Der "Forschungsschwerpunkt Internationale Wirtschaft" (FIW) veröffentlichte nun sein sechstes Jahresgutachten zur "Lage der österreichischen Außenwirtschaft". Neben den aktuellen internationalen Rahmenbedingungen präsentiert das Autor:innenteam rund um Wifo-Ökonom Harald-Oberhofer eine kurzfristige Prognose der österreichischen Außenhandelsentwicklung für die Jahre 2025 und 2026. Zudem werden mittelfristige Trends beleuchtet, die das globale Wirtschaftsgeschehen und das regelbasierte globale Handelssystem nachhaltig prägen könnten. Im Zentrum stehen die möglichen Folgen der zweiten Präsidentschaft von Donald Trump für das regelbasierte Welthandelssystem, und es wird der Frage nachgegangen, wie die EU und andere wichtige Handelspartner auf die neue politische Ausrichtung der USA reagieren könnten.
2024 war herausfordernd
Doch zunächst gibt es einen Blick zurück. Das Kalenderjahr 2024 stellte dem FIW zufolge die österreichische Außenwirtschaft vor größere Herausforderungen. Im Jahr 2024 dürfte der Gesamtexport von österreichischen Waren und Dienstleistungen um 2,9 Prozent zurückgehen, wobei die Warenexporte demnach 2024 real um 4,5 Prozent sinken dürften. Hauptursachen waren laut den Studienautor:innen die anhaltende Industrierezession in Europa, die schwache Wirtschaftsentwicklung in Deutschland – dem wichtigsten Exportmarkt – sowie ein Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Warenherstellung. Die Dienstleistungsexporte zeigten sich vergleichsweise robust, was auf einen starken Tourismusexport zu Jahresbeginn, die Transportdienstleistungen sowie die unternehmensbezogenen Dienstleistungsexporte zurückzuführen sei.
Die Warenhandelsbilanz verbesserte sich laut vorläufigen Daten bis September 2024 um 8,6 Milliarden Euro und bringt für 2024 sogar einen Handelsbilanzüberschuss. Diese Verbesserung werde von einem positiven Terms-of-Trade-Effekt begleitet. Mit dem weitaus stärkeren Einbruch der Importe als der Exporte belief sich die Warenhandelsbilanz bis zum dritten Quartal 2024 auf +3,5 Milliarden Euro. Gemäß Daten der Statistik Austria sei für das Gesamtjahr 2024 eine stark positive Terms-of-Trade-Verbesserung um 3,9 Prozent zu erwarten.
Zwei-Jahres-Prognose
Für die Jahre 2025 und 2026 prognostiziert das FIW-Jahresgutachten eine moderate Erholung der österreichischen Exporte und Importe. Die preisbereinigten Warenexporte dürften 2025 um 1,5 Prozent und 2026 um zwei Prozent wachsen. Das Gesamtexportwachstum dürfte 1,4 Prozent für 2025 und 2,3 Prozent für 2026 erreichen. Für die realen Gesamtimporte von Waren und Dienstleistungen wird ein Wachstum von 1,7 Prozent im Jahr 2025 und 2,3 Prozent im Jahr 2026 prognostiziert. Die Terms-of-Trade dürften sich vor allem aufgrund der Abwertungstendenz des Euro gegenüber dem US-Dollar im Jahr 2025 wieder verschlechtern und 2026 unverändert bleiben.
Die Zwei-Jahres-Prognose sieht sich jedoch mit einer Reihe von Abwärtsrisiken konfrontiert. Die größten Risiken ergeben sich demnach aus den notwendigen Budgetkonsolidierungen in den wichtigsten europäischen Volkswirtschaften und deren potenziellen Auswirkungen auf die Industrie- und Investitionskonjunktur in Europa. Weitere Unsicherheiten entstehen durch die fiskal- und handelspolitischen Maßnahmen des neuen US-Präsidenten Donald Trump. Insbesondere seine zum Teil bereits in Kraft gesetzten, aber teilweise ausgesetzten Zölle gegen zentrale Handelspartner wie Mexiko und Kanada bzw. die geplanten Zölle auf alle Stahl- und Aluminiumimporte der USA könnten erhebliche handelspolitische Spannungen auslösen, schreiben die Studienautor:innen.
Einfache politische Lösungen für diese Herausforderungen seien nicht in Sicht. Die zentrale Rolle der USA in der Weltwirtschaft bedeute, dass ein umfassender Bruch mit den bestehenden Handelsregeln spürbare und weitreichende Folgen für die gesamte Weltwirtschaft haben werde. Dennoch könne und sollte die EU im eigenen Interesse Maßnahmen ergreifen und welthandelsregelkonform auf mögliche Initiativen von Donald Trump reagieren. Eine stärkere Diversifizierung der Handelsbeziehungen und neue Handelsabkommen, etwa mit Mercosur-Staaten, könnten Europas Wirtschaft stärken. Die WTO sollte für die EU weiterhin eine zentrale Rolle einnehmen, auch wenn institutionelle Schwächen deren Handlungsfähigkeit einschränken.
Langfristige Wettbewerbsfähigkeit
Bei all den handelspolitischen Herausforderungen dürfe jedoch die Frage nach der mittel- bis langfristigen Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft nicht außer Acht gelassen werden. Der Ende Jänner 2025 vorgestellte "Kompass für Wettbewerbsfähigkeit" mit seinem "Rettungsplan" schlägt ein erstes Maßnahmenbündel vor, welches sich explizit mit dem Thema der europäischen Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Kontext und vor allem gegenüber den USA und China beschäftigt.
www.fiw.ac.at
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