LEADERSNET: Sehr geehrte Frau Lemberger, als Geschäftsführerin der Rainer Gruppe tragen Sie große Verantwortung. Können Sie uns vielleicht skizzieren, wie Ihre Karriere bisher aussah?
Gabriela Lemberger: Im September 1978 habe ich im Bereich Personalverrechnung und Buchhaltung bei der Rainer Gruppe begonnen. Mein erster Arbeitsplatz lag zwischen den Schreibtischen meiner Eltern – also unter totaler Kontrolle. Im Ernst: Durch die exponierte Lage meines Arbeitsplatzes hatte ich die Möglichkeit, das Geschäft von allen Seiten kennenzulernen. Ich hatte Einblick in alle Bereiche und konnte alles von der Pike auf erlernen.
LEADERSNET: Welche Herausforderungen waren für Sie in ihrem bisherigen Berufsleben die größten? Und was hat Ihnen dabei geholfen, diese erfolgreich zu meistern?
Lemberger: Das waren sicher die Jahre seit 2020, gespickt mit unzähligen Herausforderungen: zuerst Corona mit den Lockdowns, dann die Energiekostenerhöhungen und der sprunghafte Anstieg der Zinsen. Das war nur mit einem tollen Team und dem familiären Zusammenhalt zu schaffen. Hinzu kam der eiserne Wille, auch diese Krisen zu meistern und alle Arbeitsplätze zu erhalten.
LEADERSNET: Können Sie uns beschreiben, welche Aufgabenbereiche Sie derzeit übernehmen und welche Schwerpunkte Sie sich selbst gesetzt haben?
Lemberger: Ich bin zuständig für die Finanzleitung der Rainer Gruppe, bestehend aus dem KFZ-Bereich, den Hotels in Österreich und Deutschland, der Hausverwaltung sowie dem Immobilienbereich. In der modernen Managementsprache würde man das wohl als CFO bezeichnen. Als Geschäftsführerin obliegt mir natürlich auch die Zukunftsplanung des Unternehmens, der Bereich Ankäufe und Verkäufe sowie die Personalentscheidungen im Management. So nebenbei bin ich auch Troubleshooter bei allen großen und kleinen Problemen.
LEADERSNET: Ein Hauptschwerpunkt der Rainer-Gruppe liegt in der Automobilbranche – traditionell eher eine Männerdomäne. Was tun Sie in Ihrem Unternehmen konkret dafür, dies zu ändern?
Lemberger: Das liegt bei uns ein bisschen in den Genen. Das Unternehmen wurde ja von meinem Vater und meiner Mutter gegründet, heute bilden mein Bruder und ich die Geschäftsführung. Für die Ausbildung von Frauen in männerspezifischen Berufen wurde mir 2011 der Titel Kommerzialrat verliehen. Schon damals haben wir als eines der ersten Unternehmen KFZ-Mechanikerinnen, Spenglerinnen und Lackiererinnen ausgebildet und auch beschäftigt. Eine Zeit lang hatten wir sogar eine Mechaniker-Meisterin, und derzeit bilden wir in der KFZ-Werkstätte wieder ein Mädchen aus.
LEADERSNET: Wie nehmen Sie die Arbeit an der Gleichstellung von Mann und Frau hierzulande im Allgemeinen wahr? Was würden Sie sich mit Blick darauf wünschen?
Lemberger: Leider gibt es in diesem Bereich wirklich noch viel zu tun. Manchmal habe ich allerdings das Gefühl, dass die Rechte, die unsere Mütter und Großmütter erkämpft haben, zumindest zum Teil wieder aufs Spiel gesetzt bzw. vernachlässigt werden. Aus meiner Sicht ist es extrem wichtig, vor allem bei jungen Menschen ein Bewusstsein für die Gleichstellung von Mann und Frau in allen Belangen zu schaffen.
LEADERSNET: Zum Thema Gender Pay Gap: Wie stehen Sie dazu, bzw. welche Maßnahmen könnten Ihrer Ansicht nach dazu beitragen, diesen nachhaltig zu schließen?
Lemberger: Was manchen vielleicht gar nicht so bewusst ist, ist die Tatsache, dass Österreich hier leider weit hinter anderen EU-Staaten liegt. Destatis, das Statistische Bundesamt Deutschlands, hat erst kürzlich eine entsprechende Statistik veröffentlicht, wonach Österreich hinter Estland den zweithöchsten Gender Pay Gap aufweist (Anm. d. Red.: Quelle DeStatis). Das ist sicher auch auf die langen Karenzzeiten, welche zum größten Teil von Frauen in Anspruch genommen werden, zurückzuführen. Auch die häufige Teilzeitarbeit von Frauen spielt dabei eine große Rolle. Wenn es bessere Betreuungsmöglichkeiten für Kinder gäbe, müssten nicht so viele Frauen Teilzeitarbeit leisten. Dieser Mehrverdienst würde sich dann auch im Fall des Falles bei einem eventuellen Arbeitslosengeld, sowie natürlich in den Pensionen von Frauen niederschlagen.
LEADERSNET: Was erwarten Sie sich von der neuen Regierung bzgl. Frauenförderung?
Lemberger: Die Karenzzeiten von Frauen sollten in der Pensionsberechnung voll berücksichtigt werden und zumindest in Staatsbetrieben und im Staatsdienst sollte gleiche Bezahlung für die gleiche Arbeit verpflichtend umgesetzt werden. Ganz wichtig ist dabei, dass das nicht nur beschlossen, sondern auch tatsächlich umgesetzt wird. Außerdem sollte viel mehr Augenmerk auf qualifizierte Bildung gelegt werden, vor allem was die Sprachförderung betrifft – einen tollen Job bekommt man nicht, wenn man die Sprache des Landes nicht spricht. Man muss jungen Menschen klarmachen, dass Arbeiten nichts Schlechtes, sondern ganz im Gegenteil etwas Großartiges ist und dem Leben Sinn gibt. In diesem Zusammenhang ist es aus meiner Sicht auch besonders wichtig, dass man schlüssig vermittelt, dass das Leben nicht nur aus Social Media besteht, dass das Leben nicht nur aus Rechten und sozialen Ansprüchen, sondern auch aus Pflichten besteht.
LEADERSNET: Was raten Sie Frauen, die Karriere machen möchten?
Lemberger: Jede Chance für Bildung nutzen und Spaß an der Arbeit haben. Mehr Selbstvertrauen, Verantwortungsbewusstsein herausbilden und auch Verantwortung übernehmen, wenn sich die Chance bietet. Last but not least: Nicht jammern und zögern, sondern einfach tun...
www.rainergruppe.at
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