Roland Berger-Studie
Autobauer können sich mit Drittanbieter-Software Milliarden sparen

| Tobias Seifried 
| 22.10.2024

Aktuell entwickeln viele Hersteller die Software für ihre Fahrzeuge größtenteils selbst. Nun zeigt eine aktuelle Studie ein enormes Einsparpotenzial auf, weshalb Expert:innen eine Umstellung auf extern produzierte Softwarelösungen empfehlen.

Derzeit befinden sich große Teile der globalen Automobilwirtschaft in einer veritablen Krise. Hohe Kosten, sinkende Verkaufszahlen oder Verunsicherung bei potenziellen E-Auto-Käufer:innen führten dazu, dass Autohersteller (OEM) Gewinnwarnungen verkünden und den Sparstift ansetzen. Häufig auch zulasten der Belegschaft. Doch nun zeigt eine aktuelle Untersuchung ein hohes Einsparpotenzial für die Unternehmen auf.

Drittanbieter-Software

Das hängt damit zusammen, dass sich moderne Fahrzeuge immer mehr zu Computern auf Rädern entwickeln. Den größten Teil der dafür nötigen Software entwickeln und programmieren Autohersteller oder die sogenannten "Tier-1"-Zulieferer bisher selbst. Das verursacht hohe Kosten, wie eine gemeinsame Studie von Roland Berger und SDVerse, einem B2B-Marktplatz für Automotive-Software, zeigt, für die 30 Expert:innen von OEMs, Tier-1 Zulieferern, Dienstleister:innen von Ingenieurleistungen und Software-Anbieter:innen befragt wurden.

Gab die Branche 2021 noch 26 Milliarden US-Dollar für Software aus, waren es dieses Jahr schon 38 Milliarden – ein Anstieg von 14 Prozent pro Jahr. Bleibt es bei der bisherigen Praxis, könnten die Kosten demnach bis 2030 bei 59 Milliarden Dollar pro Jahr liegen. Das könnte die Branche bei der Verwirklichung ihres selbsterklärten Ziels ausbremsen, softwaredefinierte Fahrzeuge zu entwickeln. Die Roland Berger-Experten empfehlen daher eine Umstellung auf extern entwickelte und produzierte Softwarelösungen, wie es in anderen Branchen schon länger üblich ist. Dadurch ließen sich im Jahr 2030 rund 17 Milliarden Dollar einsparen.

Unverzichtbar für zahlreiche Funktionen

"In heutigen Autos ist Software unverzichtbar für Funktionen wie Sicherheit, Komfort oder Fahrassistenten", sagt Markus Baum, Partner bei Roland Berger. "Doch dass die Autohersteller wie bisher den Löwenanteil der über 100 Millionen Zeilen Programm-Codes in ihren Fahrzeugen selbst entwickeln und programmieren, ist auf Dauer viel zu teuer und auch angesichts eines Mangels an Software-Entwickler:innen nicht in der nötigen Geschwindigkeit darstellbar."

Die Branche habe zwar bereits einige Initiativen gestartet, die den Weg zum softwaredefinierten Fahrzeug beschleunigen sollen. Doch Allianzen, industrieweite Standards oder Open-Source Software allein würden nicht reichen, ganz abgesehen vom dennoch zu erwartenden steilen Kostenanstieg. Die Roland Berger-Expert:innen verweisen daher auf die Erfahrung vieler anderer Branchen, die nicht markendifferenzierende Software bereits seit Jahrzehnten von Drittanbietern zukaufen. "Ein effizienter Markt für Automotive-Software würde Innovationen beschleunigen, mit modularen Lösungen ein besseres Kundenerlebnis bieten und vor allem die Kosten senken", so Baum und weiter "Nach unseren Prognosen könnte die Automobilindustrie damit im Jahr 2030 rund 17 Milliarden Dollar sparen, das ist mehr als ein Viertel der Kosten, wie sie bei Fortsetzung der bisherigen Inhouse-Produktion entstehen würden."

Technische und wirtschaftliche Hürden

Auf dem Weg zu einem erfolgreichen Markt für Automobilsoftware seien noch einige technische und wirtschaftliche Hürden zu überwinden, sowohl bei den Softwareanbietern als auch bei den Käufern in der Autoindustrie. In der Expertenumfrage, gaben rund 68 Prozent das Fehlen einer Handelsstrategie sowie des Kundenzugangs an, sodass Händler:innen auch Software als eigenständiges Produkt anbieten könnten. Rund 17 Prozent nennen fehlende Organisationsstrukturen und rund 16 Prozent geben an, dass Software aktuell nicht als eigenes Produkt produziert werden würde.

Dennoch: "Wenn Autos sich verändern, müssen sich auch die Produktionsmethoden ändern", sagt Baum. "Mit einer engen Kooperation und aktiven Beiträgen aller Beteiligten kann ein gemeinsames Software-Ökosystem entstehen, das für die Zukunft der Automobilindustrie entscheidend sein wird."

Die vollständige Studie können Sie hier herunterladen.

www.rolandberger.com

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