"E-Autos schlagen Verbrenner selbst bei den aktuellen Strompreisen in den Gesamtkosten"

| Tobias Seifried 
| 07.02.2023

Laut einer Studie erreicht die Transformation der Mobilität aktuell das nächste Level. Trotz teurer Energie würden in Österreich das Tempo des Wandels und Elektroautos auf Kurs bleiben.

Der globale Markt für Elektroautos wächst zwar mit hohem Tempo, allerdings hat sich das Wachstum im letzten Quartal des Jahres 2022 etwas abgeschwächt. Das zeigen die am Dienstag veröffentlichten Ergebnisse des aktuellen "Electric Vehicle Sales Review" von PwC Autofacts und Strategy&, der Strategieberatung von PwC, in dem regelmäßig die Neuzulassungszahlen in weltweit 14 ausgewählten Märkten ausgewertet werden.

Laut den Expert:innen der Unternehmensberatung dürfte der Trend hierzulande anhalten. Das sehen freilich nicht alle so. Zuletzt haben mehrere heimische Branchen-Kenner:innen der E-Mobilität für die kommenden Jahre einen Dämpfer prophezeit. Als Gründe werden dabei immer wieder die vergleichsweise hohen Preise von Elektroautos, der Wegfall der Kaufprämie für Firmenkund:innen, die nach wie vor mangelhafte Ladeinfrastruktur, die gestiegenen Stromkosten, die langen Lieferzeiten (betrifft auch Verbrenner) sowie die Preisintransparenz an E-Ladestationen genannt. Wer am Ende richtig liegt, werden - zumindest für das Jahr 2023 - die kommenden Monate zeigen.

Globaler Jahresmarkt um 70 Prozent im Plus

Während im dritten Quartal 2022 weltweit 74,7 Prozent mehr reinelektrische Fahrzeuge (BEV) zugelassen worden waren als im Vorjahreszeitraum, lag das Wachstum im vierten Quartal bei nur noch 55,6 Prozent. Grund dafür waren laut den Expert:innen vor allem ein deutlicher Dämpfer in China sowie geringere Absätze in den USA. Insgesamt halte der Wandel zu E-Mobilität trotz hoher Energiepreise jedoch ungebremst an.

Im vergangenen Jahr wurden weltweit 70 Prozent mehr BEVs verkauft als noch 2021. In Europa lag das Plus bei rund 27,6 Prozent, in China bei 84,5 Prozent, in den USA sogar bei 87,6 Prozent. In der "neuen Welt" sei der Elektroautomarkt 2022 vor allem von massiven Investitionen in neue Modelle, sinnvollen staatlichen Anreizen und einer sich allmählich verbessernden Ladeinfrastruktur "zum Leben erweckt" worden, so PwC. Zuvor schien er hinter der Entwicklung in China und weiten Teilen Europas zurückgeblieben zu sein.

E-Autos in Österreich als Wachstumstreiber

Österreich verzeichnete 2022 mit insgesamt 34.165 verkauften reinelektrischen Fahrzeugen einen Zuwachs von 2,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (LEADERSNET berichtete). Der Gesamtmarkt ging hingegen um zehn Prozent auf den niedrigsten Wert seit über 40 Jahren zurück. Insgesamt seien BEVs laut PwC am heimischen E-Automarkt nach wie vor ein Wachstumstreiber. Sie kamen 2022 auf einen Marktanteil von 15,9 Prozent. Der Vollhybrid war im Vorjahr mit einem Marktanteil von 19 Prozent zwar immer noch der beliebteste E-Antrieb in Österreich, weist aber einen Rückgang bei den Verkaufszahlen von 2,6 Prozent im Vergleich zu 2021 auf. Die Anzahl der neuzugelassenen Plug-in-Hybride ist 2022 sogar um 9,3 Prozent gesunken – ihr Marktanteil war mit 6,2 Prozent somit am kleinsten. Der gesamte Marktanteil von E-Fahrzeugen (BEV, Hybrid und Plug-in-Hybrid) lag 2022 mit 88.291 verkauften Autos hierzulande bei 41,1 Prozent, was einen leichten Rückgang von 1,9 Prozent im Vergleich zu 2021 darstellt.

