Die Buchungsplattform für Privatunterkünfte schwört: "Wir werden nie wieder so viel für Werbung ausgeben wie vor Corona".
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Die globale Pandemie hat nicht nur der Event-, Gastronomie- und Hotelleriebranche, sondern auch touristischen Buchungsplattformen quasi über Nacht ihre Geschäftsgrundlage geraubt. Wo nicht gereist werden kann und man durch Lockdowns dazu gezwungen ist, zuhause zu bleiben, werden Unterkünfte in anderen Ländern plötzlich nicht mehr gebraucht, und Werbung für derlei Dienste geht ins Nirvana. Vor diesem Hintergrund hat Airbnb nun eine brisante Aussage getätigt, die die Zukunft seiner Werbetätigkeit grundlegend verändern wird und hohe Wellen in der Marketingwelt schlägt: Denn das bekannte internationale Online-Portal für Buchung und Vermietung von Unterkünften mit Sitz im kalifornischen Silicon Valley will in Zukunft ganz anders mit seinem Werbebudget haushalten als noch vor Corona-Zeiten.
Im vergangenen Jahr hatte Airbnb seine Marketingausgaben in Reaktion auf die Coronakrise um mehr als die Hälfte eingekürzt. Wie nun bekannt wurde, sollen diese Budgetcuts nicht mit der Krise enden. Im Gegenteil: Der Sparkurs in Sachen Marketing soll von Dauer sein und eine zukünftige Neuausrichtung in der ganzen Markenstrategie begleiten: Konkret soll die neue Route weg von Performance Marketing und hin zum Brand Marketing führen und zudem einen verstärkten Fokus auf Public Relations (klassische PR) legen, wie das britische Branchenmagazin campaign berichtet.
"Wir werden nie wieder so viel für Marketing ausgeben wie vor Corona"
Das Unternehmen hat bekanntgegeben, dass die Summe, die es jährlich für Marketingmaßnahmen ausgibt, "niemals" mehr zu ihrem prä-pandemischen Niveau zurückkehren werde. Brian Chesky, der Co-Founder und CEO von Airbnb, beschreibt den Kurswechsel in der Werbestrategie seines Unternehmens und die Entscheidung, sich weg von Performance Marketing und hin zu Brand Marketing zu bewegen, als "essenziell für die Corporate Story". Diese Aussage traf Chesky im Rahmen der jährlichen Bilanzpräsentation des Unternehmens, der ersten dieser Art seitdem Airbnb im vergangenen Dezember an die Börse gegangen war.
Der Jahresbericht belegte, dass Airbnb seine Ausgaben für Brand und Performance Marketing um insgesamt 58 Prozent verringert hatte: Das entspricht einem Abschwung von 1,14 Milliarden US-Dollar im Jahr 2019 um 662 Millionen zu "nur" noch 482 Millionen US-Dollar im Jahr 2020. Der Großteil der eingesparten 662 Millionen Dollar wurde im Performance Marketing Bereich eingespart, wie beispielsweise bei Online Gebots- und Suchmaschinenmarketing ( minus 541 Millionen US-Dollar). Das entspricht mehr als dem Vierfachen von dem Budgetcut im Bereich des Brand Marketing, wie beispielsweise TV-Werbung und der Sponsorenschaft der Olympischen Spiele, das 121 Millionen Dollar betrug.
"Wir können mit null Marketing immer noch 95 Prozent Traffic erreichen"
"Die Pandemie hat uns gezeigt, dass wir unsere Marketingmaßnahmen auf null herunterfahren können und immer noch 95 Prozent des Traffics vom Vorjahr erreichen können. Diese Lektion werden wir nicht vergessen", meinte der Airbnb-Chef. Auch wenn die Jahresbilanz von Airbnb keine genauen Summen offengelegt hat, wie viel das Unternehmen für Performance und wie viel für Brand Marketing ausgegeben hat, so ist dennoch anzunehmen, dass eine signifikante Mehrheit der 1,14 Milliarden US-Dollar, die Airbnb im Jahr vor der Pandemie an Werbebudget veranschlagt hatte, genau dafür ausgegeben worden war.
