Peter Wilfinger ist seit Juli 2017 Director New Business bei der Kardex Austria GmbH und verantwortet in seiner Funktion als Geschäftsführer, gemeinsam mit Eva Kunczicky, die Niederlassung in Österreich. Außerdem zeichnet er für die beiden Händlermärkte Slowenien und Kroatien verantwortlich.
Die Kardex Austria kann auf 35 Jahre Erfolg verweisen und verfügt über eine Installationsbasis von knapp 5.000 Maschinen und Lösungen in Österreich. Die gesamte Kardex-Gruppe verfügt über eine Installationsbasis von mehr als 140.000 Maschinen und Lösungen weltweit.
LEADERSNET hat sich mit Wilfinger zum Interview getroffen und sich mit ihm über maßgeschneiderte Intralogistiklösungen, das Ware-zur-Person-Prinzip, steigende Kundenzufriedenheit dank schnellerer Kommissionierung und den Shuttle-Lift in der LPSM Vinothek am Heldenberg unterhalten.
LEADERSNET: Herr Wilfinger, Kardex Austria unterstützt seine Kunden im Bereich der Intralogistik. Was kann man sich darunter konkret vorstellen?
Wilfinger: Kurz gesagt, helfen wir unseren Kunden Platz, Wegzeit und Bereitstellungszeit zu sparen. Mit den dynamischen Lager- und Bereitstellungssystemen, wie dem Shuttle XP, dem Megamat, dem Horizontalkarussel oder dem LR35 erreichen unsere Kunden nicht nur einen ROI (Return on Investment) von weniger als 24 Monaten, sondern auch geringere Fehlerquoten, höhere Zugriffsraten, Ergonomie und Sicherheit. Kardex Austria bietet maßgeschneiderte Intralogistiklösungen, ist Marktführer in Österreich und kann auf ein flächendeckendes Servicenetzwerk zurückgreifen. Wichtig ist, dass wir nicht nur ein Produktanbieter sind, sondern, dass das Systemgeschäft für uns immer wichtiger ist. Wir bieten hier Gesamtlösungen inklusive Fördertechnik, Klimatisierung, Reinraumlösungen, Beratung und vieles mehr. Customer Centricity ist einer unserer strategischen Schwerpunkte. Das heißt, dass unsere Kunden ihre Intralogistiklösung aus einer Hand bekommen: von den Maschinen, über die Software bishin zu maßgeschneiderten Servicekonzepten, um höchstmögliche Anlagensicherheit und Anlagenverfügbarkeit zu gewährleisten.
LEADERSNET: Die Kardex Gruppe besteht aus zwei unternehmerisch geführten Divisionen, Kardex Remstar und Kardex Mlog. Wofür sind die beiden Divisionen jeweils zuständig?
Wilfinger: Kardex Remstar entwickelt, produziert und unterhält dynamische Lager- und Bereitstellungssysteme und Kardex Mlog integrierte Materialflusssysteme und automatische Hochregallager. Die beiden Divisionen sind für ihre Kunden ein Partner über den ganzen Lebenszyklus eines Produkts oder einer Lösung. Dies beginnt bei der Erfassung der Kundenbedürfnisse und führt über die Planung, Realisierung und Implementierung kundenspezifischer Systeme. Ein großes Augenmerk legen wir auf das Service rund um unsere Geräte. Durch kundenorientiertes Life-Cycle-Management erreichen wir eine hohe Verfügbarkeit und niedriger Lebensdauer-Kosten.. Rund 1.800 Mitarbeitende sind weltweit in über 30 Ländern für die Gesellschaften der Kardex Gruppe aktiv. Die Kardex AG ist seit 1987 an der Schweizer Börse SIX Swiss Exchange notiert.
LEADERSNET: Das Thema Retouren hat bei Onlinehändlern in den vergangenen Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Welche Schwierigkeiten und Herausforderungen ergeben sich dabei?
Wilfinger: Das manuelle Handling der Retouren bindet in Punkto Zeit und Arbeit zu viele Kapazitäten, etwa durch langwierige Annahme, Prüfung, Neuverpackung und Rücksortierung von Artikeln. Zudem wird durch die ungeordnete Zwischenlagerung der Retouren unnötig Platz verschenkt, während das Personal vielfach über die hohe Arbeitsbelastung beim Handling der retournierten Waren klagt. Im e-Commerce sind Retourenquoten von 50%-80% keine Seltenheit. Mit unseren Lager- und Softwarelösungen können wir diese Retourenprobleme viel effizienter lösen. Die automatisierte Retourenbearbeitung soll dem Unternehmen sowohl beim wachsenden Flächenbedarf der Rücksendungen als auch bei ihrer Bearbeitungszeit Unterstützung bieten. Mithilfe der automatischen Lagersysteme können Retouren schneller und präziser bearbeitet und zur Wiederverwertung freigegeben werden. Der Arbeits- und Platzbedarf wird dadurch minimiert. Um die Kommissioniergeschwindigkeit zusätzlich zu steigern, werden die Beschäftigten beim Handling der Retouren durch optische und digitale Anzeigesysteme unterstützt (Pick-to-light).
LEADERSNET: Bei dynamischen, halbautomatisierten oder vollautomatisierten Kommissioniermethoden wird vom Ware-zur-Person-Prinzip gesprochen. Können Sie erklären, was es damit auf sich hat?
