Benetton-Starfotograf Oliviero Toscani kommt nach Wien

Der italienische Fotograf und Provokateur erzählt am Forward Festival Wien, dass erfolgreiche Werbung polarisieren muss.

Es gab eine Zeit, in der man Benetton-Werbeanzeigen nur lieben oder hassen konnte. Es gab kein dazwischen. Das lag zu einem Großteil an der Arbeit von Benettons Art Director Oliviero Toscani. Ob Genitalien-Kalender, Schwulen- und Lesbenpaare mit Kinderwägen oder eine Nonne, die einen Priester küsst – Toscanis Werbekampagnen für Benetton sorgen für Gesprächsstoff.

Provokante Kampagnen

Selbst nach heutigen Maßstäben sind diese Kampagnen provokant, vor allem für ein italienisches Bekleidungsunternehmen, dass Mode im mittleren Preissegment verkauft. Toscani ging es dabei um mehr, als die Verkaufszahlen zu steigern. Er wollte gesellschaftliche Debatten anstoßen. Dabei nahm er sich die Worte von Benetton-Gründer Luciano Benetton zu Herzen, der einmal gesagt hat:  "Der Zweck der Werbung besteht nicht darin, mehr zu verkaufen. Es geht darum, die Werte des Unternehmens zu vermitteln."

Lucianos Einsatz ist es zu verdanken, dass Oliviero Toscani letztes Jahr zu Benetton zurückkehrt ist. Wie einst Steve Jobs, der zurückkehrte, um Apples erodierenden Ruf zu retten, nimmt der heute 75-Jährige die kreativen Zügel bei Benetton wieder in die Hand, um die Modemarke aus der Krise zu führen. Seit Toscanis Rückzug im Jahr 2002 sind Konkurrenten wie H&M und Zara an dem italienischen Moderiesen vorbei gezogen. Mit deren schnell wechselnden Angeboten und Preisen kann Benetton nicht mithalten. Das Jahr 2017 schloss das Modehaus folgerichtig mit einem Rekordverlust von 180 Millionen Euro ab.

Live im Gartenbaukino

Dass der Fotograf nichts von seiner Provokationskunst verlernt hat, zeigt er bereits mit seinen ersten Werbekampagnen. Im Juni erschien in den größten italienischen Tageszeitungen ein doppelseitiges Werbeinserat, dass die aktuelle Flüchtlingskrise thematisiert. Es zeigte das Foto eines NGO-Schiffes mit geretteten Flüchtlingen. Damit positioniert sich das Unternehmen klar gegen die Linie von Innenminister Matteo Salvini von der rechtspopulistischen Lega, der dem NGO-Schiff Aquarius die Ankunft in Italien verbietet.

Toscani kehrt während der politisch schwierigsten Zeit in der Erinnerung unserer Generation zurück und es wird spannend zu sehen, welche Schritte er setzt. Oliviero Toscani spricht im April 2019 auf dem Forward Festival im Wiener Gartenbaukino. (red)

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