"Wir beobachten derzeit, wie die Transformation der Mobilität das nächste Level erreicht und erwachsen wird. Trotz hoher Energiepreise bleiben in Österreich das Tempo des Wandels und die Elektromobilität auf Kurs. In Ländern wie Deutschland, China oder Frankreich schreitet dieser Wachstumskurs sogar noch schneller voran, obwohl Förderprämien zunehmend sinken oder auslaufen", erklärt Johannes Schneider, Partner bei Strategy& Österreich. "Die Dauerhaftigkeit des Wandels zeigt sich zum Beispiel daran, dass Elektrofahrzeuge herkömmliche Verbrenner selbst bei den aktuellen Energiepreisen in den Gesamtkosten schlagen. Außerdem haben die Verbraucher:innen die Vorteile der Elektroautos inzwischen so verinnerlicht, dass sie in Zukunft vielfach auch ohne Kaufanreize zu E-Autos greifen werden."

E-Mobilität lohnt sich selbst bei hohen Strompreisen

Dass sich BEVs unterm Strich auch bei den derzeit hohen Strompreisen lohnen, soll eine aktuelle Analyse von Strategy& zeigen. Die Gesamtkosten (Total Cost of Ownership - TCO) für einen elektrischen Opel Corsa mit Vollausstattung belaufen sich demnach beim Kauf in diesem Jahr und gerechnet auf 48 Monate Laufzeit auf knapp 26.000 Euro. Ein vergleichbares Modell mit Verbrenner schlage dagegen mit fast 29.000 Euro zu Buche.

Zu einem ähnlichen, wenn auch auf Österreich nicht eins zu eins übertragbaren Ergebnis würde auch die aktuelle Prognose "Ladestrom für Automobile" von PwC Deutschland kommen. Sie taxiert die durchschnittlichen Ladestromkosten von vier Fahrzeugnutzer:innen-gruppen auf aktuell 75 bis 109 Euro pro Monat – vorausgesetzt, die optimalen Ladetarife werden genutzt. Dagegen würden die Energiekosten eines durchschnittlichen Verbrenners im Schnitt 166 Euro – bzw. 126 Euro bei sparsamen Neuwagen – betragen.

Künftige Wertschöpfung nicht aus der Hand geben

Obwohl die hohen Energiepreise laut dieser Studie kaum Einfluss auf den Wandel der Branche ausüben, würden viele geopolitischen Risiken durch den Krieg in der Ukraine bestehen bleiben. "Um in dieser neuen Realität zu bestehen, müssen die europäischen OEMs ihre Wertschöpfungskette ausbauen – und dabei vor allem die Entwicklung und Fertigung von Batterien sowie die Gewinnung der dafür notwendigen Rohstoffe in Europa vorantreiben", sagt Günther Reiter, Automotive Leader bei PwC Österreich.

"Wer in Zukunft eine 'Licence to operate' behalten will, muss sich mehr und tiefer engagieren als einfach nur Batteriezellen von Zellhersteller zu kaufen und diese in das eigene Fahrzeug zu integrieren. Die europäischen OEMs sollten gerade jetzt der Versuchung widerstehen, die Zellen nur zu spezifizieren, sondern sollten stattdessen mit voller Kraft eigene Lösungen und Innovationen vorantreiben, um weiterhin wettbewerbsfähig und unabhängig am Markt auftreten zu können. Dies umfasst hinsichtlich Liefer- und Preissicherheiten bei den Batteriezellen auch eine eigene Positionierung in der Wertschöpfungskette, besonders im Bereich 'Mining and Refining', wenn möglich im europäischen Umfeld."

www.strategyand.pwc.at

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