Im Jahr 2019 hat Airbnb seine Marketingausgaben noch um 474 Millionen US-Dollar angehoben, wobei der Großteil mit 314 Millionen Dollar au Performance Marketing und die restlichen 160 Millionen auf Brand Marketing entfielen.
“Und dann kam 2020 und unser Business ist in nur acht Wochen um 80 Prozent eingebrochen, weshalb wir alle Marketingaktivitäten gestoppt haben. Aber etwas Bemerkenswertes ist passiert: Noch bevor wir wieder begonnen haben, unsere Marketingausgaben wieder aufzunehmen, sind unsere Traffic Levels auf ein Level von 95 Prozent von dem zurückgekehrt, wo sie 2019 waren – und das, ohne auch nur einen Cent für Marketing auszugeben. Das zeigt, dass unsere Brand ein große innere, natürliche Stärke hat. 'Airbnb' ist zu einem lebendigen Teil der Popkultur geworden, es existiert darin sogar als eigenständiges Nomen und Verb. Darum haben wir beschlossen, nie wieder dieselbe Menge an Geld für Perfomance Marketing auszugeben wie im Jahr 2019.
PR als Fundament und größte Kampagne seit 5 Jahren mit Fokus auf Hosts
“Unser neuer Marketing Plan, unsere After-Corona-Strategie, ist es, auf einen Full-Funnel Marketing Approach zu setzen, an dessen Spitze PR steht. Wir haben im vergangenen Jahr über eine halbe Million Artikel bekommen und damit ohne Performance und Brand Marketing Aktivitäten dennoch genauso viel Share of Voice wie die meisten der anderen großen Reiseunternehmen zusammen", erklärte Brian Chesky, und fuhr fort: "Und darum ist das Fundament, auf dem die Marke Airbnb mehr als alles andere baut, wohl PR. Der zweite Grundpfeiler ist Brand Marketing. Dieses empfinden wir als Bildung und ein Investment."
Als wichtigen Teil seiner neuen Marketingstrategie hat Airbnb seine größte Markenkampagne seit fünf Jahren gelauncht: Unter dem Motto “Made Possible By Hosts” stellt Airbnb mit 2021 seine Gastgeberinnen und Gastgeber, also die Airbnb Hosts, in den Mittelpunkt des Geschehens. die Kampagne ist darauf ausgerichtet, "mehr Menschen zu inspirieren" und diese dazu zu animieren, ihre Wohnungen und Häuser zu vermieten während die Lockdowns aufgelockert oder ganz aufgelöst werden und die Menschen wieder zu reisen beginnen.
“Auch wenn die Marke Airbnb dem Mainstrean entspricht, tut die Idee des Hosting das noch lange nicht", so das Unternehmen. Chesky erklärte zudem, dass man die bereits an früherer Stelle angebrachte Idee, Airbnb-Anteile im Wert von 9,2 Millionen US-Dollar in einen Stiftungsfonds zu legen, um Gastgeberinnen und Gastgeber zu belohnen und am Erfolg des Unternehmens "teilhaben zu lassen". Dieser Plan ist ebenso Teil der neuen Brand-Building-Strategie von Airbnb. “Wir halten dies vielmehr für ein Investment in die Marke Airbnb,” erklärte Airbnb-CEO Chesky in einem Interview mit CNBC.
Performance Marketing bleibt ein "wichtiges Werkzeug"
Der Finanzchef von Airbnb, Dave Stephenson, meinte, dass Performance Marketing nach wie vor "ein absolut wichtiges Marketingtool" sei und erklärte, dass Airbnb Performance Marketing auch weiterhin dort einsetzen werde, "wo es Sinn macht".
Zusätzlich merkte Airbnb an, dass die Plattform auf "unbezahlte" Formen der Suchmaschinenoptimierung baue: “Wir glauben, dass unsere SEO Ergebnisse durch den Launch von Google Travel und Google Vacation Rental Ads gelitten haben und dass diese die prominente Position unserer Plattform in organischen Suchen die mit Reisen und Ferienunterkünften in Verbindung stehen auf Google negativ beeinflusst haben", so das Unternehmen.
