Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) hat am Dienstag ihren 48. Financial Stability Report präsentiert. Dabei wird dem heimischen Bankensektor zwar insgesamt ein gutes Zeugnis ausgestellt, dennoch ist auch in diesem Bereich, der von den aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen weniger stark betroffen ist als andere Branchen, nicht alles Gold, was glänzt.
Obwohl die heimische Wirtschaft heuer das zweite Rezessionsjahr in Folge erlebt und auch für das kommende Jahr kein starker Aufschwung erwartet wird, konnte der österreichische Bankensektor den OeNB-Expert:innen zufolge dennoch sehr hohe Gewinne erwirtschaften und so seine Widerstandsfähigkeit beweisen. Risikomindernd wirken demnach die aufsichtlichen Maßnahmen für die Wohnimmobilienkreditvergabe. Bei Gewerbeimmobilienkrediten sollen die Risiken jedoch weiter steigen, weshalb diese ab Mitte 2025 laut der OeNB mit einem zusätzlichen Kapitalpuffer begrenzt werden sollten.
Österreichische Wirtschaft verharrt in Rezession
Für die anhaltende Schwächephase von Österreichs Wirtschaft gibt es der Nationalbank zufolge zwei wesentliche Ursachen: die Industrierezession und eine ausgeprägte Konsumzurückhaltung. Deshalb hat die OeNB zuletzt ihre Wachstumsprognose nach unten revidiert. Für das laufende Jahr wird eine Schrumpfung der Wirtschaftsleistung prognostiziert, und auch für 2025 wird nur ein verhaltenes Wachstum erwartet. In diesem schwierigen Umfeld bleibt die Kreditnachfrage der Unternehmen, insbesondere für längerfristige Investitionen, gedämpft. Aus der Wohnimmobilienkreditvergabe kommen jedoch wieder moderate Wachstumsimpulse, da sich aufgrund steigender Einkommen und leicht fallender Finanzierungskosten die Leistbarkeit verbesserte. Zudem sank der Anteil der Kredite mit variabler Verzinsung, die aufgrund des Zinsrisikos für Kreditnehmende besonders im Fokus der Aufsicht stehen, bei der Neuvergabe auf nur noch ein Fünftel, hieß es im Rahmen der Präsentation.
Kapitalisierung des Bankensektors weiter gestärkt
Getragen von einem weiterhin hohen Zinsergebnis betrug der Gewinn des österreichischen Bankensektors in der ersten Hälfte des Jahres 2024 sieben Milliarden Euro, was nur knapp unter dem Rekordergebnis der Vorjahresperiode (7,3 Milliarden Euro) lag. Dazu habe auch das Geschäft im Ausland, das mehr als 40 Prozent der Bilanzsumme ausmacht, ordentlich beigetragen. Die Gewinne der österreichischen Tochterbanken in Zentral-, Ost- und Südosteuropa erreichten demnach sogar ein neues Hoch knapp über drei Milliarden Euro. Durch die Einbehaltung von Gewinnen konnten die Banken ihre Widerstandsfähigkeit erhöhen, betont die OeNB. Lob gibt es auch für die "harte Kernkapitalquote" des Sektors, die 17,7 Prozent erreichte. Damit lagen die österreichischen Großbanken über dem europäischen Durchschnitt.
Kreditqualität verschlechterte sich
Als Partycrasher erweise sich aber die Kreditqualität, die in der ersten Jahreshälfte 2024 verschlechterte. So heißt es im aktuellen Financial Stability Report, dass aufgrund der ausgeprägten Schwächephase der heimischen Wirtschaft der Anteil notleidender Kredite auf 2,7 Prozent gestiegen ist, wobei laut OeNB vor allem Gewerbeimmobilien- und KMU-Kredite besonders starke Anstiege verzeichneten. Die Bildung von Risikovorsorgen habe mit dieser Entwicklung allerdings nicht Schritt gehalten. Dessen ungeachtet: Im jüngst von der OeNB durchgeführten Stresstest, der im adversen Szenario fallende Zinssätze (und -margen) sowie eine verschlechterte Qualität der Gewerbeimmobilienkredite simuliert, weist das österreichische Bankensystem eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen potenzielle Schocks auf.
KIM-Verordnung soll bleiben
Während die "KIM-Verordnung" von einigen Seiten kritisiert wird, erachtet sie die OeNB weiterhin als äußerst sinnvoll. Die aufsichtlichen Maßnahmen für die Wohnimmobilienkreditvergabe in Österreich seien effektiv und hätten die Finanzstabilität gestärkt, heißt es im Report. Im ersten Halbjahr 2024 lag der Anteil nachhaltiger Neukredite in diesem Marktsegment über 80 Prozent und der Anteil notleidender Kredite blieb gering. Gleichzeitig hätten fast zwei Drittel der Banken, dass ihnen zur Verfügung stehende Ausnahmekontingent nicht einmal zur Hälfte ausgenutzt.
Im Bereich der Gewerbeimmobilienkredite, der seit Jahren im aufsichtlichen Fokus ist, dürften die Risiken jedoch steigen, da vergangene Zinsanstiege die Schwachstellen in der Finanzierung dieses Sektors offenlegten. Dabei stieg die Anzahl an Unternehmensinsolvenzen ebenso wie das Volumen notleidender Kredite in den Bankbilanzen. Das führt der Nationalbank zufolge dazu, dass sich der Anteil notleidender Gewerbeimmobilienkredite in Österreich von seinem Tiefststand 2020 bis Mitte 2024 auf 5,5 Prozent mehr als verdoppelt habe. Die Preise von Gewerbeimmobilien – ein wichtiges Sicherheitspolster, um Banken bei Kreditausfällen zu schützen – bleiben demnach ebenfalls unter Druck. In diesem Kontext hat das österreichische Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) festgestellt, dass potenzielle Verluste aus Gewerbeimmobilienkrediten im Fall einer weiteren Verschlechterung des wirtschaftlichen Umfelds ein erhöhtes Finanzstabilitätsrisiko darstellen können. Deshalb hat das FMSG der Finanzmarktaufsicht empfohlen, einen sektoralen Systemrisikopuffer von zunächst einem Prozent per Mitte 2025 einzuführen.
Vier Empfehlungen
Um für zukünftige Herausforderungen gewappnet zu sein und die Finanzstabilität weiter zu stärken, empfiehlt die OeNB den Banken daher vier konkrete Maßnahmen (siehe Infobox).
www.oenb.at
Kommentar schreiben