Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) hat am Dienstag (11. Februar) seinen aktuellen Konjunkturbericht vorgelegt. Dieser fällt für die ohnehin gebeutelte Wirtschaft Österreichs und jener im Euro-Raum nicht gerade rosig aus. Denn die Lage bleibe den Expert:innen zufolge insgesamt herausfordernd. Ein baldiger Aufschwung sei jedenfalls nicht zu erwarten. So habe die allmähliche Lockerung der Geldpolitik durch die Europäische Zentralbank der Investitionsnachfrage bislang kaum Schwung verliehen und darüber hinaus trübten die Zolldrohung der USA den Ausblick.
"Die weltweite Industrieproduktion und der Welthandel folgen seit Mitte 2023 einem Aufwärtstrend. Importzölle durch die USA und allfällige Gegenreaktionen der betroffenen Handelspartner gefährden diese positive Dynamik", so der Autor des aktuellen WIFO-Konjunkturberichtes Marcus Scheiblecker.
Nach Rückgängen im zweiten und dritten Quartal 2024 dürfte Österreichs Wirtschaftsleistung im vierten Quartal stagniert haben (gemäß Wifo-Schnellschätzung). Während die Konsum- und die Investitionsnachfrage etwas lebhafter ausgefallen seien als in der Vorperiode, habe der Export weiter nachgelassen. Die Industrie verzeichnete laut dem Wifo auch im vierten Quartal Produktionseinbußen.
Neue US-Zölle unschön, aber nicht verheerend
Die Erwartungen der Industrieunternehmen ließen weder in der EU insgesamt noch in Österreich eine baldige Konjunkturbelebung erwarten. Die Stimmung bleibe auch aufgrund der Zolldrohungen der USA gedämpft. Zu den von Donald Trump angekündigten Zöllen in Höhe von 25 Prozent auf alle Aluminium- und Stahleinfuhren sagte Wifo-Chef Gabriel Felbermayr bereits vor der Veröffentlichung des Konjunkturberichtes, dass die neuen Zölle unschön seien für unsere Volkswirtschaften, aber nicht verheerend. In der Vorwoche riet Felbermayrs deutsches Pendant Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, in einem LinkedIn-Beitrag Donald Trump dazu, sich dringend gute ökonomische Berater zu suchen. Mit seiner konfrontativen Politik werde er sich sonst früher oder später eine blutige Nase holen. "Wer mit ökonomischem Sachverstand auf die ersten zwei Wochen des neuen alten US-Präsidenten schaut, auf seine Ankündigungen und Drohungen, erkennt schnell: Was Donald Trump da von sich gibt, hat ökonomisch weder Hand noch Fuß", so Hüther in seinem Posting.
Die EU will die angekündigten Sonderzölle jedenfalls nicht so einfach hinnehmen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte am Dienstag, dass man mit "verhältnismäßigen Gegenmaßnahmen" reagieren werde. Wie diese genau aussehen sollen, wurde nicht konkretisiert. Wahrscheinlich handelt es sich um Gegenzölle auf Waren wie Spirituosen, Jeans und Motorräder.
Doch zurück zum aktuellen Konjunkturbericht, bei dem es auch wenige Lichtblicke gebe. Diese seien die schrittweise Lockerung der Geldpolitik im Euro-Raum und die Schwäche des Euro im Vergleich zum Dollar, welche die Exportwirtschaft stützen sollte.
Entwicklung in den USA und in Europa unterschiedlich
In den USA verlief die Konjunktur bislang schwungvoll. Eine Erhöhung der Einfuhrzölle dürfte allerdings den Verbraucherpreisauftrieb verstärken und damit den privaten Konsum, der bisher das Wirtschaftswachstum in den USA antreibt, dämpfen, so das Wifo. Zudem dürfte die Federal Reserve Bank (Fed) im Falle eines Inflationsanstieges keine neuerlichen Leitzinssenkungen vornehmen, nachdem sie ihre Geldpolitik bereits im Jänner nicht mehr weiter gelockert hat.
Im Euro-Raum habe die Wirtschaft zuletzt einen Rückschlag erlitten: Das BIP stagnierte dem Bericht zufolge im vierten Quartal 2024 gegenüber der Vorperiode, nachdem es im Vorquartal noch um 0,4 Prozent gewachsen war. Eine rasche Beschleunigung der Konjunktur sei gemäß den schwachen Vorlaufindikatoren unwahrscheinlich.
Inflation und Arbeitsmarkt in Österreich
Die Inflationsrate in Österreich erhöhte sich zu Jahresbeginn 2025 wieder deutlich auf voraussichtlich 3,3 Prozent. Ende 2024 waren noch Werte von unter zwei Prozent gemessen worden.
Ebenfalls unschön: Der Arbeitsmarkt leidet zunehmend unter der anhaltenden Konjunkturschwäche. Die Zahl der beim AMS gemeldeten Arbeitslosen stieg zuletzt sowohl gegenüber dem Vorjahr als auch gegenüber dem Vormonat. Zugleich sank die Zahl der offenen Stellen. Die Arbeitslosenquote betrug im Jänner 2025 nach vorläufigen Berechnungen 8,6 Prozent.
Alles in allem fällt der aktuelle Konjunkturbericht des Wirtschaftsforschungsinstituts für Österreich ernüchternd aus. Die lange ersehnte Trendwende ist derzeit jedenfalls nicht in Sicht.
www.wifo.ac.at
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