Booking.com und Co.: Ein Blick auf die Konkurrenz
Analysten haben auch ein Auge darauf geworfen, wie die direkte Konkurrenz von Airbnb, beispielsweise Booking.com, ihre Marketingmaßnahmen an die Pandemie angepasst haben. Booking.com hat seine Investoren angewiesen, Marketingausgaben um 61 Prozent zurückzuschrauben, aber ließ sich nicht auf eine Aussage ein, ob man die Balance zwischen Performance und Brand verändern würde.
“Wir werden uns nicht in die Karten schauen lassen,” meinte Glenn Fogel, CEO von Booking.com, im Rahmen des Calls zur letzten Quartalsbilanz des Unternehmens. Brian Wieser,Global President of Business Intelligence bei der Group M, meinte, dass es einen guten Grund dafür gebe, warum Airbnb sich weg vom Prformance Marketing weg und hin zum Brand Marketing und PR wendet: “Für ein Unternehmen, dass eine interne Kategorie im großen Stil neu definieren möchte, gibt es eine ganze Reihe an kreativen Möglichkeiten, sein Business durch Marketing wachsen zu lassen.Dieser Weg muss aber nicht unbedingt bezahlte Medien einschließen, und wenn er das tut, dann kann es viele unterschiedliche Wege geben, die zu profitablem Wachstum führen", so der Booking.com-Chef.
Was andere Brands aus der neuen Airbnb Strategie lernen können
“Ich denke dass es hier eine größere Lektion zu lernen gibt, auch für andere Brands: Wenn es etwas gibt, was uns die Pandemie gelehrt hat, dann ist es, dass wir nichts als selbstverständlich erachten sollten und dass wir uns stets vor Augen halten sollten, das Konsumentinnen und Konsumenten sich an neue Verhaltensweisen anpassen können – und das schneller als gedacht.“ Marketern bleibt nun ein begrenztes Zeitfenster, in dem sie evaluieren können, wie und in welchem Ausmaß Konsumentinnen und Konsumenten dazu bereit sein werden, sich mit Brands zu beschäftigen und mit ihnen zu interagieren. Denn während wir uns durch diese spannende neue Zeit bewegen und agieren müssen, bevor sich die Tore der Weltwirtschaft wieder komplett öffnen, können sich neue Verhaltensweisen formen – wenn Konsumentinnen und Konsumenten dazu überredet werden können, diese neuen Verhaltensweisen anzunehmen. Darum sollten konventionelle Media und Marketing Mixes nicht als selbstverständlich erachtet werden. Jetzt ist der Moment der Reevaluierung, um festzustellen, was ein Business vorantreiben kann."
Ob diese Reevaluierung aucheine so drastische Kursänderung wie die von Airbnb rechtfertigt, wagen manche (Performance-) Marketingexperten jedoch anzuzweifeln. Campaign zitiert hierzu einen nicht näher identifizierten Manager aus einer Performance Marketing Agentur: “Der Wettbewerb für Traffic im Bereich von Tourismus und Reisen ist im vergangenen Jahr signifikant gefallen, weil alle Werbenden im Travel-Bereich sich der Situation angepasst haben und als allererstes bei ihren Werbeausgaben den Sparstift angesetzt haben. Da ist es klar, dass organische Listings 'überperformt haben. Sie (Airbnb, Anm.) möchten vielleicht aufzeigen, wo man überall spart um an der Wall Street gut dazustehen und diese Ankündigung, besonders in Bezug auf ihre ersten Ergebnisse des vergangenen Jahres, sind kein Zufall. Dennoch würde ich würde mir einen Strategiewechsel erwarten, wenn der Markt sich erholt und wieder an Rückenwind gewinnt, denn dann werden die Traffic Levels von Airbnb wieder fallen, da bin ich mir sicher." (rb)
Weil das Paketband etwas zu sehr an ein gewisses "Führer-Bärtchen" erinnerte, tauschte der Online-Riese das Icon nun klammheimlich und ohne Angabe von offiziellen Gründen aus.
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