Von der verheerenden Hochwasserkatastrophe der vergangenen Woche sind nicht nur zahlreiche Privathaushalte, Bauernhöfe, Unternehmen und ähnliche Einrichtungen betroffen, sondern auch die Infrastruktur. Neben vielen Straßen wurde dabei vor allem die Westbahnstrecke in Mitleidenschaft gezogen. Am Montag haben die ÖBB ein Update über die aktuelle Lage gegeben und das dürfte für viele Bahnreisende einer Hiobsbotschaft gleichkommen.
Massive Zerstörungen
Denn wie die unterspülten Gleise sowie die gefluteten Tunnel und Bahnhöfe zeigen, hat das extreme Unwetter bei der österreichischen Schieneninfrastruktur Spuren der Verwüstung hinterlassen. Der Bahnhof Tullnerfeld und der Atzenbrugger Tunnel zwischen Tullnerfeld und St. Pölten wurden vom Hochwasser besonders stark getroffen. Wie stark das Ausmaß der Beschädigungen ist, wurde erst in den letzten Tagen sichtbar, nachdem das ein Meter hohe Wasser im Tunnel von der Feuerwehr abgepumpt werden konnte.
"Es ist ein Jahrhunderthochwasser, das Jahrhundertschäden an der Schieneninfrastruktur hinterlassen hat. Wir müssen leider damit rechnen, dass die Aufräumarbeiten und vor allem der Wiederaufbau mehrere Monate dauern werden", erklärt Judith Engel, zuständige Vorständin der ÖBB-Infrastruktur AG.
Die genaue Schadensbegutachtung im 2,5 Kilometer langen Tunnel konnte erst vage am Wochenende gestartet werden, nachdem die Wassermassen abgepumpt und der Schlamm entfernt wurde. Die Expert:innen gehen aber nach der ersten Begutachtung davon aus, dass die komplette elektrische Einrichtung, das Notfallsystem und die Entlüftungsanlage erneuert werden müssen.
Am Bahnhof Tullnerfeld können viele Bereiche derzeit nicht benützt werden. Anlagenräume sind überflutet, die Stromversorgung und die Lifte sind ausgefallen. "Wir haben versucht, das Wasser im Bahnhof abzupumpen. Der steigende Grundwasserspiegel verhindert aber, dass das Wasser versickern kann", beschreibt Bezirksfeuerwehrkommandant Christian Burkhart das derzeitige Problem.
Beim Lainzer Tunnel, der die Verbindung von Wien Meidling zur Weststrecke herstellt, sowie beim Knoten Hadersdorf, gab es ebenfalls Wassereinbrüche und Überflutungen der Tunnelbereiche durch das Hochwasser am Wienfluss. Einige Teilabschnitte und technische Einrichtungen konnten bisher noch gar nicht begutachtet werden. Dazu kommen kaputte Gleisteile und Weichenantriebe an den betroffenen Teilabschnitten der neuen Westbahn.
Die Hochwasserschäden an der Weststrecke sind enorm © ÖBB/Mayer
Reaktivierung der alten Weststrecke
Die Weststrecke ist die am stärksten befahrene Strecke der ÖBB. Sie besteht aus vier Gleisen. Die beiden neuen Gleise zwischen Wien und St. Pölten wurden erst 2012 eröffnet. Auch die alte, zweigleisige Weststrecke durch den Wienerwald wurde vom Hochwasser getroffen. Sie kann derzeit zumindest eingleisig geführt werden. Die ÖBB wollen in den nächsten Tagen die übrigen Vermurungen räumen und Gleisschäden reparieren, damit ab 10. Oktober das zweite Gleis der alten Weststrecke befahren werden kann.
Engel sagt dazu: "Hundertprozentig können wir das aber erst nach den Messfahrten sagen, denn selbstverständlich können wir eine Strecke erst wieder freigeben, wenn die Sicherheit auf der Strecke gewährleistet ist."
An normalen Tagen können auf der gesamten Weststrecke zwischen Wien und St. Pölten rund 550 Personen- und Güterzüge fahren. Da die neue Weststrecke unterbrochen ist und die alte Weststrecke durch den Wienerwald teilweise nur eingleisig befahrbar ist, können aktuell nur rund 150 Züge täglich fahren, so die ÖBB. Mit der Wiedereröffnung des zweiten Gleises werde die Kapazität bei ungefähr 300 Zügen pro Tag liegen, was dem Niveau des Jahres 2012 entspreche. Der Güterverkehr bleibe jedoch massiv eingeschränkt.
Pendler:innen bleibt nur Schienenersatzverkehr
Auf der Pendlerverbindung Tullnerfeld bis Wien (neue Strecke) können bis auf Weiteres keine Züge fahren. Die Bahnstrecke zwischen Tulln a.d. Donau und Herzogenburg bleibt wegen Aufräumarbeiten noch gesperrt. Es wurde zwischen Tulln a.d. Donau und St. Pölten Hauptbahnhof ein Schienenersatzverkehr eingerichtet. Die Halte in Atzenbrugg und Moosbierbaum-Heiligeneich entfallen.
www.oebb.at
Kommentar schreiben