Wilfinger: Das Ware-zur-Person-Prinzip ermöglicht kurze Laufwege und eine ergonomische Handhabung der Waren . Auf diese Weise können weniger Beschäftigte unter besseren Bedingungen mehrere Aufträge oder Retouren gleichzeitig bearbeiten. Positiver Nebenaspekt der beschleunigten Prozesse: Die Kundenzufriedenheit wächst, denn dank der präzisen Bestandsübersicht erhalten Kunden weitaus schneller ihre Bestellung, ihre Gutschrift oder ein Ersatzprodukt. Die durch ein automatisiertes Lagermanagement optimierten Ablaufprozesse sowie der reduzierte Platzbedarf und Arbeitsaufwand, sichern unseren Kunden signifikante Einsparungen bei den Personal- und Lagerhaltungskosten.
LEADERSNET: Eines der spannendsten Projekte, das Sie umgesetzt haben, ist der Shuttle-Lift, den Sie in der LPSM Vinothek am Heldenberg installiert haben. Was war der Beweggrund dafür?
Wilfinger: Für die Vinothek gab es mehrere Gründe für diese Lösung. Zum einen ging es darum Fläche einzusparen. Das Automobilmuseum steht im Mittelpunkt und so war nicht viel Platz – vor allem Lagerplatz – vorhanden. Dadurch haben wir auf nur elf Quadratmetern eine gesamte Lagerfläche von 85 Quadratmetern untergebracht. Darüber hinaus befindet sich die Vinothek im ersten Stock, während die Belieferung durch die Winzer im Erdgeschoss passiert. Durch den Shuttle ist eine Belieferung ohne Betreuung durch einen Vinothek-Mitarbeiter möglich, was sich positiv auf die Kosten für die Vinothek auswirkt. Diese Lösung ist sehr kundenorientiert, selbsterklärend und einfach. Der ROI beträgt weniger als zwei Jahre.
LEADERSNET: Können Sie kurz erklären, wie der Lift genau funktioniert und aufgebaut ist?
Wilfinger: Der modulare Vertikallift Shuttle XP ist ein in sich geschlossenes System, bei dem Tablare eingelagert sindAuf Knopfdruck oder über das Einlesen eines Strichcodes werden die Tablare mit dem Lagergut automatisch zur Bedienöffnung befördert. Aufgrund der modularen Bauweise kann der Shuttle XP sowohl vor als auch nach dem Aufbau jederzeit dem jeweiligen Höhenbedarf angepasst werden.Auch die Anzahl der Bedienöffnungen, zum Beispiel in unterschiedlichen Etagen eines Gebäudes, kann bei der Planung gewählt werden. Je nach Raumhöhe lassen sich so im Vergleich zu herkömmlichen Systemen mindestens 85 Prozent Bodenfläche einsparen. Mithilfe der Optiflex-Technologie wird jedes Tablar automatisch eingelesen – den einzulagernden Produkten wird dann der ideale Lagerort zugewiesen. Ein Extrembeispiel: ein Shuttle XP das 17 Meter hoch ist und 179 Tablare enthält, hat auf einer Stellfläche von 12,23 Quadratmetern eine Lagerkapazität von unglaublichen 555,54 Quadratmeter!
LEADERSNET: Ihr Unternehmen ist aber nicht nur in Österreich tätig. Können Sie ein paar Beispiele für Projekte, die Kardex im Ausland betreut hat, beschreiben?
Wilfinger: Da kann ich Ihnen zwei ganz konkrete Beispiele nennen. Für das belgische Unternehmen Schrauwen – ein Großhändler für Sanitär- und Heizungsanlagen sowie die entsprechenden Ersatzteile – haben wir eine flexible und effiziente Kommissionierlösung entwickelt. Aufgrund des anhaltenden Wachstums und des Einstiegs in die Über-Nacht-Lieferung waren die bestehenden statischen Regale in den Lagerräumen von Schrauwen nicht mehr ausreichend. Hier haben wir eine Lösung aus sechs Horizontalkarussellen für rund 5.000 Kleinteile entwickelt. Pick-to-Light- und Put-to-Light-Systeme in Kombination mit einer Batch-Kommisionierung ermöglichen die gleichzeitige Kommissionierung von 20 Kundenbestellungen durch einen einzigen Mitarbeiter. Bis zu sechs Mitarbeiter gleichzeitig können dabei eingesetzt werden. Das hat die Kommissionierungsgeschwindigtkeit deutlich erhöht.
Als zweites Beispiel das Unternehmen Med24 in Dänemark: Das E-Commerce-Unternehmen hat sich auf Wellness- und Gesundheitsprodukte spezialisiert. Im Verlauf eines typischen Arbeitstags bearbeitet das Med24-Kommissionierteam etwa 4.500 Auftragspositionen (ca. 1.500 Bestellungen mit drei Positionen pro Auftrag – Anm. d. Red.). Nachdem die Artikelmenge konstant um 15 Prozent pro Jahr gewachsen war und schließlich die Marke von 10.000 Artikeln erreichte, wurde das Lager letztendlich zu klein. Um eine effiziente Lagerung, Kommissionierung und Verpackung der Produkte weiterhin zu gewährleisten und v.a. um die Lagerung zu erhöhen haben wir insgesamt neun Megamat RS 350-Geräte installiert.,Mit Vorteil, dass es möglich ist, die Anzahl der Geräte sukzessive aufzustocken, wenn entsprechender Bedarf herrscht. Dies bietet dem Unternehmen große Flexibilität in ihrem Wachstum. Zusammenfassend kann ich bestätigen, dass Med 24 dank des automatisierten Lagersystems seinen Platzbedarf optimiert hat. 90 Prozent der Produkte, sprich 9.000 Artikel werden in einem 200 Quadratmeter großen Kommissionierbereich gelagert. Darüber hinaus können bis zu 50 Aufträge gleichzeitig kommissioniert werden, wodurch sich die Kommissionierzeit um 60 Prozent reduziert hat.
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