich umzusetzen: Dazu gehört beispielsweise die Durchführung und Publikation einer Phase-IIb-Studie. Für eine weitere Phase-III-Studie und zusätzliche Forschungs- und Entwicklungsprojekte wird ab 2025 ein strategischer Partner benötigt – entweder durch einen IPO oder Trade Sale, aber genauso oder darüber hinaus durch eine Kooperation mit einem Pharma- oder Biotechunternehmen.

LEADERSNET: Es gibt ja viele Unternehmen, die im Bereich Krebstherapie tätig sind – warum sollte jemand, gerade in Vaccentis investieren?

Munte: VCC-001 hat in der Behandlung des adjuvanten Nierenzellkarzinoms in bereits durchgeführten publizierten Phase-III-Studien in den Jahren 2004, 2006 und 2009 klinische Wirksamkeit hinsichtlich Gesamt- und progressionsfreiem Überleben sowie ein sehr günstiges Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil gezeigt – insgesamt wurden schon über 1.500 Patient:innen damit behandelt. Die Innovation von VCC-001 liegt auch in den neuen Methoden zur Standardisierung der Qualitätskriterien, um für jede einzelne Patientin und jeden einzelnen Patienten individuell ein hochqualitatives Produkt herstellen zu können.

Wie bereits ausgeführt, basiert der Entwicklungsplan für VCC-001 auf bestehenden klinischen Daten – daher ist eine Marktzulassung, die wir für 2028 in der EU anstreben, deutlich wahrscheinlicher als bei einem Produktkandidaten in der Präklinik oder Phase-I und das Risiko für Investoren deutlich reduziert. Weiters ist VCC-001 die Basisplattform für die zukünftige Pipeline-Entwicklungen basierend auf autologen Krebsimpfstoffen. Im Jahr 2027 soll die Vaccentis-Gruppe profitabel sein und die EMA/FDA-Einreichung für VCC-001 erfolgen – daher könnte 2028 in der EU und 2029 in den USA die Zulassung erfolgen.

LEADERSNET: Was wünschen Sie sich für die nächsten zehn Jahre?

Munte: Die Medikamentenforschung sollte jedenfalls weiter vorangetrieben werden, um das Leben der Patient:innen qualitativ und quantitativ zu verlängern. Außerdem sollten Therapieansätze individueller und auf die jeweiligen biologischen Veranlagungen abgestimmt werden. Damit erhöht sich die Wirksamkeit, Verträglichkeit und Akzeptanz der Therapien deutlich. Davon profitieren alle – Patient:innen, Ärzt:innen und natürlich das Gesundheitswesen!

www.vaccentis.com

Thomas Berger
Von der Wirksamkeit der Krebsbehandlung konnte ich mich persönlich schon vor einiger Zeit überzeugen. Schade, dass die Zulassungsprozesse so lange dauern, vielen Patienten könnte schnell geholfen werden.

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