Bei der dritten Ausgabe der Eventreihe "Richtig gründen" von FSM Rechtsanwälte in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) stand das Thema: Mitarbeiter:innenbeteiligungen und deren rechtliche Rahmenbedingungen im Mittelpunkt. Antonia Beck und Felix Augustus Kirkovits, Start-up Expert:innen bei FSM Rechtsanwälte, diskutierten gemeinsam mit Kambis Kohansal Vajargah, WKÖ Head of Start-up-Services und den Guest Speakern Benjamin Ruschin, Managing Partner of Big Cheese Ventures und Dominik Semmler, Head of Customer Success bei GoStudent.
"Aufgrund laufender Anfragen unserer Mandant:innen und Start-ups haben wir uns entschlossen, das Thema Mitarbeiter:innenbeteiligungen im Zuge unserer Eventreihe 'Richtig gründen' in den Fokus zu rücken. Sie sind eine sehr gute Möglichkeit für Start-ups, Talente zu akquirieren und diese auch langfristig zu binden. Gerade im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe können solche Incentiveprogramme für Start-ups einen großen Wettbewerbsvorteil darstellen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass Start-ups oftmals nicht über das nötige Kapital verfügen, von Gründung an wettbewerbsfähige Gehälter zu bezahlen", sagte Augustus Kirkovits.
Performance-Ziele klar definieren
Ben Ruschin weist darauf hin, dass man Employee Stock Option Plan – ESOP Pools möglichst frühzeitig im Unternehmen einrichten sollte. Denn: "Später tut es oft mehr weh, Anteile abzugeben." Kambis Kohonsal von der WKÖ unterstreicht das häufig Investor:innen Mitarbeiter:innenbeteiligungen auch offensiv einfordern. Nichtsdestotrotz empfiehlt Ruschin selektiv zu sein: "Besser auf Schlüsselpersonen fokussieren und Ziele definieren, z.B. eine Mindestverweildauer im Unternehmen von drei Jahren ansetzen und Meilensteine definieren, um die Performance evaluieren zu können."
Good und Bad Leavers
Nicht immer trennt man sich von Mitarbeiter:innen im Guten, dies sei in Hinblick auf Mitarbeiter:innenbeteiligungen von besonderer Relevanz, so Rechtsanwaltsanwärterin Antonia Beck von FSM Rechtsanwälte.
"Wichtig ist es, sogenannte Good and Bad Leaver Bestimmungen klar zu definieren, damit geregelt ist, unter welchen Umständen ein:e Mitarbeiter:in im Falle des Ausscheidens die bis dato erworbene Beteiligung behält oder rückzuübertragen hat. Eine weitere gängige Möglichkeit ist es auch, ein Cliff Date zu definieren, sodass die Anteile erst ab einem bestimmten Zeitpunkt als übertragen gelten."
High Performer definieren und strukturiert vorgehen
Ben Ruschin rät außerdem dazu, sich Zeit zu geben: "Es ist besser abzuwarten, bis sich die High Performer im Unternehmen herauskristallisieren. Werden Mitarbeiter:innen-beteiligungen zu früh und unstrukturiert vergeben, kann das unter den Mitarbeiter:innen zu Unmut führen."
Auch die Einräumung eines zukünftigen Optionsrechts sei eine Möglichkeit, Mitarbeiter:innen an ein Start-up zu binden, so Kohansal-Vajargah.
Warum virtuelle Mitarbeiter:innenbeteiligungen insbesondere Sinn machen, erklärt Felix Augustus Kirkovits so: "Die klassische (echte) Gesellschafterbeteiligung von Mitarbeiter:innen ist in dem Zusammenhang bereits aus steuerrechtlichen Gründen oftmals nicht zielführend, denn sie kann bereits bei Übertragung der Beteiligung zu einer Steuerbelastung der Mitarbeiter:innen führen, ohne dass dieser/diese bereits einen Zufluss aus seiner Beteiligung erhält – Stichwort: Dry Income. Zudem schreckt eine große Anzahl an Gesellschafter:innen oftmals Investor:innen ab, welche aufgrund des Verhandlungs- und Abstimmungsaufwandes schlanke Cap-Tables bevorzugen."
Einigkeit herrschte bei den Diskutant:innen jedenfalls, dass es abseits von monetären Anreizen vor allem auch auf die inhaltliche Bindung zum Unternehmen ankommt. Dominik Semmler von GoStudent: "Wichtig ist, eine gute, moderne Firmenkultur zu leben. Das ist oft viel mehr wert als ein paar Euro mehr am Konto. Mitarbeiter:innenevents und ein gutes Klima im Unternehmen tragen dazu viel bei."
Der Wunsch für die Zukunft
Antonia Beck von FSM Rechtsanwälte sieht in Österreich Bedarf an einer Gesetzesänderung hin zur Möglichkeit der Einräumung stimmrechtsloser Geschäftsanteile für Mitarbeiter:innenbeteiligungen. Das unterstreicht auch Felix Augustus Kirkovits: "Die Möglichkeit der Einräumung stimmrechtsloser Geschäftsanteile ist im internationalen Vergleich durchaus üblich und führt dazu, dass sich internationale Investor:innen beim Verständnis der österreichischen Gesetzeslage oftmals schwertun. Im aktuellen Regierungsprogramm wurde die Schaffung solcher stimmrechtsloser Geschäftsanteile zwar angekündigt, eine dahingehende Umsetzung lässt aber noch auf sich warten. Außerdem müsse eine solche Umsetzung zwingend mit einer steuerrechtlichen Reform Hand in Hand gehen, damit auch bei der Einräumung von echten stimmrechtslosen Beteiligungen die Steuerlast erst schlagend wird, wenn dem/der Mitarbeiter:in tatsächlich Erlöse aus der Beteiligung zufließen. Auch die Senkung des Steuersatzes wäre in diesem Zusammenhang wohl noch zu diskutieren."
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