Es ist wieder soweit: Schlägt man eine Zeitung auf, schaut man eine Society-Sendung oder steigt man in Wien oder München in die U-Bahn – überall hüpfen einem Damen in rosa Dirndln, Zöpfen am Kopf und kindischen Herztäschchen sowie Herren in Lederhosen mit komischen Verzierungen entgegen. Fast möchte man denken, in der Station steigt gleich noch eine Horde Kühe aus. Und fast möchte man meinen, dass diese Art sich zu kleiden, in den letzten Jahren richtig in Mode gekommen ist. Was ist da los?
Bei uns im Büro sind die Kolleginnen und Kollegen schon ganz aufgeregt, dass endlich wieder "O'zapft" ist. Die Vorfreude auf unser alljährliches Wiener Wiesn VIP Event ist sichtlich zu spüren. Millionen Euro Wertschöpfung gibts dank der Wiener Wiesn und den hunderttausenden Besuchern – toll für die heimische Wirtschaft – und auch, dass sich der eine oder andere mal wieder ordentlich unter den Tisch säuft, ist durchaus etwas, dem ich wirklich Positives abgewinnen kann …
Aber diese Garderobe kapier ich einfach nicht. All die in die Höhe gequetschten Dekolletees, die Puffärmel und weißbesockten Männerwadln schauen dermaßen scheußlich aus, dass man nach dem Hinschauen gar nicht so schnell wegschauen kann, dass man's wieder vergessen würde. Zum anderen will diese seltsame Aufmache in meinen Augen immer auch eine Gesinnung mittransportieren. À la: "Seht her, ich liebe meine Heimat so sehr, dass ich mir diese peinlichen Folklore-Klamotten anziehe".
Menschen in solchen Gewändern stehen oft nicht nur auf Helene Fischer und Andreas Gabalier und trampeln im Winter in Skischuhen zu deren Musik auf Skihütten herum. Meistens ziehen sie ganz generell das "Einheimische" dem "Andersartigen" vor oder lehnen Letzteres gar komplett ab – womit wir alle wissen, wo viele dieser Menschen politisch zu verorten sind. Die Stimmung, die sie verbreiten, ist mir gänzlich fremd. Deshalb mache ich um die Wiener Wiesn und den Prater in den nächsten Wochen einen großen Bogen. Das ganze Humpa Lumpa Tralllallla und Holladrio geht mir nämlich am Allerwertesten vorbei – und zwar ganz gepflegt.
Expressis verbis von Rafael Budka